Aneta Stojic

Deutsch-kroatische Sprachkontakte


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Speisen, z.B. Sahne und Torten, auch hier populär und in lokale Kochbücher aufgenommen (ebd. 78). Daran erkennt man ebenfalls, dass Entlehnungsprozesse immer auch ein Resultat von Kulturkontakten sind. Falls hier Bezeichnungen für Gerichte und Getränke übernommen wurden, konkurrieren sie meistens mit schon vorhandenen Lexemen verschiedener Herkunft, so dass sich mit der Zeit koexistierende Dubletten herausgebildet haben, z.B. njoki (ital. gnocchi) versus noklice (dtsch. Nockerl) versus valjušci (kro.), oder šufigat (ital. soffocare) versus dinstati (dtsch. dünsten) versus pirjati (kro.).

      Eine andere Situation zeigt sich an der vorwiegend von österreichischen Touristen besuchten Nordadria, wohin mitteleuropäische Gerichte und die sog. Wiener Küche, die ein „Konglomerat verschiedener internationaler Berührungen“ war, gelangten (ebd. 14). Mit ihnen kamen auch entsprechende Entlehnungen.

      Eine weitere Innovation zeigt sich im Bereich der Bekleidung:

       kro. falda < dtsch. Falte,

       kro. fudra < dtsch. Futter,

       kro. šnala < dtsch. Schnalle,

       kro. španga < dtsch. Spange,

       kro. štof < dtsch. Stoff,

       kro. veš < dtsch. Wäsche,

       kro. žniranci < dtsch. Schnürsenkel u.a.

      Mit den neuen Kleidungsgegenständen kam auch eine bis daher unbekannte Art und Weise ihrer Bearbeitung und Ausarbeitung:

       kro. heftati < dtsch. heften,

       kro. heklati < dtsch. häckeln,

       kro. peglati < dtsch. bügeln,

       kro. štepati < dtsch. steppen,

       kro. štirkati < dtsch. stärken usw.

      Die deutschen Kolonisten und ihre Nachfolger wurden, wie schon erwähnt, von den Einheimischen Švabe genannt, nach dem deutschen Volk der Schwaben,4 die aus dem Westen Bayerns und aus Württemberg kamen, die geographisch Kroatien am nächsten sind. Aber aus dem Schwabenland kam nur ein Teil der deutschen Siedler, viele kamen auch aus dem Sudetenland, Hessen, der Pfalz, Lothringen und dem Saarland. Ein Grund, weshalb die Kroaten die Deutschen auch heute noch pejorativ als Švabe bezeichnen, liegt wahrscheinlich darin, dass sich ihre Sprache wesentlich von der der anderen deutschen Siedler unterschied. Außerdem haben sich die Donauschwaben vor allem in abgeschiedenen, national homogenen Dörfern angesiedelt. Die anderen Zuwanderer kamen meistens einzeln und siedelten sich kontinuierlich in städtischen Zentren an und wurden von der einheimischen Bevölkerung schnell angenommen (Žepić, 2002: 215). Die deutschen Zuwanderer, die aus unterschiedlichen deutschsprachigen Teilen in größeren Gruppen kamen, hatten keine ausgeprägte nationale oder politische Identität oder ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Dieses wuchs erst nach ihrer Ansiedlung, insbesondere wegen der sprachlichen und kulturellen Distanz gegenüber den Einheimischen und Siedlern aus dem nicht-deutschsprachigen Raum. Dies führte zu einer engen Gemeinschaft der deutschsprachigen Siedler gleich zu Beginn, die untereinander Deutsch sprachen und für eine lange Zeit die gleichen Bräuche und Lebensweise praktizierten. Auf diese Weise widerstanden sie der Assimilation und bewahrten ihre Sprache und Kultur noch viele Jahre nach ihrer Zuwanderung (Geiger/Kučera VDG, 1995: 88).

