Zellstrukturen im Körper eines Menschen anzugreifen. Auf allen Zellmembranen befinden sich Rezeptoren, die von den Immunzellen (normalerweise) als eigene Zellen, als Teil unseres Körpers erkannt werden. Nimmt der Körper diese „eigenen“ Rezeptoren nicht wahr, stuft er eine Struktur oder Substanz als fremd und mögliche Bedrohung ein. Ist es ein Virus? Bakterien? Etwas, das nicht dort sein sollte? Ihr Körper weiß es nicht. Er kennt nur „körpereigen“ und „körperfremd“, und wenn es sich um „körperfremd“ handelt, muss er entscheiden, ob etwas als „nicht körpereigen, kann aber gefahrlos ignoriert werden“ oder „nicht körpereigen und gefährlich“ einzustufen ist. Ihre Immunzellen ignorieren Substanzen, die sie als „körpereigen“ und „nicht körpereigen, aber sicher“ erkennen, fühlen sich aber von allem, was sie für „nicht körpereigen und gefährlich“ halten, massiv bedroht und gehen in dem Versuch, den gefährlichen Eindringling zu schädigen oder zu zerstören, zu einem heftigen Angriff über, damit dieser dem Körper keinen Schaden zufügen und das Überleben nicht gefährden kann.
Das ist ein zuverlässiges System – solange es richtig funktioniert. Es erhält Sie gesund, indem es die wirklich gefährlichen Viren und Bakterien angreift, die in Ihr System eindringen können. Bei der Autoimmunität kommt es jedoch zu Missverständnissen, und aus unerklärlichen Gründen stufen die Immunzellen Proteine, die tatsächlich „körpereigen“ sind, als fremd beziehungsweise als „nicht körpereigen und gefährlich“ ein. Die Ergebnisse können verheerend sein. Welche Strukturen der eigene Körper angreift, bestimmt die Art der Autoimmunerkrankung, die die betroffene Person hat. Wird das Myelin angegriffen – die Fettumhüllungen der Nervenzellen –, was zur Schädigung des Nervensystems führt, dann sprechen wir von Multipler Sklerose. Greifen die Immunzellen die Haut an und es kommt zu Ausschlägen, Pustelbildung und anderen sichtbaren Hautleiden, können wir von Psoriasis, Dermatitis oder von einer blasenbildenden Hauterkrankung, einem bullösen Pemphigoid, sprechen. Greift der Körper das eigene Lungengewebe an und es kommt zu Giemen (einem bestimmten Atemgeräusch) und zur Verengung der Luftwege, nennen wir das Asthma. Ist die Schilddrüse betroffen, wodurch es zu einer breiten Palette von Symptomen kommt, die alle mit der Funktion der Schilddrüse zu tun haben, können wir von einer autoimmunen Thyreoiditis sprechen. Werden die Gelenke angegriffen, was zu Schmerzen und Steifigkeit führt, könnte die Diagnose rheumatoide Arthritis oder systemischer Lupus erythematodes lauten. Obwohl sich alle diese Erkrankungen in unterschiedlichen Ausprägungen zeigen, ist die Grundursache für die mehr als 140 verschiedenen Arten von Autoimmunerkrankungen immer gleich: Immunzellen erkennen Strukturen im Körper nicht mehr als „körpereigen“ und greifen sie an, wodurch es zu den beschriebenen Krankheitssymptomen kommt.
Tatsächlich können Autoimmunprozesse bei mehr Krankheiten eine Rolle spielen als bisher angenommen wurde. Die Forschung ist dabei aufzudecken, dass eine große Anzahl anderer chronischer Krankheiten unter Umständen eine autoimmune Komponente haben, Herzkrankheiten zum Beispiel und Bluthochdruck, Migräne und affektive Störungen. Auf diesem Gebiet wird weiter geforscht, und ich glaube, dass unser Wissen über die Auswirkungen von Autoimmunprozessen im Körper noch sehr oberflächlich ist.
Warum sollte der komplexe und intelligente menschliche Körper versehentlich sein eigenes Gewebe angreifen? Es gibt eine schulmedizinische Sichtweise auf Autoimmunerkrankungen und es gibt die der funktionellen Medizin. Im Folgenden wollen wir beide näher betrachten.
Autoimmunerkrankungen aus schulmedizinischer Sicht
Nach schulmedizinischer Lesart hat der Körper bei Autoimmunerkrankungen die Fähigkeit verloren, seine innerlichen Proteinbestandteile als körpereigen zu erkennen. Warum das so ist, wissen wir nicht. Den Wissenschaftlern ist bewusst, dass alle Stadien chronischer Erkrankungen infolge fehlerhafter chemischer Prozesse und verworrener Signalfunktionen zwischen den Zellen beginnen. Es ist, als gebe es inmitten einer großen Symphonie plötzlich einen „Notensalat“ und in der Folge gehen Harmonien und Melodie zunehmend verloren, bis die Musik keine Ähnlichkeit mehr mit der ursprünglichen Partitur hat, und eine ehedem wunderschöne Musik nur noch wie Lärm klingt.
