Markus Brinkmann

Tax Compliance


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der Verrechnungspreise anhand konkret feststellbarer Fremdvergleichswerte und dem hypothetischen Fremdvergleich nachweisen. Als gängige Standardmethoden werden in der Praxis regelmäßig insbesondere die Preisvergleichsmethode, die Wiederverkaufspreismethode und die Kostenaufschlagsmethode verwendet.

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      Im Rahmen der praktischen Umsetzung eines konzernweiten Prozesses zur Überwachung und Dokumentation der Verrechnungspreise und Auslandsaktivitäten steht im Vordergrund, wie der gesamte Zielprozess organisiert sein muss, welches Know-How und welche Schnittstellen einzubeziehen sind und welche IT-Systeme genutzt werden sollen. Dabei ist zu beachten, dass die OECD und die Gesetzgeber multinationale Konzerne stets als organisatorische Einheit ansehen, was in einer zentralen Datenanalyse und –bereitstellung mündet. Der Zielprozess der Verrechnungspreisdokumentation ist daher zwingend so anzulegen, dass die Konzernsteuerabteilung in die Lage versetzt wird, eine zentrale Steuerung und Überwachung des Prozesses sicherzustellen. Gleiches gilt für die Daten des Country-by-Country Reporting. Hier liegt das Hauptaugenmerk auf einer weitestgehenden Automatisierung der Datenerhebung und „Verwertung“ der in der Konzernberichterstattung bereits von den Konzerngesellschaften gemeldeten Daten.

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      Bei komplexen dezentral organisierten Konzernen mit einer Vielzahl an Ländern, unterschiedlichen Geschäftsbereichen und diversifizierten Geschäftsmodellen darf die Dokumentation nicht einzig auf der Ebene des Konzerns verbleiben, da für die zutreffende Darstellung der Sachverhalte, der verwendeten Verrechnungspreise und der zugrundeliegenden Fremdvergleichsdaten regelmäßig das operativ notwendige Wissen in den Organisationseinheiten selbst liegt. Diese Informationen sind in der Regel für die vollständige und zutreffende Erstellung der Localfiles notwendig. Vielmehr hat die Implementierung eines konzernweiten Dokumentationsprozesses jeweils Vertreter der einzelnen Geschäftsbereiche und Gesellschaften einzubeziehen, wobei eine Gewichtung anhand der konkret erfolgten Transaktionen im Berichtszeitraum (z.B. anhand einer Übersicht der vorliegenden konzerninternen Lieferungen und Leistungen) sinnvoll ist, um die Komplexität der Dokumentationsaufgabe zu reduzieren und lediglich die Konzerngesellschaften zu involvieren, die über dokumentationspflichtige Auslandstransaktionen verfügen.

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      Zur einheitlichen Umsetzung der Verrechnungspreisdokumentationen empfiehlt sich in der Praxis auch die zentrale Vorgabe von Dokumentationstemplates für den Masterfile und den Localfile, welche von allen betroffenen Konzerngesellschaften zwingend anzuwenden ist und der Sicherstellung von Qualitätsstandards dient.

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      Zu den Informationen, die Bestandteile des Masterfile darstellen, gehören insbesondere auch eine Darstellung der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung. Hier zeigt sich in der praktischen Umsetzung, dass dieser Dokumentationsbestandteil sinnvollerweise zentral erstellt und aktualisiert wird, um eine größtmögliche Verdichtung der Informationen sicherzustellen, welche dann im nächsten Schritt den jeweils betroffenen Gesellschaften bzw. Geschäftsbereichen zugeordnet und passend zur Verfügung gestellt werden.

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      Da die Informationen zu grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen aufgrund der bestehenden und oft gesetzlich verankerten Mitwirkungspflichten innerhalb kurzer Zeitfenster an die lokalen Finanzbehörden weitergereicht werden müssen und bisher in der Regel nur auf konkrete Veranlassung durch die Finanzbehörden punktuell erstellt worden sind, besteht in der Praxis die Schwierigkeit, die Erstellung der Verrechnungspreisdokumentation in einen systematischen Ansatz zu überführen.

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      Neben den zuvor beschriebenen organisatorischen Umsetzungsempfehlungen, ist für die erfolgreiche Implementierung eines konzernweiten Dokumentationsprozesses die Unterstützung durch ein IT-Tool sinnvoll. Darin können die Grundstruktur der Verrechnungspreisberichte mit dem Masterfile und dem Localfile und darüber hinaus bestimmte vorgefertigte Textbausteine hinterlegt und für die Verwendung bei mehreren Gesellschaften bereitgestellt werden. In der Regel kommt es durch ein solches IT-Tool auch zur effizienteren Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen und Organisationsbereiche wie z.B. der Konzernsteuerabteilung, den divisionalen Koordinatoren und dem Controlling.

      Anmerkungen

       [1]

      Vgl. Streck/Binnewies DStR 2009, 229, 231.

       [2]

      BMF 23.5.2016 – IV A 3 – S 0324/15/10001 – IV A 4 – S 0324/14/10001; (Anwendungserlass zu § 153 AO) und BStBl 2016 I S. 490.

       [3]

      Risse Tax Compliance und Tax Risk Managements, S. 15.

       [4]

      Bohnert OWiG § 130 Rn 1 f.

       [5]

      Das LG München I hat den Siemens Ex-Vorstand Heinz-Joachim Neubürger verurteilt, 15 Mio. EUR an seinen früheren Arbeitgeber als Schadensersatz dafür zu bezahlen, dass er nicht dafür gesorgte hatte, dass ein funktionierendes Compliance Management System („CMS“) eingerichtet wurde (LG München I 10.12.2013 – 5 HKO 1387/10).

       [6]

      Wedelstädt DB 2006, 242, 243.

       [7]

      Vgl. auch Hammerl/Hiller NWB 46/2016.

       [8]

      Vgl. dazu Schwartz Tax Compliance, IDW, S. 55.

       [9]

      Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung vom 28.4.2011 (BGBl I 2011 S. 676).

       [10]

      Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 22.12.2014 (BGBl I 2014 S. 2415).

       [11]

      Welling IWB 17/2016, 630.

       [12]

      Sell, ifst-Schrift 513, „Was kann ein Tax Compliance Management System leisten?“, S. 31.

       [13]

      Siehe www.bundesfinanzministerium.de, Fragen und Antworten zum Abschluss des BEPS-Projekts, abgerufen am 14.5.2017.

       [14]

      Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amsthilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und –verlagerungen vom 23.12.2016 (BEPS-Umsetzungsgesetz; BGBl I 2016 S. 3000).

       [15]

      Vgl.