Karl Richter

Kapitalmarkt Compliance


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man diese Unterscheidung schon immer. Dabei ist noch zwischen Kapitalerhöhungen mit und ohne Bezugsrecht zu unterscheiden. Denn jede Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht stellt nunmehr eine öffentliche Platzierung dar. Im Zuge der Revision der Prospektrichtlinie, die zum 1.7.2012 in deutsches Recht umgesetzt wurde, wurde europaweit vereinheitlicht, dass jedes Bezugsangebot ein öffentliches Angebot im Sinne des Prospektrechts darstellt und damit eine öffentliche Platzierung im hier unterschiedenen Sinne.[1] Damit ist auch schon gesagt, wofür die Unterscheidung im Wesentlichen relevant ist, nämlich für die Prospektpflicht und für aus der Prospektpflicht folgende weitere Vorschriften.

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      Soweit der Emittent sich für ein Vorgehen im Wege eines öffentlichen Angebots entscheidet, bringt dies gem. § 3 Abs. 1 WpPG (Art. 3 Abs. 1 ProspektVO) grundsätzlich immer die Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts mit sich.

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      In einigen Fällen sieht das Gesetz jedoch Ausnahmen von der Prospektpflicht für öffentliche Angebote vor. So kann ein Prospekt vor allem in den Fällen des § 3 Abs. 2 S. 1 WpPG (Art. 1 Abs. 4 ProspektVO) entbehrlich sein. Wer sich entscheidet, auf Privatanleger zu verzichten und nur institutionelle Investoren anzusprechen, benötigt keinen Wertpapierprospekt (es sei denn, die Wertpapiere sollen zum Handel im regulierten Markt zugelassen werden). Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 WpPG (Art. 1 Abs. 4 lit. a) ProspektVO), nach dem ein Prospekt entbehrlich ist, wenn die Wertpapiere ausschließlich „qualifizierten Anlegern“ angeboten werden. Wer zu den „qualifizierten Anlegern“ zählt, ist in § 2 Nr. 6 WpPG (Art. 2 lit. e) ProspektVO) geregelt, der nach nunmehr geltender Gesetzeslage auf § 67 WpHG (§ 31a WpHG a.F.) und damit auf die Einteilung zwischen „professionellen“ und „privaten“ Kunden verweist. Damit werden die üblichen institutionellen Anleger als „qualifizierte Anleger“ erfasst. Aber auch kleine und mittlere Unternehmen sowie sogar (doch wiederum) Privatanleger können sich gem. § 67 Abs. 6 WpHG (§ 31a Abs. 7 WpHG a.F.) auf Antrag als „professionelle Kunden“ bei einer konkreten Bank einstufen lassen.

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      Die Regelung hat den Hintergrund, dass qualifizierte Anleger als weniger schutzbedürftig angesehen werden. Aus der Überlegung heraus, dass Privatanleger keine allzu hohen Geldsummen in einzelne Papiere investieren werden, wurden weitere Ausnahmetatbestände entwickelt. So ist ein Wertpapierprospekt entbehrlich, wenn die angebotenen Wertpapiere eine Mindeststückelung von 100 000 EUR aufweisen (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 WpPG) oder wenn das Angebot vorsieht, dass die Wertpapiere ab einem Mindestabnahmebetrag von 100 000 EUR erworben werden können (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 WpPG). Die genannten Schwellen bleiben auch nach Einführung der Prospektverordnung, die weitgehend am 21.7.2019 stattfindet, gem. Art. 1 Abs. 4 lit. d) ProspektVO für den Mindestabnahmebetrag bzw. gem. Art. 1 Abs. 4 lit. c) ProspektVO für die Mindeststückelung weiter bestehen, sodass sich hinsichtlich dieser bekannten Ausnahmen nichts ändern wird.

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      Eine weitere Ausnahme entbindet trotz Bestehens eines öffentlichen Angebots von der Prospektpflicht für den Fall, dass sich das Angebot in jedem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes an weniger als 150 nicht qualifizierte Anleger richtet (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WpPG; künftig Art. 1 Abs. 4 lit. b) ProspektVO). Die in verschiedenen Ländern angesprochenen Privatanleger werden nicht addiert. Selbst dann also, wenn sich das Angebot an 149 Deutsche, 149 Franzosen, 149 Spanier usw. richtet, besteht keine Prospektpflicht.

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      Schließlich entfällt die Prospektpflicht nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 WpPG für Emittenten, deren Aktien bereits zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind. Diese können Aktien mit einem Gesamtgegenwert von weniger als 5 Mio. EUR innerhalb von zwölf Monaten prospektfrei begeben, auch wenn diese öffentlich angeboten oder zum Handel im organisierten Mark zugelassen werden sollen.

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      Neben dem Fall des öffentlichen Angebots ist die Erstellung eines Wertpapierprospekts dann notwendig, wenn Wertpapiere zum Handel an einem organisierten bzw. geregelten Markt zugelassen werden sollen. Unter einem organisierten Markt ist gem. § 2 Nr. 16 WpPG (Art. 2 lit. j) ProspektVO) ein durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes Handelssystem zu verstehen, also etwa der Prime und General Standard der Frankfurter Wertpapierbörse. Praktisch relevant ist das zum Beispiel bei Aktien, die im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung nur an wenige Aktionäre ausgegeben wurden, so dass kein öffentliches Angebot vorlag und die danach aber, weil die Aktien des Unternehmens zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, prospektpflichtig zugelassen werden müssen. Auch hier greift insbesondere die Ausnahme nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 WpPG, es können also innerhalb von zwölf Monaten Aktien mit einem Verkaufspreis von weniger als 5 Mio. EUR prospektfrei zugelassen werden, wobei alle Nutzungen dieser Ausnahme, egal aus welchem Grund, innerhalb von zwölf Monaten zu addieren sind.

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