Für Wissenschaftler ist das frustrierend. Da die Medizin jedoch ein Gebiet aktiven Handelns ist, konzentriert sich die Schulmedizin darauf, die voranschreitende Invalidität zu verlangsamen, meist mittels entsprechender Medikamente. Dies ist gemäß der wissenschaftlichen Veröffentlichungen der einzig bewährte Weg, konsequent positiv auf das Fortschreiten einer Autoimmunerkrankung einzuwirken, und das ist genau das, was Ärzte tun: Sie versuchen zu helfen. Sie bilden sich ein Urteil über den Patienten, zücken den Rezeptblock und schicken ihre Patienten in die Apotheke.
Die Medikamente, die Schulmediziner bei Autoimmunerkrankungen verschreiben, schwächen die Immunzellen, damit sie den Körper nicht so heftig angreifen können. Alle krankheitsmodifizierenden Präparate für MS oder für andere Autoimmunerkrankungen zielen mithilfe unterschiedlicher Mechanismen auf die Blockade eines Teils der körpereigenen Immunreaktion ab. Manche dieser Präparate wirken wie ein Gift, um die Zellteilung zu beschleunigen (die Immunzellen gehören zu den Zellen im Körper, die sich am schnellsten teilen), damit sie den Körper nicht so wirksam angreifen (oder schützen) können. Andere blockieren einen bestimmten Weg im Prozess der Immunreaktion.
Da sich unser Immunsystem im Laufe seiner Entwicklung jedoch so ausgeprägt hat, dass es über vielerlei Wege Schutz bieten kann, haben alle gegen die Immunzellen gerichteten Medikamente eine lange Liste von Nebenwirkungen, viele davon mit erheblichen negativen Folgen für die Lebensqualität. Wir blockieren wichtige natürliche Funktionen des Körpers, und auch wenn unser Körper diese Funktionen zwar nicht ordnungsgemäß ausüben kann, bleibt solch ein Eingriff niemals folgenlos. Zu den Nebenwirkungen dieser Medikamente gehören Müdigkeit, Gelenkschmerzen, allgemeine Schmerzen, Depressionen und wunde Stellen im Mund. Es besteht ein leicht erhöhtes Infektionsrisiko (weil das Immunsystem unterdrückt wird) sowie ein allgemeines Krankheitsgefühl, denn wenn die Leistungsfähigkeit der Immunzellen gesenkt wird, nimmt die Leistungsfähigkeit aller Zellen ein wenig ab.
Grundsätzlich dämpfen Medikamente die Aktivität des Körpers sowohl in negativer als auch in positiver Hinsicht. Die Symptomatik der Autoimmunerkrankung mag sich bessern, doch Menschen unter Immunsuppressiva können sich ansonsten deutlich schlechter fühlen. Manche setzen die Behandlung fort, ganz egal, wie schlecht es ihnen geht, denn es droht die Gefahr, dass ihre Invalidität mit fortschreitender Krankheit weiter zunimmt, wenn sie nichts dagegen unternehmen.
Die Behandlung, die die Schulmedizin Patienten mit Autoimmunerkrankungen bieten kann, beschränkt sich auf die Verzögerung der fortschreitenden Invalidität auf Kosten Ihres Befindens zum gegenwärtigen Zeitpunkt – es geht Ihnen etwas oder erheblich schlechter.
Autoimmunprozesse aus Sicht der funktionellen Medizin
Autoimmunerkrankungen werden hier ganz anders betrachtet, und auf dieser Sichtweise beruht mein Programm. Das Problem mit dem auf Medikamente beschränkten schulmedizinischen Fokus besteht darin, dass immer mehr Studien nachweislich die Ernährung, die Toxinbelastung und den Grad der körperlichen Aktivität für 70 bis 95 Prozent der Risiken verantwortlich macht, von einer Autoimmunerkrankung, psychischen Problemen, Krebs und den meisten chronischen Krankheiten betroffen zu sein. Medikamente verbessern die Qualität Ihrer Ernährungsweise nicht. Sie reduzieren Ihre Toxinbelastung nicht, sondern erhöhen sie oft noch. Und sie sorgen mit Sicherheit nicht dafür, dass Sie körperlich aktiver werden. In den seltensten Fällen mindern Sie den chronischen Stress in Ihrem Leben.
Die funktionelle Medizin wirft einen genaueren Blick auf die Gründe, warum Ihr Körper seine Toleranz gegenüber seinen eigenen Proteinen überhaupt erst verloren hat. Wir wissen, dass der Körper Proteine eventuell nicht erkennt und dass sie bedrohlich und verdächtig aussehen, wenn sie ihre Form verändern und nicht mehr in die vorgesehenen Rezeptoren passen. Sie sehen mit größerer Wahrscheinlichkeit nach „nicht körpereigen und gefährlich“ aus. Die funktionelle Medizin bemüht sich darum zu erkunden, warum und wie es dazu kommt, welche biochemischen Reaktionen aus dem Ruder gelaufen sind und zur Entwicklung dieser deformierten Proteine geführt haben, und was genau die Besonderheiten der defekten chemischen Prozesse sind und welche Umweltfaktoren