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Sittes Welt


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ein. Aus demselben Jahr stammt eines der beiden bekannten druckgrafischen Selbstporträts image 1. Die Kaltnadelradierung zeigt den Maler en face, wieder taucht das Porträt aus einer unklaren Tiefe auf, die diesmal ein dunkler Schatten ist, der die linke Gesichtshälfte vollkommen verunklart. Unsicherheit, etwas Fragendes vermittelt diese Darstellung.

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      Die nächsten Selbstbildnisse entstehen erst etwa 20 Jahre später, Mitte der 1960er Jahre. In den 1950er und frühen 1960er Jahren, in denen Sitte sich als Künstler durch die Partei immer wieder infrage gestellt sah, entstehen überraschenderweise keine Selbstdarstellungen, zumindest sind keine überliefert. Das verwundert insofern sehr, als sich Sittes Lebenssituation um 1960 derart zuspitzte, dass er 1961 zwei Selbstmordversuche unternahm. Nichts davon reflektiert er in seinem Schaffen mithilfe seines ihm zur Verfügung stehenden künstlerischen Talents.

      Zwischen 1975 und 1986 entsteht etwa ein Dutzend gemalter Selbstbildnisse des Künstlers, wobei auffällt, dass er sich in diesen Jahren selten in seiner Rolle als Maler darstellt, sondern in der Hauptsache privatim als Mann. Charakteristisch ist der direkte Blickkontakt mit dem Betrachter, wie er ihn seit seinem ersten Selbstbildnis entwickelt hat – entweder en face oder mit mehr oder weniger ausgeprägtem Schulterblick. Es fällt auf, dass Sitte sich oft in einem bedrohlich wirkenden Ambiente darstellt – wie im Bild von 1979 S. 75 – oder mit skeptisch fragendem Blick, als misstraue er seinem Gegenüber image 2. Dem stehen die Darstellungen gegenüber, in denen er sich mehr oder weniger in seiner Tätigkeit als Maler präsentiert image 3/78 f. In seinem Selbstbildnis mit Tube und Schutzhelm S. 77 posiert er 1984 vor der Staffelei stehend als Arbeiter-Maler mit nacktem Oberkörper und Bauhelm auf dem Kopf, die Palette mit aufkaschierter Farbtube in der Hand. Es ist eines der wenigen repräsentativ zu nennenden Selbstbildnisse des Künstlers, die etwas von seinem Anspruch und Selbstverständnis verraten. Ganz dezidiert als Maler zeigt er sich 1981 in seinem Selbstbildnis mit Pinseln S. 78. Im Jahr seiner Emeritierung, 1986, schuf Sitte noch einmal ein eindrucksvolles Werk S. 79. Wieder zeigt er sich mit freiem Oberkörper, der durch die besondere Lichtführung gleichsam metallisch glänzt wie eine Skulptur. Der Künstler steht vor der Staffelei, die Pinsel in der Hand, und blickt prüfend auf den Betrachter. Im Hintergrund ist ein zweites Mal das Gesicht des Malers zu sehen, diesmal beim Rauchen einer Zigarre und gelassen sich selbst über die Schulter schauend. Diese simultane Darstellung derselben Figur in verschiedenen Posen ist ein typisches Gestaltungsmerkmal nicht nur in den Selbstbildnissen Willi Sittes.

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