Die erweiterte Sachaufklärungspflicht nach § 90 Abs. 2 gilt im Strafverfahren nicht, so dass aus der Verletzung der Beweisvorsorge- und Beweisbeschaffungspflicht als solcher keine negativen Schlüsse für den Beschuldigten gezogen werden dürfen.[182]
ee) Verstoß gegen Missbrauchs- und Umgehungsvorschriften
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Unrichtige oder unvollständige Angaben kann der Steuerpflichtige auch im Zusammenhang mit den allgemeinen Missbrauchsvorschriften der §§ 41, 42 bzw. speziellen Missbrauchsverboten in Einzelsteuergesetzen, wie insb. §§ 7 ff. AStG machen.
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Der Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 ist als solches nicht strafbar. Strafbar macht sich der Erklärungspflichtige allerdings, indem er den missbräuchlichen Sachverhalt vorsätzlich verschweigt, bzw. vorgibt, es handele sich um eine angemessene rechtliche Gestaltung (siehe dazu auch Vorbem. zu § 369 Rn. 52 ff.).[183] Gleiches gilt für Scheingeschäfte und Scheinhandlungen i.S.d. § 41, die nur dann strafbar sind, wenn über sie falsche oder unvollständige Angaben gemacht werden.[184] Voneinander abzugrenzen sind die beiden Normen dadurch, dass es sich bei Scheingeschäften gem. § 41 Abs. 2 um zivilrechtlich unwirksame Geschäfte handelt (§ 117 BGB), während § 42 eine zivilrechtlich wirksame, aber missbräuchliche Gestaltung voraussetzt. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung, ob die Beteiligten „zur Erreichung des erstrebten Erfolges ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft für erforderlich erachtet haben“.[185] Ein Scheingeschäft liegt demnach vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind. Dagegen wollen die Beteiligten bei einem nach § 42 zu beurteilenden Umgehungsgeschäft gerade den Eintritt der mit der Erklärung verbundenen Rechtsfolgen, um das angestrebte Ziel zu erreichen.[186] Tritt bspw. der Steuerpflichtige Vermögenswerte an seine Frau ab, damit sie ihm steuerlich nicht zugerechnet werden, so kommt die Anwendung des § 41 Abs. 2 nur in Betracht, wenn die Abtretung nicht tatsächlich durchgeführt wird, d.h. die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag nicht gezogen werden,[187] der Steuerpflichtige also auch nach der vermeintlichen Abtretung noch selbst über den Vermögenswert verfügt. Wird die Abtretung tatsächlich durchgeführt, kann u.U. ein Umgehungsgeschäft vorliegen. Ist der Anwendungsbereich einer der beiden Normen eröffnet, schließt das die Anwendung der jeweils anderen Norm aus.
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Schein- und Umgehungsgeschäfte werden häufig zwischen Ehegatten, Verwandten oder sonstigen sich nahestehenden Personen, wie z.B. Gesellschaftern einer Gesellschaft, abgeschlossen. Die Rspr. verlangt für die Wirksamkeit solcher Verträge unter sich nahe stehenden Personen, dass die zivilrechtliche Gestaltung klar und eindeutig ist und der tatsächliche Vollzug den rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen entspricht, um zu verhindern, dass unberechtigte Steuervorteile erschlichen werden.[188] Problematisch sind bspw. häufig zwischen Ehegatten abgeschlossene Anstellungsverträge[189] oder Wohnungsvermietungen von Eltern an ihre Kinder.[190]
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Greifen spezielle Missbrauchsvorschriften wie §§ 7 ff. AStG ein, wird dadurch ein Rückgriff auf § 42 nach der gesetzlichen Regelung nicht ausgeschlossen. § 42 Abs. 1 S. 2 und 3 in der aktuellen Fassung des JStG 2008 vom 20.12.2007[191] geben folgende Prüfungsreihenfolge vor: Ist der Tatbestand einer einschlägigen spezielleren Norm zur Verhinderung von Steuerumgehungen nicht erfüllt, ist danach das Vorliegen eines Missbrauchs nach § 42 Abs. 2 zu prüfen.[192] Bereits mit der Vorgängervorschrift des § 42 Abs. 2 in der Fassung des StÄndG 2001[193] hatte der Gesetzgeber erfolglos versucht, der Rspr. entgegen dem Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“ die Prüfung des allgemeineren § 42 vorzugeben, obwohl die einschlägige spezialgesetzliche Regelung die gewählte Gestaltung nicht verbietet. Die Gesetzesänderung hat im Ergebnis zu keiner Änderung der Rspr. geführt, wonach regelmäßig kein Missbrauch i.S.v. § 42 Abs. 2 vorliegt, wenn die Unangemessenheit einer Gestaltung allein in Tatumständen zu sehen ist, die zum Tatbestand des spezialgesetzlichen Umgehungsverbots gehören,[194] also z.B. die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG[195] auslösen. Über die Auslegung des § 42 Abs. 2 lässt sich dieses Ergebnis weiterhin beibehalten.[196] Handelt es sich bei dem Rechtsgeschäft um ein Scheingeschäft i.S.d. § 41, kommt es auf die Frage spezialgesetzlicher Umgehungsverbote, wie die Hinzurechnungsbesteuerung nach § 10 AStG,[197] ebenso wenig an, wie auf § 42, da der Anwendungsbereich des § 41 die Anwendung auch spezieller Umgehungsvorschriften ausschließt.
