von Risiken für Unternehmen und Personen, die sich durch einen gewollten oder einfach ereigneten Verstoß gegen steuerliche Vorschriften ergeben können, allen voran der Vorwurf einer Steuerhinterziehung oder Steuerordnungswidrigkeit. Um dieses Risiko ermessen und angemessen darauf reagieren zu können, müssen die Abläufe in der Finanzverwaltung, insbesondere in der Steuerfahndung bekannt sein. Die nachfolgenden Ausführungen, die eine gewisse professionelle Deformation durch eine langjährige Tätigkeit an verantwortlicher Stelle in der Steuerfahndung nicht verbergen können, sollen einen Einblick geben über Informationswege und Arbeitsweise dieses staatlichen Instruments zum Zwecke der Steuergerechtigkeit[1] geben.
Teil 1 Tax Compliance und Unternehmen › 8. Kapitel Ermittlungsmethoden und -kompetenzen von Steuerfahndung und Betriebsprüfung und daraus resultierende Risiken › I. Aufgaben und Befugnisse der Prüfungsdienste
I. Aufgaben und Befugnisse der Prüfungsdienste
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Die Finanzverwaltung dürfte diejenige Organisation sein, die die im Wirtschaftsleben tätigen Einheiten am intensivsten überprüft. Sie unterhält dazu eine Reihe von Prüfungsdiensten mit unterschiedlichen Aufgaben und Befugnissen. Es handelt sich um die vier unterschiedlichen Prüfungsdienste:
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Lohnsteueraußenprüfung, die den Lohnsteuerabzug durch die Arbeitgeber prüft, der mit Ausnahme von hauswirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnissen alle Arbeitgeber lückenlos und durchgehend unterworfen sein sollen. Die Lückenlosigkeit bezieht sich aber nur auf den zeitlichen Aspekt und bedeutet, dass alle Lohnsteuerabzugszeiträume im Anschluss geprüft werden sollten. Die zur Verfügung stehende Prüferkapazität bedingt gelegentlich Einschränkungen im Ziel der lückenlosen Prüfung.
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Umsatzsteuersonderprüfung hat die Prüfung der Umsatzversteuerung und des Vorsteuerabzugs durch die Unternehmen zum Gegenstand und tritt hauptsächlich dann auf den Plan, wenn bestimmte Risikomerkmale erkennbar werden, die entweder aus einem Risiko–Management–System der Finanzverwaltung herrühren oder aufgrund der Erfahrung der Sachbearbeiter und Prüfer als solche eingeschätzt werden. Ein starkes Risiko wird stets in der Geltendmachung hoher Vorsteuerüberschüsse oder hoher Sollminderungen aufgrund berichtigter Anmeldungen gesehen, die zu größeren Steuererstattungen und -vergütungen führen. Aufgrund des in Deutschland geltenden Systems der schnellen Auszahlung solcher Steuerüberhänge muss dann relativ zeitnah geprüft werden, häufig auch nur für bestimmte Voranmeldungszeiträume und nicht für ganze Jahre.
