Informationen im Hinblick auf das beabsichtigte Angebot, wie z.B. Informationen über den Verkaufspreis. Darüber hinaus sollten allgemeine Informationen über die Gesellschaft oder Informationen, die auf die beabsichtigte Ausgabe von Wertpapieren verweisen, nicht mit einem Angebot verbunden werden, weiter gehende Informationen über die Wertpapiere der Gesellschaft an interessierte Anleger zu versenden. Des Weiteren enthalten entsprechende Publizitäts-Richtlinien Hinweise auf Disclaimer-Formulierungen sowie dazu wann und wo diese bei Werbung, im Internet und auf Roadshow-Materialien einzusetzen sind. Auch die Grundsätze des § 15 WpPG (Art. 22 ProspektVO; vgl. dazu Rn. 75 ff.) werden beschrieben.
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Auf der anderen Seite geht das Vorgehen mancher Berater zu weit, wenn nämlich der Geschäftsleitung quasi ein Maulkorb auferlegt wird und jegliche schriftliche und mündliche Aussage über das Unternehmen nur nach vorheriger Prüfung durch die Rechtsberater in Wortlautübereinstimmung mit dem Prospekt getätigt werden kann. Die Leitlinien der Kommunikation sind abzustimmen, es muss aber nicht jedes Detail, das öffentlich geäußert wird, eins zu eins mit dem übereinstimmen, was später im Prospekt stehen soll. Der Prospekt muss nur die wesentlichen Informationen enthalten, Zusatzinformationen können erteilt werden, und ein verständiger Investor wird auch unterschiedliche Arten der Formulierungen ein und desselben Sachverhalts verstehen können und müssen.
4. Beschränkungen aus US-Recht
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Darüber hinaus gilt es bei Aktienemissionen in Deutschland, Beschränkungen zu beachten, die sich aus dem US-amerikanischen Recht ergeben. Das US-amerikanische Recht ist auch aus deutscher Sicht relevant, da es aus eigener Sicht nicht nur im Territorium der USA Anerkennung findet, sondern weltweit immer dann, sobald Personen oder Gesellschaften mit Sitz in den USA von dem öffentlichen Angebot betroffen sind.
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Regelungen betreffend das öffentliche Angebot oder sonstige Formen erstmaliger Begebung von Wertpapieren finden sich im US-amerikanischen Securities Act von 1933 („Securities Act“).
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Danach wird zwischen dem öffentlichen Angebot von Wertpapieren, das eine Registrierung und Genehmigung der Securities Exchange Commission (SEC) voraussetzt, und anderen Wertpapierangeboten, wie Privatplatzierungen, mit wesentlich niedrigeren Anforderungen unterschieden.
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Ein öffentliches Angebot stellt das Angebot oder der Verkauf von Wertpapieren an die allgemeine Öffentlichkeit entweder in den USA oder zumindest unter Einbezug so genannter US-Personen dar. Unter einer US-Person versteht man u.a. jede natürliche Person mit Sitz in den USA, jede Zweigstelle oder Niederlassung einer ausländischen Einheit in den USA, jede Partnerschaft oder Gesellschaft nach US-Recht oder mit Sitz in den USA einschließlich deren Zweigstellen außerhalb der USA und jeden Trust, bei dem einer der Treugeber eine US-Person nach den vorstehenden Regelungen ist.
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In der Emissionspraxis wird regelmäßig entweder eine Privatplatzierung nach US-Recht gem. Rule 144a vorgenommen (diese Regelung erlaubt eine Privatplatzierung in den USA unter vereinfachten Voraussetzungen) oder das öffentliche Angebot wird derart beschränkt, dass es sich weder auf das Territorium der USA noch auf US-Personen bezieht. Im letztgenannten Fall ist zu beachten, dass sämtliche Veröffentlichungen sich jeweils ausdrücklich nicht an US-Personen richten, sobald sie das öffentliche Angebot betreffen.
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Bevor ein Nutzer Zugriff auf den im Internet veröffentlichten Wertpapierprospekt erhält, sollte ein Filter mit einem dazu beigefügten Hinweis erscheinen und den Nutzer auffordern, Wohnsitz, Wohnort und PLZ anzugeben. Wenn der Nutzer eine deutsche Anschrift eingibt und zusätzlich die vorher inaktive Auswahl anklickt, dass er den Disclaimer gelesen habe und damit einverstanden sei, erhält er Zugriff auf den Wertpapierprospekt. Wenn der Nutzer eine andere oder unrichtige Adresse eingibt oder die Auswahl nicht aktiviert, erhält er keinen Zugriff. Die entsprechenden Vorgaben werden in den Publizitätsrichtlinien[40] aufgenommen.
