Karl Richter

Kapitalmarkt Compliance


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      Interessenkonflikte in börsennotierten Gesellschaften stehen häufig in einem engen Zusammenhang mit der Unabhängigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern. Vorgaben zur Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder enthält das Aktiengesetz indes wenig. Lediglich § 100 Abs. 5 AktG bestimmt, dass kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften im Sinne des § 264d HGB ein unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat vorweisen müssen. Auch der Kodex enthält keine Definition des Wortes unabhängig, jedoch wird die Unabhängigkeit in mehreren Regelungen angesprochen. So enthält beispielsweise Ziff. 5.4.2 DCGK die Empfehlung, dass dem Aufsichtsrat stets eine nach seiner Einschätzung ausreichende Anzahl an unabhängigen Mitgliedern angehören sollen. Die am 7.2.2017 beschlossene Kodexänderung sieht vor, dass dabei die Eigentümerstruktur berücksichtigt werde. Weiterhin bestimmt Ziff. 5.4.2 DCGK Fälle, in denen ein Aufsichtsratsmitglied nicht mehr als unabhängig angesehen werden kann.

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      Die Unabhängigkeit eines Aufsichtsratsmitgliedes ist gem. Ziff. 5.4.2 S. 2 DCGK zu verneinen, wenn das jeweilige Aufsichtsratsmitglied in einer persönlichen oder einer geschäftlichen Beziehung zu der Gesellschaft, deren Organen, einem kontrollierenden Aktionär oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen steht, die einen wesentlichen und nicht nur vorübergehenden Interessenkonflikt begründen kann.

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      Weiterhin empfiehlt der Kodex in Ziff. 5.4.2 S. 3, dass dem Aufsichtsrat nicht mehr als zwei ehemalige Vorstandsmitglieder angehören sollen. Diese Empfehlung wird zusätzlich durch Ziff. 5.5.4 DCGK ergänzt. Hiernach dürfen Vorstandsmitglieder vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende ihrer Bestellung nicht Mitglied des Aufsichtsrates werden. Eine Ausnahme von dieser Regelung soll nur dann gemacht werden, wenn Aktionäre die mehr als 25 % der Stimmrechte der Gesellschaft halten, das neue Aufsichtsratsmitglied vorschlagen. Die Ausnahme basiert auf § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG und gibt insoweit nur die geltende Rechtslage wieder.

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      Die Brisanz und Aktualität von Interessenkonflikten bei Aufsichtsratsmitgliedern lässt sich anhand des Beispiels der Übernahme der Continental AG durch die Schaeffler Gruppe und die dabei aufgetretene Problematik der Mehrfachmandate von Aufsichtsratsmitgliedern veranschaulichen:

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