Prospektinhalts, ein bloßes blindes Vertrauen auf externe Berater ist nicht ausreichend.
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Allein die Prüfung des Prospekts durch die BaFin ist nicht geeignet, ein Verschulden der Prospektverantwortlichen auszuschließen.[17] Die BaFin trifft mit der Prospektbilligung keine Aussage über die Richtigkeit des Prospekts. Auch wenn die BaFin in der Aufsichtspraxis in ihrem Prüfungsumfang und -maßstab deutlich weiter geht als viele andere europäische Aufsichtsbehörden, so prüft sie doch letztlich nur die Kongruenz und Verständlichkeit des Prospekts sowie dessen Vollständigkeit mit Blick auf die Anforderungen der EU-Prospektverordnung.[18] Hingegen steigt die BaFin nicht in eine weitergehende Prüfung der Unternehmensverhältnisse ein.
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Werden die vorstehenden Grundsätze beachtet, ist es unseres Erachtens in vielen Fällen möglich, eine Haftung des Emittenten für den Prospekt auszuschließen. Die relativ geringe Zahl der Fälle in denen für Wertpapierprospekte erfolgreich Prospekthaftungsklagen durchgesetzt werden spricht hier für sich. Demgemäß ist die Auffassung abzulehnen, dass den Emittenten der Entlastungsbeweis nach § 23 Abs. 1 WpPG nur in der Theorie und nicht in der Praxis zustehen würde.[19]
3. Kommunikationen und Marktsondierung in der Planungs- und Vorbereitungsphase
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Ab dem Zeitpunkt, zu dem entschieden wird, dass in absehbarer Zeit (was durchaus mehrere Monate, auch ein Jahr, entfernt sein kann) eine Emission durchgeführt werden soll, sind in der Kommunikation bestimmte Sorgfaltspflichten zu beachten, um nachteilige Auswirkungen auf den Emittenten und/oder die Emission zu vermeiden. Die Frage welche Vorgaben für die Kommunikation im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Aktienplatzierung gelten und welche organisatorischen Maßnahmen sich hieraus ergeben, ist maßgeblich danach zu unterscheiden, ob ein öffentliches Angebot vorliegt oder nicht und ob eine Prospektpflicht besteht.
a) Kommunikation bezogen auf das Angebot in der Vorbereitungsphase
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Besondere Sorgfalt ist in Bezug auf jegliche Kommunikation betreffend die bevorstehende Maßnahme geboten. Dies liegt einmal in rein praktischen Erwägungen begründet: Wird die beabsichtigte Maßnahme (Börsengang oder Kapitalerhöhung) zu früh bekannt, kann sich das eventuell negativ auswirken. So könnte z.B. eine so früh angekündigte Kapitalerhöhung dazu führen, dass der Aktienkurs eines bereits notierten Emittenten stark sinkt, etwa weil bestimmte Investoren auf fallende Kurse setzen. Dies hat dann zur Folge, dass tatsächlich häufig ein Platzierungspreis niedriger als geplant akzeptiert werden muss, weil Investoren bei der Festlegung des Platzierungspreises auch den jeweils aktuellen Börsenkurs zumindest mitberücksichtigen. Teilweise gibt es in der Praxis richtiggehende „Wetten“ gegen den Kurs bei einer Kapitalmaßnahme, um diesen nach unten zu drücken. Auch kann sich nach einer zu frühen Ankündigung eines Börsengangs oder einer Kapitalerhöhung ergeben, dass zunächst angegebene zeitliche Vorstellungen nicht eingehalten werden können. Dies verbreitet den Eindruck, der Emittent sei unzuverlässig und halte seine Zusagen nicht, was wiederum negative Auswirkungen auf die konkrete Maßnahme haben kann. Da ein entsprechendes Projekt immer auch mit einem gewissen Maß an Unwägbarkeiten verbunden ist, sollte erst in einem Stadium, in dem der Zeitplan relativ stark gesichert ist, über die konkrete Maßnahme aktiv Kommunikation betrieben werden.
