Türkei. Auch das Internet kennt keine Sprachvorschriften. Viele Länder unterhalten Radio- und Fernsehprogramme, die über die Landesgrenzen hinaus ausgestrahlt werden (sog. Auslandssender). In Deutschland ist das die Deutsche Welle, in Frankreich TV5, in Großbritannien das internationale Programm der BBC. Diese Sender sollen einerseits Minderheiten der eigenen Sprache, die ständig oder temporär im Ausland leben, mit einem Programm aus der Heimat an sich binden, andererseits Eliten anderer Länder, die die betreffende Sprache als Fremdsprache beherrschen, sich gewogen machen.
Literatur
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8. Pragmatik der Mehrsprachigkeit
Jörg Roche und Gesine Lenore Schiewer
a) Pragmalinguistische Grundlagen: Von der Ein- zur Mehrsprachigkeitsforschung
Die Pragmalinguistik, die im deutschsprachigen Raum um 1970 entwickelt wurde und sich seitdem als eine der bedeutendsten Teildisziplinen der Sprachwissenschaft etablieren konnte, nimmt vielfältig Bezug auf die analytische Sprachphilosophie WittgensteinWittgenstein, Ludwigs, AustinAustin, John L.s und SearleSearle, John R.s, auf die dreistellige Semiotik (PeircePeirce, Charles Sanders, MorrisMorris, Charles W., BühlerBühler, Karl u.a.) sowie auf Konzepte des Konstruktivismus, vor allem in seinen interaktionistischen Varianten. Der sprachphilosophische linguistic turn fand zudem breite Rezeption in den Kulturwissenschaften. Sprachpragmatische Basisannahmen sind damit für ethnologische ebenso wie postkoloniale Dimensionen der Kulturforschung zentral geworden.
Auch wenn pragmatische Grundannahmen in den Kulturwissenschaften häufig mit Themen der kulturellen Vielfalt und Mehrsprachigkeit verbunden sind, waren philosophische und linguistische Untersuchungen des Sprachgebrauchs doch meist auf die Untersuchung von Einzelsprachen fokussiert. Vor dem Hintergrund des z.B. in der Sprechakttheorie anzutreffenden impliziten rational-universalistischen Substrats und der ordinary language philosophy konzentrierten sich konkrete linguistische Analysen vielfach auf Beispiele aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum. Die germanistische Linguistik beschränkte sich in ihren pragmalinguistischen Ausprägungen primär auf das Deutsche als Gegenstand entsprechender Forschungsansätze.
Die Ausweitung des Blicks auf pragmatische Dimensionen von Mehrsprachigkeit erfolgte zögerlich (vgl. hierzu Ten ThijeTen Thije, Jan D., »Eine Pragmatik der Mehrsprachigkeit«), in jüngerer Zeit aber mit allmählich zunehmender Dynamik. Hervorzuheben sind hier u.a. folgende Richtungen:
Die Kontrastive Pragmatik, die u.a. im Bereich des Faches Deutsch als Fremdsprache Aufmerksamkeit findet; im Ausgang hiervon können sämtliche Ebenen und Ansätze linguistischer Pragmatik in der Regel mit Bezug auf zwei Sprachen kontrastiv untersucht werden. Im engeren Sinn literaturwissenschaftlich relevante Felder kontrastiver Pragmatik betreffen z.B. die Untersuchung von literarischen Textsorten als kulturelle Entitäten, die auch sprach- und kulturanalytische Herangehensweisen verlangen sowie die Berücksichtigung von durch Sprach- und Kulturkontakt mitbedingten hybriden Textformen (vgl. FixFix, Ulla, »Was heißt Texte kulturell verstehen?«, 260, 267). Vergleichende Analysen konkreter Sprachgebrauchsvielfalt konnten zeigen, wie mit dem Einsatz von Mehrsprachigkeit im Drama die Inszenierung von »doppelbödigen Kommunikationssituationen« potenziert werden kann und zugleich an bekannte Formen von Sprachimages wie dem Französischen als Salonsprache und dem Englischen als Geschäftssprache anknüpfen kann (vgl. WeissmannWeissmann, Dirk, »Mehrsprachigkeit auf dem Theater«, 79f. und 88).
Ansätze einer Kulturwissenschaftlichen Pragmatik, die insbesondere von Soziologen wie Joachim RennRenn, Joachim (»Perspektiven einer sprachpragmatischen Kulturtheorie«) forciert