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Unwirksame Rechtsgeschäfte sind für die Besteuerung nach § 41 Abs. 1 maßgeblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dementspr. hat die steuerliche Erklärung in Abhängigkeit davon zu erfolgen, ob das Geschäft tatsächlich durchgeführt wird oder nicht.
(1) Scheingeschäfte und Scheinhandlungen gem. § 41 Abs. 2
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Scheingeschäfte und Scheinhandlungen gem. § 41 Abs. 2 AO sind für die Besteuerung unerheblich. Ein Scheingeschäft i.S.d. § 41 Abs. 2 liegt vor, wenn beide Parteien sich einig sind, dass die mit den Willenserklärungen an sich verbundenen Rechtsfolgen tatsächlich nicht eintreten sollen und damit das Erklärte in Wirklichkeit nicht gewollt ist“.[198] Das gleiche gilt, wenn im Rahmen eines wirklich gewollten und vollzogenen Rechtsgeschäfts einzelne Merkmale vorgetäuscht werden, wie bspw. bei der Rückdatierung von Verträgen und bei Scheinabreden über die Gewinnverteilung einer Gesellschaft oder über die Höhe des vereinbarten Kaufpreises oder Arbeitslohns.[199] Praktisch häufig sind Verträge, mit denen Gehaltszahlungen verschleiert werden sollen, etwa indem der an Profisportler gezahlte Lohn (teilweise) als Zahlungen für Vermarktungsrechte deklariert wird, ohne dass es um die Vermarktung geht.[200] Als Scheinhandlung kommt bspw. die Begründung oder die Aufgabe eines Wohnsitzes in Betracht, um der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 EStG zu entgehen.[201]
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Die Beurteilung, ob ein Geschäft nur zum Schein abgeschlossen wurde, obliegt grundsätzlich dem Tatrichter, der sich im Strafprozess nicht auf Vermutungen berufen darf, sondern die gegenüber dem steuerlichen Verfahren strengeren Beweisregeln („in dubio pro reo“) zu beachten hat.[202] Dazu wird aus äußeren Tatsachen auf den Willen zum Abschluss eines Scheinvertrages zurück geschlossen.[203]
(2) Umgehungsgeschäfte gem. § 42
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Nach § 42 darf durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des Bürgerlichen Rechts die Steuerpflicht nicht umgangen oder gemindert werden. Die zur Steuerumgehung getroffene Vereinbarung ist regelmäßig zivilrechtlich wirksam und soll rechtlich und tatsächlich durchgeführt werden.
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Eine Umgehung i.S.d. § 42 liegt nach der Rspr. des BVerfG dann vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die – gemessen an dem erstrebten Ziel – unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.[204] Eine rechtliche Gestaltung ist demgemäß nicht allein deshalb unangemessen, weil sie einzig aus steuerlichen Beweggründen gewählt worden ist. Sie ist es aber dann, wenn verständige Parteien sie in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts, insb. des erstrebten wirtschaftlichen Ziels nicht wählen würden oder wenn durch einen ungewöhnlichen Weg ein steuerlicher Erfolg erreicht werden soll, der bei sinnvoller, Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigender Auslegung des Gesetzes missbilligt wird.[205]