Markus Brinkmann

Tax Compliance


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      Darüber hinaus gibt es in der steuerlichen Aufbauorganisation neben der Konzernsteuerabteilung die in- und ausländischen Ansprechpartner bei den Konzerngesellschaften, die sich lokal um die steuerlichen Angelegenheiten der einzelnen Konzerngesellschaften kümmern sowie mit steuerlichen Aufgaben und Pflichten betraut sind. Das sind zum einen die Shares Service Center im Konzern und auch die Leiter der Buchhaltungen, soweit die Buchhaltung der Konzerngesellschaften noch nicht in Shared Service Center erstellt wird. Diese sind verpflichtet, gem. den Vorgaben der Konzernsteuerabteilung zu agieren und in Zweifelsfragen die relevanten Ansprechpartner innerhalb der Konzernsteuerabteilung anzusprechen.

      Darüber hinaus sind steuerliche Pflichten, wie zum Beispiel der Quellensteuereinbehalt nach § 50a EStG, die eng mit den operativen Geschäften verzahnt sind, aus operativen Gesichtspunkten in den Geschäften angesiedelt. Hier erfolgt durch die Konzernsteuerabteilung die fachliche Betreuung und Koordination zwischen den verschiedenen Divisionen, um eine einheitliche Rechtsauffassung sicher zu stellen.

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      Um den Tax Compliance-Risiken des Konzerns entgegenzuwirken, hat Bertelsmann unter anderem die folgenden präventiven Maßnahmen eingeführt und definiert:

Konzernsteuerrichtlinie (Tax Policy) Der Vorstand von Bertelsmann hat in einer umfassenden Konzernsteuerrichtlinie die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Behandlung der steuerlichen Fragestellungen im Konzern gelegt. Diese Richtlinie regelt insbesondere: 1. die Organisation der Steuerfunktion im Konzern sowie die Aufbauorganisation der Steuerabteilung 2. die steuerpolitischen Ziele des Konzerns mit dem Grundsatz, jederzeit und unbedingt die Tax Compliance einzuhalten 3. die Aufgabenstellung der Konzernsteuerabteilung und definiert die Sachverhalte, wo die Konzerngesellschaften die Konzernsteuerabteilung verpflichtend einzubinden haben 4. die Beauftragung von externen Steuerberatern
Steuerhandbücher Die Konzernsteuerabteilung erstellt Steuerhandbücher für die bilanzielle Behandlung steuerlich relevanter Sachverhalte und gibt entsprechende Vorgaben und Weisungen an das Rechnungswesen
Schulungen Die Konzernsteuerabteilung organisiert regelmäßig Schulungen z.B. in den Themenfeldern Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Zoll. Damit soll sichergestellt werden, dass die steuerlichen Sachverhalte in den relevanten Abteilungen der Konzernholding, in den Shared Service Centern aber auch in den Konzerngesellschaften erkannt und gewürdigt werden.
Unterschriftenregelung für steuerliche Erklärungen im Inland Für die Kommunikation mit der deutschen Finanzverwaltung sowie hinsichtlich der Abgabe der Steuererklärungen ist eine Unterschriftenregelung erlassen worden, die definiert und eindeutig regelt, das grundsätzlich nur die Mitarbeiter der Konzernsteuerabteilung gegenüber der deutschen Finanzverwaltung steuerliche Angaben machen und Erklärungen abgeben dürfen. Dieses erfolgt grundsätzlich im 4-Augen-Prinzip.
Prozessbeschreibungen/Checklisten Im Rahmen der Definition von Prozessen innerhalb der Steuerabteilung erfolgt eine standardisierte Bearbeitung der Aufgaben mit Unterstützung von Checklisten und Handlungsanweisungen.
IT-Systeme Die steuerliche Compliance wird auch durch den Einsatz von IT-Systemen unterstützt. Es werden entsprechende IT-Tools zur Überwachung der steuerlichen Pflichten, zum länderübergreifenden Austausch von Arbeitsanweisungen, Informationen und steuerrelevanten Dokumenten innerhalb der Steuerfunktion sowie zur Abbildung von Prozessen und Kontrollen genutzt.

