Markus Stier

Einmaleins der Entgeltabrechnung 2022, ePub


Скачать книгу

auf Mindestlohn – letztendlich eine logische Schlussfolgerung, denn ein ehrenamtlich Tätiger ohne Entgelt kann keinen Anspruch auf einen Mindestlohn geltend machen. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie noch keine Berufsausbildung abgeschlossen haben. Praktikanten werden dagegen umfangreicher im Mindestlohngesetz geregelt. Grundsätzlich will der Gesetzgeber einen Missbrauch von Praktikanten verhindern, deshalb spricht er ihnen auch den gesetzlichen Mindestlohn zu. Allerdings mit Ausnahmen:

       Pflichtpraktika und

       Orientierungspraktika/begleitende Praktika von bis zu drei Monaten sind vom Mindestlohn ausgeschlossen.

       Ebenfalls vom Mindestlohn ausgeschlossen sind sog. begleitende Praktika, wenn bei dem gleichen Arbeitgeber nicht bereits vorher ein solches Praktikumsverhältnis bestand.

       Letzte Ausnahme bei den Praktikanten sind Praktika in den Fällen des § 54 SGB III (sog. Einstiegsqualifizierungen) oder Praktika in den Fällen der §§ 68 bis 70 Berufsbildungsgesetz (sog. Berufsausbildungsvorbereitung).

      Tipp

      Arbeitgeber sollten ihre firmeninternen Regelungen zum Thema Praktikanten überprüfen, denn nicht überall, wo Praktikant draufsteht, steht auch wirklich ein Praktikum dahinter!

      Langzeitarbeitslose erhalten in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung keinen Mindestlohn. Danach haben sie Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Die Regelung soll eine verbesserte Möglichkeit zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt ermöglichen.

      Eine weitere besondere Gruppe im Mindestlohngesetz ist die der Zeitungszusteller. Für diese gilt der Mindestlohn im Rahmen einer stufenweisen Anpassung. Somit erhalten Zeitungszusteller:

       ab dem 01.01.2015 75 % des Mindestlohns (6,38 €),

       ab dem 01.01.2016 85 % (7,23 €) und

       ab dem 01.01.2017 den Mindestlohn in Höhe von 8,50 € und

       seit dem 01.01.2018 den gesetzlichen Mindestlohn nach Beschluss der Mindestlohnkommission (seit dem 01.01.2021 in Höhe von 9,50 €).

      Wichtig

      Dabei ist zu beachten, dass die Erhöhung des Mindestlohns zum 01.01.2017 für die Gruppe der Zeitungszusteller tatsächlich erst ab dem 01.01.2018 zur Anwendung gekommen ist (siehe Kap. 1.3.2.).

      Im Mindestlohngesetz ist in § 24 neben der Sonderregelung für Zeitungszusteller eine Übergangsregelung für die Jahre 2015 bis Ende 2017 vorgesehen. Diese Übergangsregelung war für Tarifverträge anzuwenden, bei denen abweichend von der gesetzlichen Mindestlohnregelung eine Vereinbarung unter 8,84 € getroffen wurde. Diese abweichende Regelung für Tarifverträge und Vereinbarungen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) sieht seit dem 01.01.2017 eine Lohnuntergrenze von 8,50 € und seit dem 01.01.2018 den tatsächlichen Mindestlohn in Höhe von 8,84 € vor. Somit ist seit dem 01.01.2018 jedem Arbeitnehmer pro Zeitstunde der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen.

      Arbeitnehmer, die Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben, während dieser jedoch durch die Zahlung des verstetigten Arbeitseinkommens nicht erfüllt ist, können Überstunden auf ein Arbeitszeitkonto einstellen. Dieses Arbeitszeitkonto muss dann innerhalb von 12 Kalendermonaten nach der jeweiligen Erfassung durch bezahlte Freistellung oder Auszahlung der Überstunden ausgeglichen werden. Die eingestellte Arbeitszeit darf 50 % der vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.

      Wichtig

      Ein wichtiger Punkt im Mindestlohngesetz ist die Regelung zur Aufzeichnung der Arbeitszeit.

      Das Mindestlohngesetz verweist an dieser Stelle auf den § 2a des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und die darin genannten Arbeitnehmer. Zusätzlich werden aber auch die geringfügig Beschäftigten genannt, bei denen der Beginn, die Dauer und das Ende der täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet werden müssen. Diese Aufzeichnungen sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren und müssen spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages erfolgen. Für Entleiher, dem ein Verleiher eine/n oder mehrere Arbeitnehmerin/nen und Arbeitnehmer zur Verfügung stellt, gelten diese Regelungen parallel.

      Hinweis

      Arbeitgeber müssen nach der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoDokV) vom 29.07.2015 keine Arbeitszeiten mehr für ihre Arbeitnehmer aufzeichnen, wenn das regelmäßige Bruttoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers mehr als 2.000 € beträgt und das Entgelt jeweils für die letzten 12 Monate nachweisbar ausgezahlt wurde. Bisher mussten keine Arbeitszeiten aufgezeichnet werden, wenn das Bruttoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers mehr als 2.958 € betragen hat. Beide Regelungen bleiben parallel bestehen und können jeweils angewendet werden.

      Ein weiterer sehr wichtiger Punkt im Mindestlohngesetz ist die Bürgenhaftung. Der Gesetzgeber ahndet Verstöße mit sehr hohen Geldbußen von bis zu 500.000 €. Gemeint ist die Haftung des Auftraggebers von Werk- oder Dienstleistungen in dem Fall, dass ein Sub- oder Nachunternehmer oder aber auch ein von diesem beauftragtes Unternehmen seinen Arbeitnehmern im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung nicht den gesetzlichen Mindestlohn zahlt. Der Auftraggeber haftet in diesen Fällen wie ein Bürge für die Einhaltung der Mindestlohnregelungen für die Arbeitnehmer. Der Gesetzgeber verstärkt mit dieser Regelung die Wirksamkeit des Mindestlohns. In der Praxis wird sich noch herausstellen müssen, inwieweit die Auftraggeber vollumfänglich ihrer Kontrollpflicht nachkommen können.

      Aufgrund fehlender gesetzlicher Klarstellung hat die Bundesregierung in einer Antwort (BT-Drucksache 18/1558, Seite 84) auf die Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucksache 18/1558, Seite 74) auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14.04.2005 (Aktenzeichen C-341/02) und 07.11.2013 (Aktenzeichen C-522/12) verwiesen. Nach den beiden Urteilen sind Zulagen nur dann Bestandteil des Mindestlohns, wenn sie nicht das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der von ihm erhaltenen Gegenleistung verändern und somit ihrem Zweck nach die eigentliche Arbeitsleistung mit dem Mindestlohn entgelten sollen. Danach ist ein Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld nur dann anrechenbar, wenn es zum maßgeblichen Fälligkeitstermin des Mindestlohns gezahlt wird.

      Hinweis

      Werden Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vom Arbeitgeber über das Jahr verteilt und vorbehaltlos und unwiderruflich monatlich jeweils mit 1/12 gezahlt, sind diese Zahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar. Die Revision einer Arbeitnehmerin vor dem BAG blieb erfolglos. Das BAG hat mit Urteil vom 25.05.2016 (Aktenzeichen 5 AZR 135/16) die Vorinstanz bestätigt.

      Der Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz wird als Brutto-Stundenlohn je Zeitstunde festgesetzt. Das Gesetz macht den Anspruch nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit