ist. Der erforderliche Aufwand wird in der Vereinbarung und nachfolgend dem nationalen Gesetz ausführlich beschrieben.
178
Der sachliche Umfang der automatisiert weiterzugebenden Informationen ergibt sich ebenfalls aus dem FKAustG[77] und umfasst nicht nur die Kontostände am Ende der jeweiligen Kalenderjahre, sondern auch die letztmaligen Kontostände bei Kontenauflösung, der Gesamtbruttobetrag der Zinsen, Dividenden und anderer Einkünfte des auf einem Verwahrkonto befindlichen Vermögens sowie auch die Gesamtbruttoerlöse aus der Veräußerung oder dem Rückkauf von Vermögensgegenständen, die während des Meldezeitraums auf das Konto eingezahlt oder dem Konto gutgeschrieben wurden (Aufzählung nicht abschließend).
179
Die Umsetzung der Mehrseitigen Vereinbarung vom 29.10.2015 geschieht in einem ehrgeizigen Zeitfenster, wodurch sich verhältnismäßig kurze Fristen ergaben und noch ergeben:
– | Mit Stichtag vom 31.12.2015 mussten Finanzinstitute den vorhandenen „Altbestand“ ihrer Konten erfassen und die steuerliche Ansässigkeit aller ausländischen Kontoinhaber, die natürliche Personen sind, ermitteln. |
– | Ab 1.1.2016 müssen die Finanzinstitute bei allen Neukunden, die nach diesem Datum ein Konto eröffnen, deren steuerliche Ansässigkeit ermitteln. |
– | Bis 1.6.2017 müssen die Erträge des Jahres 2016 an das BZSt gemeldet werden, damit im September 2017 die erste Datenlieferung an die anderen Vertragsstaaten erfolgen kann. |
– | Die verpflichteten Institute müssen sich bereits in 2016 beim BZSt, das die Datenübermittlung ins Ausland übernommen hat, registrieren lassen. |
180
Zum Stand der praktischen Umsetzung des Verfahrens im BZSt war im November 2016 noch nichts bekannt. Es ist damit zu rechnen, dass der ehrgeizige Zeitplan nur mit leichten Verzögerungen umgesetzt werden kann.
Teil 1 Tax Compliance und Unternehmen › 8. Kapitel Ermittlungsmethoden und -kompetenzen von Steuerfahndung und Betriebsprüfung und daraus resultierende Risiken › IV. Arbeitsweise der Steuerfahndung
1. Legalitätsprinzip und Kapazitätsprinzip
181
Steuerhinterziehung ist einerseits ein Massendelikt, das allmählich seine Geringschätzung als Kavaliersdelikt verliert. In der Gesellschaft setzt sich die Einsicht der Sozialschädlichkeit von Steuerhinterziehung (zumindest bei den „Anderen“ und den „Großen“) immer mehr durch, obwohl auch viele „Kleine“ gerne bei der Steuer mogeln, wie das Vergehen gerne beschönigt wird. Andererseits unterliegt die Steuerfahndung über das rechtsstaatliche Legalitätsprinzip einem Verfolgungszwang, § 152 Abs. 2 StPO. Es müsste in jedem Fall, in dem sich der Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung zeigt, das Steuerstrafverfahren eingeleitet und Ermittlungen aufgenommen werden.
182
Angesichts der Vielzahl von Eingängen im Alltag einer Steuerfahndungsstelle[78] oder eines Finanzamtes für Steuerstrafsachen[79] ist die Ermittlungsbehörde regelmäßig gar nicht in der Lage, diesem Ermittlungszwang nachzukommen. Der Ausweg wird in Bagatellgrenzen gesucht, unterhalb derer keine Ermittlungen aufgenommen werden. Mit dem Legalitätsprinzip sind diese nicht zu vereinbaren, selbst wenn auch strenge Vertreter des Legalitätsprinzips grundsätzlich die Notwendigkeit solcher Bagatellgrenzen anerkennen. Immerhin gibt ja auch das Gesetz in § 398 AO die Möglichkeit einer Einstellung wegen Geringfügigkeit vor, allerdings nur durch die Staatsanwaltschaft oder Bußgeld- und Strafsachenstelle. Die Steuerfahndung müsste jedenfalls vorher erst einmal einleiten, damit anschließend nach § 398 AO eingestellt werden kann. Das wird in der Praxis anders gelebt.