5. Researchstudien und Research-Richtlinien
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Parallel zur Prospekterstellung wird in der Regel eine Unternehmensanalyse in Form einer Researchstudie durch einen oder mehrere Analysten erstellt (sog. Sell Side Research). Eine der Prospekthaftung vergleichbare Haftung gibt es für die Researchstudie zwar nicht,[41] sie gilt jedoch als wichtige Informationsquelle für (institutionelle) Investoren und aus Gründen der Reputation und Qualitätssicherung ist ein hoher Sorgfaltsmaßstab bei der Erstellung anzulegen zumal eine Haftung für Reserachstudien am ehesten wohl unter dem Gesichtspunkt der Beratungshaftung in Betracht kommt, wenn im Rahmen eines Beratungsgesprächs insbesondere eine Researchstudie aus dem eigenen Haus der platzierenden Bank ausgehändigt wird.[42] Durch das 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 30.6.2016 wurde § 34b WpHG mit Wirkung vom 2.7.2016 neu gefasst. Anknüpfungspunkte sind die Art. 3 und Art. 20 MAR. Unternehmen, die Anlagestrategieempfehlungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 34 oder Anlageempfehlungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 35 MAR erstellen oder verbreiten, trifft nunmehr eine Organisationspflicht dahingehend, dass Interessenkonflikte im Sinne des Art. 20 Abs. 1 MAR möglichst gering zu halten sind. Insbesondere müssen Unternehmen zur die Einhaltung der Verpflichtungen aus Art. 20 Abs. 1 MAR über angemessene Kontrollverfahren verfügen. Die nach Art. 20 Abs. 3 MAR von ESMA zu erarbeitenden Entwürfe technischer Durchführungsstandards zur Harmonisierung des Art. 20 MAR lassen sich im Final Report-Draft technical standards on the Market Abuse Regulation (ESMA/2015/1455), Annex XV vorfinden.[43] Durch Inkrafttreten des 2. Finanzmarktnovellierungsgesetzes[44] als nationalem Rechtsakt auf Grundlage von MiFID II ist das Wertpapierhandelsgesetz mit Wirkung zum 3.1.2018 gänzlich neu geordnet worden. Der bisherige § 34b WpHG findet sich nun in § 85 WpHG der neuen Gesetzesfassung wieder. Die Anknüpfung an die Normen der MAR bleibt indes bestehen.
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Die bisher im Rahmen des § 34b WpHG zu berücksichtigende Finanzanalyseverordnung wurde gem. Art. 25 Abs. 2 des 2. Finanzmarktnovellierungsgesetz gänzlich aufgehoben. Der bisherige Regelungsinhalt ergibt sich nunmehr unmittelbar aus der Delegierten VO (EU) 2016/958.[45] Besonders relevant ist die Offenlegung von möglichen Interessenkonflikten aus begleitenden Mandaten der Emissionsbanken. Dies umfasst etwa die Platzierungstätigkeit aber auch das Designated Sponsoring und sonstige Investment Banking Dienstleistungen. Des Weiteren ist im Rahmen von Aktienemissionen die Verpflichtung, die Finanzanalyse mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu erbringen von erheblicher Relevanz. Vergleiche zu den weiteren Anforderungen an Researchstudien die Ausführungen im 19. Kap.
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Sofern Researchstudien von den emissionsbegleitenden Banken gestellt werden – wie dies generell bei mittleren und größeren Transaktionen der Fall ist – werden sog. „Research-Richtlinien“ zur Einhaltung der notwendigen Compliance-Vorschriften zur Verfügung gestellt. Die Research-Richtlinien sehen vor, dass den Analysten Zugang zu Informationen nur erteilt wird, wenn sie diese Research-Guidelines zuvor durch eine entsprechende Erklärung akzeptieren.
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Inhaltlich werden zunächst die gesetzlichen Regelungen in den Research-Richtlinien dargestellt. Dies betrifft die Vorgabe aus § 85 WpHG (§ 34b WpHG a.F.) i.V.m. Art. 20 MAR. An dieser Stelle ist auch wieder das Konsistenzgebot in § 15 Abs. 4 WpPG (Art. 22 Abs. 4 ProspektVO)[46] von erheblicher Bedeutung. So behalten die Emittenten sich regelmäßig eine Prüfung des Research-Reports vor Veröffentlichung vor, um zu verhindern, dass dort wesentliche Informationen genannt werden, die von den Emittenten stammen und nicht im Prospekt in inhaltlich gleicher Form enthalten sind.[47] Insbesondere das Thema Prognosen spielt auch hier eine