Marianne Franz

Die katholische Kirche im Pressediskurs


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Regelsystem eingefügt“ und werden zum Teil über Marktmechanismen, zum Teil über die Politik geregelt.5

      Nun aber zurück zu Faulstich: Auch er führt fünf konstitutive Medien-Merkmale an, die sich jedoch teilweise von Saxers Merkmalen unterscheiden (2002: 23f.):

      1 Ein Medium ist ein „Bestandteil zwischenmenschlicher Kommunikation“, wobei diese Kommunikation vermittelt ist (im Gegensatz zur face-to-face-Kommunikation).

      2 Ein Medium ist dementsprechend also ein „Kanal“.

      3 Jeder dieser Kommunikationskanäle hat ein spezifisches Zeichensystem, „das die Vermittlung und das Vermittelte prägt oder zurichtet“ (z.B. Radio – auditives Zeichensystem, Zeitung – Druckmedium, Fernsehen – audiovisuelles Zeichensystem, World Wide Web – digitales Medium).

      4 „Bei jedem Medium handelt es sich um eine Organisation.“ D.h., das Medium ist institutionalisiert.

      5 Jedes Medium entwickelt sich, unterliegt daher einem „geschichtlichen Wandel“ und kann zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche gesellschaftliche Bedeutung haben.

      Nach Faulstich (2002: 25) gibt es zwar bisher noch keine umfassende, allgemein anerkannte Definition von „Medium“ „im Sinne einer komplexen Medientheorie“. Saxers Definition (s.o.) erscheint ihm allerdings als die bisher gelungenste, wobei er diese um eine Komponente erweitert, mit der er die Bedeutung der Medien für die Gesellschaft betonen will (Faulstich 2002: 26): „Ein Medium ist ein institutionalisiertes System um einen organisierten Kommunikationskanal von spezifischem Leistungsvermögen mit gesellschaftlicher Dominanz.“MassenmedienMassenmedien

      Blicken wir zurück auf die Dudendefinitionen von „Medium“: Saxers bzw. Faulstichs Medienbegriff scheint alle Bedeutungen auszuschließen, ausgenommen die Bedeutung 2.a, nach der ein Medium eine „Einrichtung, [ein] organisatorischer u. technischer Apparat für die Vermittlung von Meinungen, Informationen, Kulturgütern“ bzw. „eines der Massenmedien Film, Funk, Fernsehen, Presse“ ist.

      Für die vorliegende Arbeit wird Faulstichs (bzw. Saxers) Medienbegriff übernommen. Demnach ist etwa die Sprache kein Medium (bei Hickethier wird sie als informelles Medium bezeichnet), auch I-Pods, Computer als Geräte oder gar die Schrift – all diese Dinge sind keine Medien (wie noch bei Marshall McLuhan; vgl. hierzu Faulstich 2002: 216), sondern vielmehr Instrumente, derer sich Medien allenfalls bedienen. Ein Medium wird erst zu einem Medium, wenn es zu einem institutionalisierten System wird, das bestimmte gesellschaftliche Aufgaben löst. Dies trifft vor allem auf die sogenannten Massenmedien zu, also auf „technisch produzierte und massenhaft verbreitete Kommunikationsmittel […], die der Übermittlung von Informationen unterschiedlicher Art an große Gruppen von Menschen dienen“ (Hickethier 2003: 24). Eines dieser Massenmedien steht im Fokus der vorliegenden Arbeit: die Tagespresse.Massenkommunikation

      2.2 Massenkommunikation

      Im untrennbaren Zusammenhang mit (Massen-)Medien steht die sogenannte Massenkommunikation. In beiden Komposita (Massen-Kommunikation und Massen-Medien) drückt „Masse“ aus, dass ein disperses Publikum angesprochen wird. Da die Tagespresse ein Massenmedium ist und daher Massenkommunikation „betreibt“, soll hier kurz auf die Besonderheiten der Massenkommunikation (vor allem im Vergleich zur interpersonalen – privaten – Kommunikation) eingegangen werden.

      Maletzke versuchte 1963 eine Definition, die bis heute weit verbreitet ist (zitiert nach Hickethier 2003: 25):

      „Unter Massenkommunikation verstehen wir jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne begrenzte und personell definierte Empfängerschaft), durch technische Verbreitungsmittel (Medien), indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagenden und Aufnehmenden) an ein disperses Publikum […] gegeben werden.“

      Interpersonale Kommunikation wäre demnach eine Form der Kommunikation, bei der die Aussagen privat, mit oder ohne technische Verbreitungsmittel (gesprochene Sprache, Telefon), direkt (face-to-face) oder indirekt (Briefkommunikation, E-Mail, Telefon) und wechselseitig zwischen Aufnehmenden und Aussagenden an eine einzelne Person oder aber ein konkretes Publikum (Gruppe) gegeben werden.