183
Das bedeutet für die in der Steuerfahndung verantwortlich handelnden Personen, dass sie sich immer im Zwiespalt befinden zwischen einer Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) einerseits und andererseits der Notwendigkeit, ihre Stelle handlungsfähig zu halten für die größeren Fälle. Dieses Problem wird von den für die personelle Ausstattung der Finanzverwaltung verantwortlichen Mittel- und Oberbehörden letztendlich gerne den „Frontschweinen“ in den Steuerfahndungsstellen und Strafsachenfinanzämtern überlassen, die sich „irgendwie“ durchmogeln müssen. Der Einsicht der Staatsanwaltschaften in diese missliche Situation scheint es zu verdanken zu sein, dass es kaum Verfahren wegen Strafvereitelung im Amt nach § 258a StGB gegen Steuerfahndungssachgebietsleiter und Vorsteher gibt.
a) Vorfeld-, Vorermittlungen und Verfahrenseinleitung
184
Im Vorfeld des Strafverfahrens und im eingeleiteten Strafverfahren sind verschiedene Phasen zu unterscheiden:
a) | Vorfeldermittlungen nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO sind rein steuerliche Ermittlungen zur Aufdeckung unbekannter Steuerfälle (unbekannte Steuerpflichtige oder unbekannte Sachverhalte). Es kommen auch nur die steuerlichen Ermittlungsinstrumente nach der AO zum Einsatz. Ziel der Ermittlungen ist festzustellen, ob ein irgendwie geartetes steuerliches Risiko besteht, das nicht unbedingt ein steuerstrafrechtliches sein muss. |
Beispiel:
In einem Steuerstrafverfahren gegen einen Gastwirt wurde festgestellt, dass der Großhändler dem Wirt Ware sowohl auf Rechnung wie gegen Barzahlung verkauft hat. Subjektiv ging der Gastwirt davon aus, dass die bar bezahlten Waren nicht ohne weiteres nachvollziehbar sind, weil er die Barausgaben in seiner Buchführung nicht erfasst hat. Das hat seine Bereitschaft zur Verkürzung von Einnahmen gesteigert. Wenn sich herausstellt, dass der Großhändler dieses Geschäftsmodell bei weiteren Gastwirten ebenso gehandhabt hat, könnte das ein gesteigertes steuerliches Risiko zur Folge haben, das es abzustellen gilt. Steuerliche Ermittlungen gegen den Großhandel können dazu beitragen, bezüglich dieses Risikos Klarheit zu gewinnen.
185
b) | Vorermittlungen (oder Verdachtsprüfung) dient der Entscheidungsfindung, ob ein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegt. Vermutungen oder kriminalistische Hypothesen allein genügen nicht. Ein gewisses Maß an Konkretisierung durch Tatsachen ist daher zu fordern für die Annahme eines Anfangsverdachtes, dessen Schwelle aber nicht sehr hoch liegt. Die sog. Verdachtsprüfung sucht und bewertet mögliche tatsächliche Anhaltspunkte im Hinblick auf einen Anfangsverdacht bei gegebenem Sachverhalt. Methodisch unterscheidet sich die Verdachtsprüfung kaum von den Vorfeldermittlungen, geht allerdings regelmäßig zielgerichteter vor. Auch der Grad der Geheimhaltung wird häufig höher sein, wenn das Verfahren noch erfolgreich geführt werden soll. Maßnahmen der Vorermittlung sind das Aktenstudium, Informationsanreicherung aus anderen Quellen (Datenbanken, Internet), aber auch konkrete Maßnahmen wie kurzfristige Observationen oder (verdeckte) Ermittlungen bei Dritten. |
186
Führt das Ergebnis der Verdachtsprüfung dazu, dass ein Anfangsverdacht bejaht werden muss, ist das Steuerstrafverfahren einzuleiten. Das geschieht formal und äußerlich durch die Fertigung eines Einleitungsvermerks,