Karl Richter

Kapitalmarkt Compliance


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rechtsfreier Raum ist jedoch auch hier nicht gegeben. Vielmehr gelten die Grundsätze der allgemeinen Prospekthaftung für Werbematerialien[30] hier gleichermaßen. Anerkannt ist allerdings, dass eine allgemeine Prospekthaftung für Bezugsangebote nicht in Betracht kommt.[31] Die immer wieder zu beobachtende Tendenz, Bezugsangebote mit umfassenden Risikohinweisen auszustatten, wirkt daher manchmal etwas befremdlich und kann auch das Gegenteil dessen was beabsichtigt ist bewirken – fängt man nämlich einmal an auf spezifische Risiken hinzuweisen, kann dann doch der Eindruck entstehen, es handele sich um eine umfassende Darstellung, was zu einer Haftung führen kann.

b) Insbesondere: Zukunftsgerichtete Informationen

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      Besonders sensibel ist stets die Kommunikation über zukunftsgerichtete Angaben bezogen auf den Emittenten.

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      So ist zum einen zu bedenken, dass alle in die Zukunft gerichteten Aussagen dem Emittenten entgegengehalten werden können, wenn er später hiervon abweichende Aussagen tätigt. Finden sich z.B. im Lagebericht Prognosen über die erwartete Umsatz- und Ergebnisentwicklung für das nächste Jahr und kommuniziert der Emittent im Rahmen des Pre-Marketing andere Werte, so wird sich der potenzielle Investor fragen, woran dies liegt. Daneben entsteht auch möglicherweise die Pflicht, dies sofort als Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen. Solche Abweichungen können sich – sofern hierfür keine überzeugende Begründung vorliegt – im Rahmen der Vermarktung negativ auswirken, weil der Emittent dann als unzuverlässig eingestuft wird.

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      Darüber hinaus spielt der Umgang mit Prognosen und Schätzungen eine erhebliche Rolle im Zusammenhang mit dem Wertpapierprospekt. Die Aufnahme solcher Werte ist potenziell haftungsrelevant, denn es handelt sich nicht um Fakten, deren Existenz der Emittent im Streitfall nachweisen kann, sondern um zukunftsbezogene Wertungen und Erwartungen. Treten diese nicht ein, so wird ein Emittent sich im Haftungsstreit gegen den Vorwurf verteidigen müssen, seine Prognose hätte er so nicht abgeben dürfen, denn aus der ex post Sicht war sie ja unzutreffend. Daher muss der Emittent sich zur Vermeidung von Prospekthaftungsrisiken so organisieren, dass die Prognose sorgfältig aufgestellt, die evtl. zugrundeliegenden Annahmen transparent dargestellt und dieser Prüfprozess gut dokumentiert wird.

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      Als Grundsatz ist in diesen Richtlinien festgelegt: Die Gesellschaft sollte vor der Veröffentlichung eines Prospektes weder über ihre Internetseite noch über andere Medien Werbeaussagen für die anzubietenden Wertpapiere oder andere Aussagen, die als Bemühung um Kaufangebote durch Investoren angesehen werden könnten, verbreiten oder zugänglich machen, mit Ausnahme