Barbara Lux

Kurzwortbildung im Deutschen und Schwedischen


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av olika reduktionerkortordSilbeninitialwörter, Rumpfwörter, Mischkurzwörterradikal reduktioninitialord, akronymerBuchstabierwörter, Lautinitialwörter

      Tabelle 14: Typologie schwedischer Kurzwörter nach Laurén 1976 mit deutschen Entsprechungen

      Mit der Verwendung von nicht zusammenhängenden Termini für Kürzungsvorgang und -produkt folgt Laurén zwar Wessén (1958), der auch von Ellipse als Prozess und Kurzwort als Resultat spricht. Problematisch ist bei diesem Vorgehen jedoch, dass kein erkennbarer Zusammenhang zwischen den Begrifflichkeiten für Vorgang und Resultat existiert. Der Zusammenhang zwischen Ellipse und Kurzwort erschließt sich weit weniger intuitiv als derjenige zwischen Kurzwortbildung und Kurzwort, weshalb in dieser Arbeit Letzteres bevorzugt wird. Außerdem bringt diese Art von doppelter Terminologie eine weitere Aufblähung des terminologischen Apparats mit sich, was angesichts des Strebens nach einer schlanken Terminologie nicht sinnvoll erscheint.

      Im Unterschied zu Laurén befasst sich die Veröffentlichung der Tekniska Nomenklaturcentralen (TNC) „Om teknikens språk“ von 1977 nicht ausschließlich mit Kurzwörtern, sondern generell mit der Fachsprache der Technik. In dem Teil zur Wortbildung werden jedoch Kurzwörter neben anderen Wortbildungsverfahren unter „ellips“ aufgeführt (45–48). Anders als bei Laurén (1976) ist hier Ellipse sowohl der Terminus für den Wortbildungsprozess als für auch das Resultat dieses Prozesses. In einer knappen Darstellung werden vier verschiedene Typen von Ellipsen unterschieden: Unter „typerna el och bil“ werden Beispiele für Kopf- und Endwörter, gebundene Kürzungen und Kürzungskomposita angeführt. Als weitere Typen werden Akronyme, Klammerformen und „teleskop­ord27“, d.h. Wortkreuzungen genannt, wobei Klammerformen und Wortkreuzungen in der vorliegenden Arbeit nicht zu den Kurzwörtern gerechnet werden. Akronyme oder „initialord“28 werden bei TNC als Synonyme gesehen und folgendermaßen definiert: „Man menar därmed ord som bildas av initialerna eller några av de första bokstäverna i ord eller sammansättningsleder som följer på varandra“29 (Tekniska Nomenklaturcentralen 1977:47). Unter den angeführten Beispielen finden sich jedoch nicht nur Akronyme im Sinne dieser Arbeit, sondern auch Lehnkurzwörter, Kunstwörter und diskontinuierliche Kurzwörter (z.B. milo < militärområde ‚Militärgebiet‘). Tabelle 15 veranschaulicht die Einteilung der Kurzworttypen bei TNC und ihre deutschen Entsprechungen. Auch hier sind diejenigen Begriffe, die keine Kurzwörter im Sinne dieser Arbeit bezeichnen, eingeklammert. Ein Vergleich mit Tabelle 14 zeigt, dass es bis auf die Begriffe „ellips“ für Kurzwörter allgemein und „teleskopord“30 bei der Einteilung und Terminologie keine Gemeinsamkeiten zwischen Laurén und TNC gibt.

Kurzworttypdeutsche Entsprechung
typerna el och bilKopfwörter, Endwörter, Rumpfwörter, diskontinuierliche Kurzwörter, gebundene Kürzungen, Kürzungskomposita
klammerformer(Klammerformen)
akronymer/initialordBuchstabierwörter, Lautinitialwörter, (Lehnkurzwörter), diskontinuierliche Kurzwörter, Mischkurzwörter, (Kunstwörter)
teleskopord(Wortkreuzungen)

      Tabelle 15: Typologie schwedischer Kurzwörter nach Tekniska Nomenklaturcentralen 1977 mit deutschen Entsprechungen

      Noch mehr terminologische Verwirrung stiftet die Arbeit von Stig Eliasson, die bei der Betrachtung eines phonologischen Prozesses – einer Konsonantengemination bei schwedischen Hypokorismen und manchen Kurzwörtern – das Thema Kurzwortbildung am Rande streift. Zum Phänomen der Kurzwortbildung heißt es dort: „stympning (även kallad reduktion, kortning eller ellips; om man mer vill rikta uppmärksamheten på den bevarade sekvensen, skulle man alternativt kunna tala om extrahering)“31 (Eliasson 1979:342). Für die Kürzungsprodukte fallen die Begriffe „ellipsord (stympord, reduktionsord eller kort­ord)“32 (343). Eliassons Formulierungen zeigen deutlich, dass im Schwedischen zu jenem Zeitpunkt keine etablierte Kurzwortterminologie vorhanden war, woran sich bis heute allerdings kaum etwas geändert hat.