      Maletzke verpackte seine Definition der Massenkommunikation schließlich in ein grafisches Modell (Abb. 2), deren Hauptbestandeile die vier Faktoren Kommunikator (K), Aussage (A), Medium (M) und Rezipient (R) bilden.

      Abb. 2:

       Feldmodell der Massenkommunikation (Quelle: Maletzke 1963: 41, zitiert nach Burkart 2003: 184)

      Maletzke selbst beschreibt das Schema bzw. die Beziehung der vier Faktoren zueinander folgendermaßen (1988, zitiert nach Rusch 2002c: 106f.):

      „Der KommunikatorKommunikator (K) produziert die Aussage durch Stoffwahl und Gestaltung. Seine Arbeit wird mitbestimmt durch seine Persönlichkeit, seine allgemeinen sozialen Beziehungen (u.a. persönliche direkte Kommunikation), durch Einflüsse aus der Öffentlichkeit und durch die Tatsache, dass der Kommunikator meist in einem Produktionsteam arbeitet, das wiederum einer Institution eingefügt ist. Außerdem muss der Kommunikator die Erfordernisse seines Mediums und des ‚Programms‘ kennen und berücksichtigen, und schließlich formt er sich von seinem Publikum ein Bild, das seine Arbeit und damit die Aussage und damit endlich auch die Wirkungen wesentlich mitbestimmt. Die Aussage (A) wird durch das Medium (M) zum Rezipienten geleitet. Sie muss dabei den technischen und dramaturgischen Besonderheiten des jeweiligen Mediums angepasst werden. Der Rezipient (R) wählt aus dem Angebot bestimmte Aussagen aus und rezipiert sie. Der Akt des Auswählens, das Erleben der Aussage und die daraus resultierenden Wirkungen hängen ab von der Persönlichkeit des Rezipienten, von seinen sozialen Beziehungen, von den wahrnehmungs- und verhaltenspsychologischen Eigenarten des Mediums auf der Empfängerseite, von dem Bild, das sich der Rezipient von der Kommunikatorseite formt und von dem mehr oder weniger klaren Bewusstsein, Glied eines dispersen Publikums zu sein. Schließlich deutet der obere Pfeil im Feldschema an, dass trotz der Einseitigkeit der Massenkommunikation ein ‚Feedback‘ zustande kommt.“

      Der Vorteil dieses Modells ist, dass darin auch äußere Einflüsse auf KommunikatorKommunikator und Rezipienten Niederschlag finden. Weder Kommunikator noch Rezipient stehen isoliert da, sondern sind eingebettet in soziale Netzwerke, die sie beeinflussen.

      In der wissenschaftlichen Rezeption geht dieses Modell einigen nicht weit genug. Faulstich sieht hier den gesellschaftlichen Kontext (Institutionen, Politik, Wirtschaft u.a.) unberücksichtigt, womit er Maletzke jedoch Unrecht tut. In seinem Schema sind sehr wohl Institutionen angeführt; außerdem lassen sich unter dem Einflussfaktor „Zwang der Öffentlichkeit“ wohl auch Politik und Wirtschaft subsumieren. Gerechtfertigte Kritik übt Faulstich hingegen, wenn er sagt, dieses Modell unterstelle „ein offensichtlich idealisiertes Gleichgewicht“ zwischen KommunikatorKommunikator und Rezipienten (Faulstich 2002: 40) – ein überzeugender Einwand, den auch Kübler (2003: 121) mit Faulstich teilt: Das Modell lässt

      „weitgehend ausser Acht, dass sich im Zeitalter professioneller, hochorganisierter, machtpolitisch verstrickter und vor allem ökonomisch – sprich: auf Profitmaximierung – ausgerichteter Medienkommunikation die Gewichte zum Nachteil des Publikums verlagert haben, dass es mithin erhebliche Beeinflussungsmöglichkeiten und wohl auch Abhängigkeiten gibt; sie werden durch das Modell egalisiert und damit eskamotiert.“

      Hickethier (2003: 51) sieht außerdem ein Problem darin, dass Maletzke von einem journalistischen Verständnis der Massenmedien auszugehen scheint, „bei dem ein einzelner ‚KommunikatorKommunikator‘ sich einer technischen Apparatur bedient und mit ihr viele ‚Rezipienten‘ erreicht“. Das Modell versagt allerdings, wenn es darum geht, komplexere Medienangebote zu beschreiben (wie Filme), bei der mehrere Personen arbeitsteilig mitwirken (vgl. Hickethier 2003: 51). Auch Pressetexte sind komplexe Medienangebote, die nicht auf einen einzelnen Kommunikator zurückgehen, sondern von mehreren Kommunikatoren oder Autoren produziert werden (siehe dazu auch Abschnitt 3.1.1). Nicht nur dass viele Artikel von Presseagenturen hergestellt und von