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Sittes Welt


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Einäugige“, 1983, Öl auf Hartfaser, 69 × 56 cm, Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg

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      Das Gros seiner Selbstbildnisse entsteht in den 1990er Jahren. Nahezu notorisch befragte Sitte sein Spiegelbild – Ausdruck der extremen Verunsicherung, die die von zahlreichen, heftigen Angriffen gegen seine Person gekennzeichneten Jahre prägte. Zum bisherigen Typus des skeptisch fragend schauenden Künstlers kommen nun verstärkt die Darstellungen mit Todesallusionen wie beim Selbstbildnis mit Totenkopf von 1990 image 5. Mit seiner Linken umfasst der Maler den Schädel so, dass der Eindruck entsteht, als hielte er ihm abwehrend, bannend die Augen zu. Ein Bedrohtsein vermittelt auch das Selbstbildnis mit Pinseln von 1992 image 6, auf dem ein markanter Schatten hinter der Figur des Malers prangt – ein Motiv, das Sitte in den 1990er Jahren des Öfteren nutzte, wenn es um die Schatten der Vergangenheit oder die Bedrohung der Existenz geht (vgl. S. 510), hier ins Persönliche gewendet. Eine ähnliche Stimmung vermittelt das Gemälde Selbst mit Schrei image 7, in dem hinter dem Bildnis des Malers ein aggressiv zum Schrei geöffneter Mund eines angeschnittenen Gesichts prangt. Dem steht das trotz des Titels wenig Positives verheißende Selbst mit Zukunft S. 81 von 1992 gegenüber. Der Zierrahmen des Gemäldes fungiert gleichzeitig als Fensterrahmen, dessen gläserner Flügel in das Bildinnere aufgeschlagen ist und den Kopf des Malers freigibt, der in Sittes charakteristischer En-face-Haltung gezeigt wird. Neben ihm im Glas der Fensterscheibe erscheint auf Augenhöhe die Darstellung eines Totenschädels – eine Anspielung auf den Bildtitel und den ungewissen Zeitpunkt des Todes.

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      In den folgenden zehn Jahren entstehen noch einige Arbeiten, denen allen etwas Verzweifeltes, Hilfloses anhaftet. Stets tritt dem Betrachter ein in sich gekehrter, skeptischer Mann gegenüber, der sich eher zurückzieht als offensiv seinem Gegenüber begegnet. Wiederholt stellt er sich mit Pinseln vor der Staffelei dar image 8. Eine eindrucksvolle Komposition, seine Lebenssituation verarbeitend, offenbart noch einmal ein 1999 entstandenes Bildnis S. 84. Auf einem teilweise freistehend gelassenen Bildträger wirkt die Darstellung fast wie eine Zeichnung mit Ölfarbe und zeigt den dem Betrachter zugewandten Kopf des Künstlers, dem das Wasser nicht nur sprichwörtlich bis zum Hals steht. Rechts neben ihm hängt an einem von oben kommenden Seil ein Stein, der, würde man das Seil kappen, das Wasser steigen und die Situation für den Dargestellten lebensbedrohlich werden ließe. Mit solchen Selbstdarstellungen gelingen Willi Sitte am Ende seines langen Schaffens zwar einfache, aber dennoch eindrucksvolle künstlerische Bildfindungen für die Bildwerdung seiner Selbstwahrnehmung.

      Eines seiner letzten Selbstbildnisse zeigt den Maler im Jahr 2002 S. 85: gealtert, in sich zusammengefallen, das Gesicht tief verschattet, links im Hintergrund erneut ein Schatten aus der Vergangenheit oder der Gegenwart. Auch diese Arbeit wirkt mehr wie eine Zeichnung in Öl denn ein ausgearbeitetes Gemälde. Resigniert blickt der Künstler am Ende seines Schaffens auf sich, den Betrachter und seine Vergangenheit. Die Darstellung hat etwas Opferndes gleich einer Ecce-Homo-Pose. Nach den Erfahrungen der 1990er Jahre, die um 2000 in den Nürnberger Eklat mündeten, zieht sich der Maler in sich zurück; nach einer Operation wenig