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Betriebsprüfungsdienst ist der dritte der regelmäßigen Prüfungsdienste, der intern unterteilt wird in Konzern- und Groß-Betriebsprüfung sowie in Bezirksbetriebsprüfung (auch als Mittel-BP bezeichnet) für mittlere, kleine und kleinste Unternehmen. Die Größenklassen werden durch Verwaltungsanweisung vorgegeben.[2] Organisatorisch ist die Groß- und Konzernbetriebsprüfung zumeist an zentralisierten Stellen oder Finanzämtern vorgesehen, während die Bezirksprüfungsstellen örtlich bei den einzelnen Finanzämtern angesiedelt sind. Konzerne werden lückenlos im Anschluss geprüft. Dasselbe Ziel wird auch bei Großbetrieben angestrebt, aber aus Kapazitätsgründen nicht immer erreicht. Hilfsweise können dann auch Großbetriebe von Prüfern der Bezirksbetriebsprüfungsstellen geprüft werden. Für mittelgroße, kleine und kleinste Betriebe gilt der sogenannte Prüfungsturnus, der sich rein statistisch ergibt aus der Zahl der zu prüfenden Betriebe und der Zahl der mit der vorhandenen Prüferkapazität durchzuführenden Prüfungen. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit mussten Mittelbetriebe statistisch ungefähr mit einer Prüfung im Jahrzehnt rechnen, während dies für Kleinbetriebe schon mal zwei bis drei Jahrzehnte und für Kleinstbetriebe auch mal über 5 Jahrzehnte dauern konnte. Die Prüfungspläne, aus denen sich die tatsächlich durchzuführenden Prüfungen ergeben, werden anhand von Erfahrungen der Sachgebietsleiter und mit Hilfe verschiedener Risiko – Management – Systeme erstellt, die eigentlich von der Statistik des Prüfungsturnus unbeeinflusst sind, so dass auch ein kleiner Betrieb durchaus deutlich öfter (bis hin zur Anschlussprüfung) geprüft werden kann. Die Prüfungen erstrecken sich in der Regel auf drei bereits veranlagte Besteuerungszeiträume und können daher erst nach Abgabe der betreffenden Steuererklärungen ansetzen. Dadurch ergibt sich eine gewisse zeitliche Verzögerung von der Steuerentstehung bis zum Prüfungsbeginn, die gerne mal zwei bis drei Jahre oder noch länger dauern kann.
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Steuerfahndung ist der Prüfungsdienst, der ausschließlich anlassbezogen tätig wird und zwar grundsätzlich im Zusammenhang mit Anhaltspunkten für die planwidrige Reduzierung von Steuer. Das wird insgesamt hauptsächlich durch Steuerverkürzungen (vorsätzlich oder leichtfertig) eintreten, kann aber auch andere Ursache haben, die rein verwaltungsmäßig im Besteuerungsverfahren bereinigt werden müssen. Sicherlich ist die Steuerfahndung nicht ausschließlich steuerstrafrechtlich unterwegs, was sich bereits daraus ergibt, dass von den drei in § 208 Abs. 1 S. 1 AO der Steuerfahndung zugewiesenen Aufgaben nur die Nr. 1 eine strafrechtliche Aufgabe betrifft, während Nr. 2 und Nr. 3 eindeutig in den steuerlichen Aufgabenbereich einzuordnen sind.
1. Betriebsprüfung
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Die Rechtsgrundlagen der steuerlichen Außenprüfung sind in §§ 193–207 AO geregelt, die im Übrigen für alle Prüfungsdienste gelten. Es handelt sich dabei um reine Verwaltungsaufgaben zur Ermittlung des für die Besteuerung maßgebenden Sachverhaltes.
a) Aufgaben der steuerlichen Betriebsprüfung aus der Abgabenordnung
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Der Betriebsprüfung unterliegen zum einen die in § 193 Abs. 1 AO aufgeführten Steuerpflichtigen: das sind Steuerpflichtige, die einen Gewinn (§§ 4–7k EStG) ermitteln müssen (im Gegensatz zu den Überschusseinkünften nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG) sowie die sog. Einkommensmillionäre. Das sind im Einzelnen:
a) | Steuerpflichtige, die den Gewinn für ihren Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) ermitteln müssen; |
b) | Steuerpflichtige, die einen Gewinn für ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (§§ 13, 13a EStG) ermitteln müssen; |
c) | Steuerpflichtige, die den Gewinn für ihre Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) ermitteln müssen; |
d) | Personenkreis nach § 147a AO mit besonderen Aufbewahrungspflichten für Privatpersonen, die es ermöglichen sollen, die Einkünfte von Steuerpflichtigen mit positiven Einkünften von mehr als 500 000 EUR im Kalenderjahr durch eine Betriebsprüfung (ohne Betrieb) zu prüfen. Der allgemein eingebürgerte Begriff der Einkommensmillionäre stammt noch aus der DM–Zeit. |
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Darüber hinaus können nach § 193 Abs. 2 AO geprüft werden
e) | die Einbehaltungs- und Abführungsverpflichteten, die Steuer für Rechnung eines anderen zu entrichten oder einzubehalten und abzuführen haben (z.B. Arbeitgeber für Lohnsteuer, Banken für Kapitalertragsteuer) |
f) |
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