Johannes Franciscus Corsten

Steuerstrafrecht


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wenn eine Absprache zwischen Veräußerer und Erwerber nachgewiesen werden kann oder der Erwerber sonst erkannt hat, dass auf die erworbene Dividenden(ausgleichs)zahlung keine Kapitalertragsteuer abgeführt worden ist. Eine erste strafrechtliche Verurteilung von in Cum-Ex-Geschäfte eingebundenen Aktienhändlern ist am 18.3.2020 durch das LG Bonn erfolgt.[280] Weitere Anklagen sind u.a. zum LG Frankfurt zum Az. 24 KLs 17/19 und zum LG Wiesbaden zum Az. 6 KLs, 1111 Js 27125/12 erfolgt. Eine weitere Variante sind sog. Cum-Cum-Dividende-Geschäfte oder Cum-Cum-Geschäfte, bei denen in der Regel ausländische Aktionäre von deutschen Unternehmen, zur Vermeidung der Kapitalertragsteuer, ihre Aktien zum Dividendenstichtag an einen in Deutschland ansässigen Finanzdienstleister verleihen, der bzgl. der Kapitalertragsteuer einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Fiskus hat. Kurz nach dem Dividendenstichtag werden die Aktien an den bisherigen ausländischen Aktionär zurück gegeben. Die Kursrisiken werden über diese Zeit abgesichert. Die Finanzverwaltung betrachtet solche Geschäfte als rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 42, wenn ein wirtschaftlich vernünftiger Grund für das Rechtsgeschäft fehlt und der Fall insgesamt eine steuerinduzierte Gestaltung (Steuerarbitrage) aufweist.[281] Als Indizien in diesem Sinne werden gewertet, der Ausschluss des Stimmrechts des Entleihers/Erwerbers sowie der Ausschluss des Risikos von Kursschwankungen für den Entleiher/Erwerber. Das Hessische FG hat zu einer Gestaltung, bei der dem Erwerber von über den Dividendenstichtag übertragenen Aktien aufgrund der vertraglichen Gestaltung an den Aktien lediglich eine „leere Eigentumshülle“ verschafft worden war, entschieden, dass der veräußernde ausländische Aktieninhaber wirtschaftlicher Eigentümer und damit Anteilseigner geblieben sei. Ihm seien daher die Dividendenerträge zuzurechnen, die zum Kapitalertragsteuerabzug berechtigten. Darüber hinaus seien die Geschäfte von vornherein darauf angelegt gewesen, dem ursprünglichen Aktieninhaber die Erträge aus den Aktien im wirtschaftlichen Sinne zukommen zu lassen, mit der Folge, dass auch ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zu bejahen sei.[282]

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      Nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

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      Adressat steuerlicher Pflichten sind Steuerpflichtige i.S.d. § 33 Abs. 1. An diese richten sich auch die in den Steuergesetzen geregelten Erklärungspflichten. Nach § 33 AO ist steuerpfl. grundsätzlich derjenige, der

eine Steuer schuldet, d.h. derjenige, der verpflichtet ist, die Steuer für eigene Rechnung selbst zu entrichten, oder für dessen Rechnung ein anderer die Steuer zu entrichten hat, § 43 AO (z.B. ist nach § 38 Abs. 2 EStG der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer, bzgl. der pauschalen Lohnsteuer nach §§ 40 bis 40b EStG der Arbeitgeber, § 40 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 EStG);
eine Steuer für Rechnung eines anderen einzubehalten und abzuführen hat (etwa nach §§ 38 ff. EStG: Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer durch den Arbeitgeber, §§ 43 ff. EStG: Steuerabzug bei Kapitalerträgen, § 48 ff. EStG: Steuerabzug bei Bauleistungen);
eine Steuererklärung abzugeben hat (z.B. gem. § 25 Abs. 3 EStG i.V.m. § 56 EStDV; § 14a GewStG i.V.m. § 25 GewStDV; § 18 Abs. 1 UStG; § 31 ErbStG);
Sicherheit zu leisten hat (z.B. im Rahmen der Stundung gem. § 222 und des Zahlungsaufschubs gem. § 223);
Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat (z.B. gem. §§ 141 ff.);
andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat.

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      Zur steuerlichen Verantwortung von faktischen und eingetragenen Organen sowie Strohmännern und Hintermännern, s. Rn. 32 ff.