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Daneben sind rechtliche Aspekte zu beachten, die nachfolgend näher dargestellt werden. In der Praxis ist daher ein enges Zusammenspiel zwischen den für Marketing und Kommunikation zuständigen Personen und dem begleitenden rechtlichen Berater notwendig, um einerseits eine zielführende Vermarktung zu ermöglichen, aber andererseits die hierbei bestehenden rechtlichen Grenzen einzuhalten.
aa) Kommunikation im Rahmen von Privatplatzierungen in der Vorbereitungsphase
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Die stärksten Kommunikationsbeschränkungen bezogen auf Angaben zum Angebot bestehen bei einer Privatplatzierung. Wie oben[20] dargestellt, besteht der Grund für die Prospektfreiheit darin, dass kein öffentliches Angebot vorliegt. Das bedeutet, dass während der gesamten Emission, beginnend mit der ersten Planung und Vorbereitung, der Tatbestand des öffentlichen Angebotes vermieden werden muss. Es muss daher im Rahmen sämtlicher Kommunikation mit potentiellen Anlegern im Vorfeld der Emission darauf geachtet werden, dass die Eckdaten des Angebots, die eine Kaufentscheidung ermöglichen, nicht an die Öffentlichkeit geraten.
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Das bedeutet zwar nicht, dass die Emission völlig geheim bleiben muss, es ist aber darauf zu achten, dass die für eine Kaufentscheidung relevanten Informationen, wie etwa Preis, Art der beabsichtigten Maßnahme, Emissionsvolumen usw., nicht durch Mitarbeiter des Unternehmens oder eventuell beauftragte Marketingagenturen oder sonstige Beteiligte nach außen kommuniziert werden. Zulässig bleiben hingegen öffentliche Kommunikationsmaßnahmen über das Unternehmen an sich, etwa über die Geschäftstätigkeit oder über finanzielle Eckdaten. Wird die geplante Maßnahme auf einer Roadshow präsentiert, so ist darauf zu achten, dass ausschließlich dem Emittenten oder der begleitenden Bank bekannte Investoren teilnehmen.
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Zu beachten ist im Rahmen einer Privatplatzierung, dass eine Haftung des Emittenten nach den Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung für Marketingunterlagen eingreifen kann.[21] Nach wie vor ist ungeklärt, welche Unterlagen einer solchen Haftung unterliegen.[22] In der Literatur ist überwiegend anerkannt, dass kurze Anzeigen, Radiospots, Flyer und ähnliches keine Prospekte im Sinne der bürgerlich rechtlichen Prospekthaftung sind wenn diese – wie üblich – erkennbar nicht umfassend informieren.[23]
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Es lässt sich aber festhalten, dass bei allen Unterlagen, die Angaben enthalten, welche Grundlage einer Anlageentscheidung sein können, zumindest nach unserer praktischen Erfahrung ein Risiko besteht, dass ein Gericht diese im Rahmen eines Prozesses etwa wegen fehlerhafter Ad-hoc-Publizität oder Prospekthaftung nach dem WpPG im Rahmen der Auslegung, Beweislast etc. entsprechend würdigt. Daher gilt im Rahmen einer Privatplatzierung, dass bei der Erstellung von Marketingunterlagen darauf zu achten ist, den potentiellen Investor mit den Unterlagen auf angemessene Weise informieren, d.h. wenn eine Information über das Unternehmen in umfassender Weise, etwa in einer Präsentation, erfolgt, wesentliche Umstände nicht zu verschweigen, nur zutreffende und nicht irreführende Angaben aufzunehmen und eine ausgewogene Darstellung der Chancen und Risiken zu wählen sowie die sonstigen Anforderungen der Rechtsprechung zu erfüllen.[24]
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine persönliche Haftung von Vorständen auch für lediglich fahrlässig fehlerhafte Informationen und Aussagen im Rahmen einer Roadshow bei einer Privatplatzierung möglich. Wenn der Vorstand den Anlegern wie üblich in der Roadshow Auskünfte erteilt, kommt eine Haftung nach den Grundsätzen der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens in Betracht.[25] Die Rechtsprechung eröffnet im Rahmen von Privatplatzierungen ein Einfallstor, das über den Maßstab der gesetzlichen Prospekthaftung hinausgeht. Allerdings hat das OLG Stuttgart zuletzt hohe Anforderungen an die Begründung einer solchen vorvertraglichen Haftung bei Gesprächen über eine künftige Unternehmensbeteiligung gestellt.[26] Nach Auffassung des Gerichts ist eine solche Haftung nur dann zu begründen, wenn das vom Werbenden beanspruchte Vertrauen im Rahmen der Gesprächsführung der Übernahme einer Garantie für die tatsächliche Erfüllung des möglichen Rechtsgeschäfts gleicht, oder sich aus anderen Gründen eine Garantenstellung des Werbenden herleiten lässt.[27] Ist man mit den typischen Verhältnissen von Roadshows vertraut, bei denen Investoren in vielen Fällen den Vorstand für maximal 30 Minuten sprechen, so erscheint es fernliegend anzunehmen, ein professioneller Investor vertraue dem Vorstand aufgrund dieser kurzen Begegnung so sehr, dass eine entsprechende