      Ein Beispiel für die terminologische Verquickung von Abkürzungen und Kurzwörtern liefert Sigurd (1979). In dem Aufsatz „Förkortningarna och det moderna samhället“ diskutiert Bengt Sigurd unter dem Begriff „förkortning“33 sowohl auf die Schrift beschränkte Abkürzungen als auch Buchstabierwörter und Lautinitialwörter. Dabei zeigt er durchaus ein Bewusstsein dafür, dass zwischen Abkürzungen und Kurzwörtern ein Unterschied besteht, da er „initialförkortningar eller akronymer“34 (5) gesondert erwähnt. Dennoch werden beide Phänomene auch im empirischen Teil, einer Frequenzuntersuchung, unter dem Begriff „förkortningar“ zusammengefasst, was die Empirie für die Kurzwortdiskussion quasi unbrauchbar macht, da nicht nachvollziehbar ist, welcher Anteil an Sigurds Abkürzungen auf Kurzwörter entfällt. Kurzwörter im engeren Sinne, also Kopfwörter, Endwörter und diskontinuierliche Kurzwörter, finden bei Sigurd dagegen keine Erwähnung. Kürzungskomposita wie i-land < industriland ‚Industrieland‘ werden als Kompositum einer Initialkürzung mit einem gewöhnlichen Lexem analysiert (6). Für Sigurd gehören zu den „förkortningar“35 also Abkürzungen und einige Kurzworttypen im Sinne der vorliegenden Arbeit, während andere nicht darunter fallen, was einmal mehr zeigt, dass ein einheitliches Verständnis der Begrifflichkeiten in der schwedischen Kurzwortforschung noch aussteht.

      Auch in dem von Ralf Svenblad herausgegebenen „Norstedts förkortnings­ordbok“, das 1998 in der ersten und 2003 in der zweiten Auflage erschien, wird weder im einleitenden Text noch im Register zwischen Abkürzungen und Kurzwörtern differenziert. Unabhängig von der Aussprache unterscheidet Svenblad zwischen „avbrytningar“36 wie uppl. < upplaga ‚Auflage‘, „sammandragningar“37 wie ngt < något ‚etwas‘ und „initialförkortningar/akronymer“38 wie BVC < barnavårdscentral ‚Kinderfürsorgeamt‘ (Svenblad 2003:XI). Kürzungskomposita werden hier nicht als eigener Kürzungstyp, sondern als Komposita aus einer „initialförkortning“ und einem weiteren Lexem analysiert (XIII).

      Einer der wenigen schwedischen Texte, der eine Differenzierung zwischen auf die Schrift begrenzten Abkürzungen und auch mündlich realisierbaren Kurzwörtern enthält, sind die von Språkrådet herausgegebenen „Svenska skrivregler“39. Allerdings unterscheidet sich auch hier die Einteilung von der in der deutschen Kurzwortforschung üblichen. Als Arten von „förkortningar“40 werden wie in „Nordstedts förkortningsordbok“ „avbrytningar“41 und „sammandragningar“42, die nur im schriftlichen Sprachgebrauch vorkommen, sowie „initialförkortningar“43, die schriftlich und mündlich realisiert werden können, unterschieden. Bei den Initialabkürzungen wird weiter zwischen einer Aussprache nach Buchstabennamen und einer phonetisch gebundenen Aussprache differenziert (Språkrådet 2008:142f.). Eine eigene Lautform haben daneben auch „kortord“44 wie temp < temperatur, die aus ursprünglich reinen Schriftkürzungen hervorgegangen sind. „Förkortningen har då blivit ett vanligt ord, ett kortord.“45 (141) Kurzwörter im engeren Sinne werden hier also deutlich von Akronymen abgegrenzt. Obwohl letztere auch eine eigene Aussprache aufweisen und dekliniert werden können, wird ihnen ein geringerer Wortcharakter zugestanden als Kurzwörtern im engeren Sinne, und sie werden mit den Abkürzungen gruppiert. Diese Einteilung wird in Tabelle 16 veranschaulicht.

förkortningkortord
avbrytningsammandragninginitialförkortning

      Tabelle 16: Typologie schwedischer Kurzwörter nach Svenska skrivregler 2008

      Eine kontrastive Ausrichtung in der schwedischen Kurzwortforschung findet sich erstmals bei Nübling (2001). In Ermangelung einer etablierten schwedischen Terminologie stützt sich Damaris Nüblings Vergleich von deutschen und schwedischen Kurzwörtern auf die deutsche Kurzwortforschung und lehnt sich im Hinblick auf die Kurzworttypologie an Ronneberger-Sibold (1992) an. In Nüblings Artikel werden viele interessante Aspekte der Kurzwortbildung thematisiert; ein besonderer Schwerpunkt liegt neben einer Vorstellung der verschiedenen Kurzworttypen auf phonologischen Eigenschaften deutscher und schwedischer Kurzwörter. Dabei weist Nübling wiederholt darauf hin, dass im Hinblick auf eine eingehendere Untersuchung schwedischer Kurzwörter eine Forschungslücke besteht (z.B. Nübling 2001:196), zu deren Schließung die vorliegende Arbeit beiträgt. Eine Diskussion schwedischer Kurzwörter