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Wortbildung im Deutschen


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andere Silbensprachen nicht notwendigerweise auch enthalten müssen (cf. Nübling/Schrambke 2004: 285).

      Zur Analyse des „schlechten“ Silbenkontakts /d.j/ werden hier zunächst ein paar silbenstrukturelle Ausführungen benötigt. Eine optimale Silbe besteht aus einem starken Konsonanten (C) im Silbenonset (cf. Abb. 3), einem Vokal (V) im Silbennukleus (Silbenkern) und einer leeren Silbenkoda (Silbenauslaut, Silbenendrand). Dies führt also zu sog. CV-Silben wie z.B. [ta], die am leichtesten aussprechbar sind (Vennemann 1986: 33; Nübling 2008: 17).

      Abb. 3

      Sonoritäts- bzw. Stärkeskala (vereinfachte Abb. nach Nübling 2008: 15 u. Vennemann 1986: 36)

      Vokale haben naturgemäß die größte Sonorität (auch Schallfülle: relative Lautheit eines phonologischen Segments, cf. Restle/Vennemann 2001: 1310; Bussmann 2008: 633). Je weniger sonor ein Konsonant ist, desto höher ist seine konsonantische Stärke.

      Wenn man die Stärkeskala mit numerischen Werten versieht, kann man den SilbenkontaktSilbenkontakt /k1.k2/ berechnen (cf. Abb. 4).

      Abb. 4

      Stärkeskala mit numerischen Werten (nach Restle/Vennemann 2001: 1318)

      Je größer die Differenz in der konsonantischen Stärke zwischen k2 und k1 ist, desto besser ist der SilbenkontaktSilbenkontakt (Vennemann 1986: 39–42; Hall 2000: 227; Restle/Vennemann 2001: 1317). Das heisst also, je grösser also k2 – k1 ist, desto besser ist der Silbenkontakt. Bspw. hat nhd. /hal.ten/ einen sehr guten Silbenkontakt: Das /t/ ist mit dem numerischen Wert 6 ist k2, das /l/ mit dem numerischen Wert 3 ist k1 (k2 – k1 = 3). Aneinandergereihte CV.CV-Silben wie */ta.ta/ haben den besten Silbenkontakt (6–0 = 6; unter Ergänzung des Werts Null für den Vokal /a/ in der Abb. 4).

      Schauen wir uns das jetzt exemplarisch am schweizerdeutschen Suffix -schi an: /Hund.ji/ (-4 = sehr schlechter SilbenkontaktSilbenkontakt) > /Hun.dschi/ (1 = guter Silbenkontakt) > /Hun.tschi/ (2 = guter Silbenkontakt). Durch Assibilierung hat sich also der Silbenkontakt enorm verbessert (Hofer 2012: 80). Zudem wird dadurch die Silbengrenze zu Ungunsten der Morphemgrenze verschoben, was ein typisches Merkmal von Silbensprachen ist (Nübling/Schrambke 2004: 281f.). Es ist hier die romanische Segmentierung angegeben, da es eine romanische Entwicklung ist und /tsch/ im Romanischen als Silbenonset phonotaktisch zulässig ist. Im DeutschenDeutsch hingegen scheint dies nicht der Fall zu sein, cf. nhd. rutschen oder Bratsche, die als /rut.schen/, /Brat.sche/, nicht als /ru.tschen/, /Bra.tsche/ silbifiziert werden; die Lautfolge /tsch/ ist im Deutschen sekundär entstanden, cf. nhd. rutschen < spätmhd. *ruckezen, Intensivbildung zu nhd. rucken (Lexer II, 559; DWB VIII, 1568f.; Id. VI, 1856–1859), durch Vokalausfall, cf. ahd. diutisc > nhd. deutsch (Kluge 2002: 193f.; Starck/Wells, 1971–1990, 103), oder aus Fremdwörtern, cf. nhd. Bratsche < ital. viola da braccio, zu lat. brac(c)hium ‚Arm‘ (Kluge 2002: 146).

      Durch die Verbesserung des Silbenkontakts und die Verschiebung der Silbengrenze sind die Voraussetzungen gegeben, erneut ein neues Suffix zu generieren, nämlich schwzd. -tschi, und zwar durch Verschmelzung von -d-/-t-Auslaut mit dem neuen Suffix -schi und anschliessender morphologisch falscher Ablösung (Hofer 2012: 75, 80): Hund-schi > Hun-dschi bzw. fortisiert Hun-tschi. Das Suffix kann sich dann verselbständigen und produktiv werden, z.B. SchafSchaf-tschi ‚Schäfchen‘.

      Dieser eben beschriebene Vorgang (Verschmelzung und falsche Ablösung) ist in der Bildung von Diminutivsuffixen häufig (Hofer 2012: 60, 62, 236), cf. die Entstehung der Suffixe schwzd. -li (ahd. leffil-īn > leff-ilīn; ahd. -ilīn > schwzd. -(i)li; s. auch oben) oder schweizerdeutsch -elti (Stafel-ti ‚kleine Alphütte‘ > Staf-elti; das abgelöste Suffix -elti wird dann produktiv, z.B. in Brügg-elti ‚kleine Brücke‘).

      Literatur

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