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      Darüber hinaus sind detektive Maßnahmen vorgesehen, hier sind unter anderem zu nennen:

Vier-Augen-Prinzip Grundsätzlich folgt Bertelsmann bei rechtlich relevanten Erklärungen dem Vier-Augen-Prinzip. Mit Ausnahme von routinemäßigen Angelegenheiten (soweit sie keine grundsätzliche Bedeutung für den Konzern haben) sind immer zwei Unterschriften notwendig. Dieser Grundsatz gilt insoweit auch für steuerliche Angelegenheiten. Darüber hinaus gibt es aber weitere prozessintegrierte Kontrollen innerhalb der Konzernsteuerabteilung, die zwingend das Vier-Augen-Prinzip vorsehen.
Confirmation-Letter Soweit die Konzernsteuerabteilung die Steuererklärungen im Ausland nicht selber erstellt, sondern die Erstellung durch externe Berater erfolgt, sind entsprechende „Confirmation-letter“ durch die Berater zu erstellen, die bei diesen Gesellschaften die Einhaltung der Tax Compliance schriftlich bestätigen.
Systemunterstützte Auswertung von Daten Insbesondere bei den Umsatzsteuerprozessen ist eine systembasierte Kontrolle sinnvoll und hilfreich. Bei der Erstellung der monatlichen USt-Voranmeldungen erfolgt daher regelmäßig eine Plausibilitäts- und Abweichungsanalyse der gebuchten Daten. Darüber hinaus ist die Einführung von einem VAT-Analyse Tool in Vorbereitung, das eine systematische Plausibilitätsanalyse der Buchhaltungsdaten der europäischen Konzerngesellschaften erlaubt.
Einbindung der internen Revision In der Konzernsteuerrichtlinie ist vorgesehen, dass die Konzernsteuerabteilung die interne Revision beauftragen kann, die Vorgaben der Konzernrichtlinie, die Kontrollen und Prozesse zu überprüfen. Darüber hinaus erfolgt im Rahmen der regelmäßigen Prüfungen der internen Revision bei den Konzerngesellschaften grundsätzlich auch eine Überprüfung der Einhaltung der Tax Compliance sowie der Verpflichtungen aus der Konzernsteuerrichtlinie zur Einbindung der Konzernsteuerabteilung in die operativen Prozesse.

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      Ein weiterer wesentlicher Baustein im Tax CMS bei Bertelsmann ist die Einbindung der Steuerabteilung in die Entscheidungsprozesse und Gremien bei M&A-Projekten. So ist die Steuerabteilung bei Investitionsentscheidungen von Beginn an durch die Divisionen und Konzerngesellschaften einzuschalten. Sie führt die steuerliche Due Diligence selbst durch oder beauftragt externe Berater dafür, die dann die Prüfung in enger Abstimmung mit der Steuerabteilung durchführen und gibt die daraus resultierenden Erkenntnisse und Empfehlungen direkt an den Vorstand (Investment Committee).

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      Grundsätzlich ist bei der Umsetzung von Tax Compliance und der Frage, wie eine Zusammenarbeit mit externen Steuerberatern erfolgen soll, zuerst die Frage nach der Zielsetzung für den Einsatz externer Ressourcen zu stellen.

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      Naheliegend ist die Beauftragung externer Berater im Zusammenhang mit Tax Compliance zur Erfüllung der steuerlichen Erklärungspflichten. Dabei ist die Entscheidung, In welchem Umfang die Erstellung der Steuererklärung ausgelagert wird, ist neben der reinen Ressourcen-Frage auch eine konzeptionelle Fragestellung. Hier gibt es bei den Konzernsteuerabteilungen der deutschen Konzerne sehr unterschiedliche Ansätze.

Aufbau von internationalem Steuerwissen in der zentralen Steuerabteilung weitestgehend ohne Nutzung externer Berater,
Einsatz lokaler Steuerberater zur Erfüllung der Compliance-Anforderungen, zentral durch die Steuerabteilung koordiniert,
Beauftragung eines globalen Beraters (Big4) zur Erfüllung aller lokalen Compliance- und Reporting-Anforderungen.