      3.6.2 Zeit der Aufklärung und des aufgeklärten Absolutismus

      Im 18. Jh. stieg der Status des Deutschen in Kroatien wegen der Sprachpolitik der Habsburger Monarchie unter der Herrschaft der Aufklärer Maria Theresia (1740–1780) und ihrem Sohn Joseph II. (1780–1790). Diese Zeit kennzeichnete der Wille zur Germanisierung und Zentralisierung, sowie zur Fortführung der pangermanischen Politik, geleitet vom Drang nach Osten. Die Amtssprache innerhalb der Militärgrenze war seit ihrer Gründung das Deutsche. Mit der Allgemeinen Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämmtlichen kais.-königl. Erbländern richtete Maria Theresia 1774 das Bildungswesen innerhalb der Militärgrenze neu ein: Die Unterrichtssprache ist grundsätzlich Deutsch. Für den ungarisch-kroatischen Teil der Monarchie verfügte Maria Theresia mit der sog. Ratio educationis totiusque rei literariae per regnum Hungariae et provincias eidem adnexas im Jahre 1777, dass als Unterrichtsprache diejenige Sprache empfohlen wird, die in diesem Bezirk gesprochen wird. Daneben können aber auch Deutsch und die Anfänge des Lateins gelernt werden (Häusler, 2000: 60). Der Beschluss von Joseph II. zeugt noch mehr von der Absicht der Herrscherfamilie, die kroatischen Gebiete zu germanisieren. Ihm nach sollte die deutsche Sprache nämlich zur zentralen Verwaltungs- und Verkehrssprache der Monarchie werden. 1784 erließ der Kaiser den Beschluss, den Unterricht in kroatischen Gymnasien auf Deutsch zu halten und zwar auf der Grundlage deutscher Lehrbücher. Ebenfalls habe jeder Beamter innerhalb von drei Jahren Deutsch zu lernen (Antoljak, 1994: 112). Auf diese Weise kam der deutschen Sprache bis zum Ende des 18. Jh. in der sozialen Struktur der kroatischen Gesellschaft eine besondere Rolle zu: Latein war noch immer die Sprache der Politik und Wissenschaft, Deutsch die Umgangssprache der höheren Gesellschaftsschicht und das Kroatische diente zur Kommunikation mit den Bediensteten und der unteren Gesellschaftsschicht (Kessler, 1986: 73). Joseph II. musste 1789 unter dem Druck der Magnaten diese Beschlüsse zurückziehen. Latein wurde wieder zur Unterrichtssprache und die Lehrer, die früher wegen des Nicht-Beherrschen der deutschen Sprache entlassen wurden, bekamen ihre Arbeitsplätze zurück. Seither ist die deutsche Sprache ein Unterrichtsfach wie jedes andere (Häusler, 2000: 65). Der Widerstand gegen die sog. josephinischen Sprachverfügungen konnte jedoch die Vorreiterstellung der deutschen Sprache in der überregionalen Kommunikation nicht schwächen. Die gesellschaftliche Dominanz des Deutschen war unaufhaltbar (Kessler, 1986: 72). Dies bedingte die Stellung des Deutschen innerhalb der Habsburger Monarchie. Die deutsche Sprache konnte sich nämlich im 18. Jh. als Standardsprache im gesamten deutschsprachigen Raum durchsetzen. Der wohlhabende Adel, Militäroffiziere und Händler, die die dominante Schicht der städtischen Bevölkerung bildeten, nahmen sich zu dieser Zeit Wien als Vorbild und übernahmen 1770 Deutsch als Verkehrssprache der alltäglichen Kommunikation. Deutsch war somit die Prestigesprache der oberen Schicht und wurde schnell zur Konversationssprache der Intellektuellen, des Handels und der Wirtschaft, des Bon Tons und der Literatur, während Kroatisch von den Handwerkern und Kaufleuten, die die Dorfbewohner und kleinbürgerliche Klientel bedienten, gesprochen wurde (Kessler, 1981: 12). Bis zum Ende des zweiten Jahrzehntes des 19. Jh. bewahrte die deutsche Sprache diesen Status insbesondere in den Städten Zagreb, Varaždin und etwas später in Karlovac. Dies unterstützte auch die Herausgabe deutscher Zeitungen, die in Zagreb erschienen (Luna, Kroatischer Korrespondent, Agramer Zeitung u.a.). Von 1749 bis 1860 wurden die Theaterstücke ausschließlich auf Deutsch aufgeführt. Die Einwohner Zagrebs, die sich selbst als purgeri (< dtsch. Bürger) bezeichnen, nennen ihre Stadt auf Deutsch Agram. Das Deutsche der purger gewann an sozialer Bedeutung: Wer Deutsch sprach, gehörte zur „besseren“ und „feineren“ Gesellschaft des Stadtlebens (Kessler, 1986: 73).

      3.6.3 Slawonien

      Ein anderes sprachliches Bild präsentierte sich in Slawonien. Der Stadtbevölkerung fehlte das autochthone Element, weil sie größtenteils aus den Zuwanderern der anderen Länder der Monarchie bestand. Die Situation in der Stadt Osijek war wegen ihrer geographischen Lage spezifisch, vor allem nach der Befreiung von den Türken. Seither wurde die Stadt in den darauffolgenden zwei Jahrhunderten im Zuge mehrerer großer Wellen von deutschen Siedlern besiedelt, so dass sie ca. 50 % der Bevölkerung ausmachten. Zählt man noch einige Tausend Juden, die größtenteils Deutsch sprachen, sowie das dort stationierte Militär, das vorwiegend aus deutschen Soldaten bestand, dazu, liegt der Schluss nahe, dass Deutsch zu dieser Zeit dominierte (Kordić, 1991: 89). Die deutsche Umgangssprache prägte vor allem die bairische und österreichische Varietät, aber es gab auch andere deutsche Dialekte, die die deutschen Einwanderer sprachen. In dieser sprachlichen Umgebung entwickelte sich in den täglichen regen Kontakten der Träger unterschiedlicher Kulturen und Sprachen ein besonderes Idiom des Deutschen, das Essekerische,1 heraus (Petrović, 2001: 4). Diese Sprechart gebrauchten die Angehörigen der