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wissenschaftliche Erkenntnisse, die Sie – liebe Leserin und lieber Leser – vielleicht doch verblüffen werden.

      Zum Beispiel die Tanzfliege (Empis opaca), die auch in unseren heimischen Gefilden vorkommt.

      Hier tanzt das Männchen mit einer toten Fliege (einer anderen Fliegenart) zwischen den Beinen in der Luft. Das Weibchen fliegt auf das Männchen zu, rammt es, sodass beide zu Boden fallen. Dort frisst das Weibchen das Hochzeitsgeschenk des Männchens, während dieses das Weibchen beim Fressen kopuliert. Ist der Fress- und Sexplatz nicht geeignet (vielleicht zu unbequem), steigt das Paar nochmals gemeinsam in die Luft und lässt sich dort nieder, wo beides besser gelingt.

      Da sollte sich manches menschliche Paar ein Beispiel nehmen. Essen und Sex geht offenbar auch gleichzeitig, man muss es nur versuchen.

      Nun zu dem aktuellen Thema Stress, Depression und Sex. Das ist kein rein menschliches Phänomen, wie unsere folgende wissenschaftliche Studie zeigt.

      Endlich wurde die Auswirkung depressiver Stimmung auf das sexuelle Verlangen auch bei Fruchtfliegen (Drosophila melanogastert) untersucht. Forscher der Universität Mainz haben diese netten kleinen Tierchen einer Dauervibration ausgesetzt, was zu so hohem Stress führte, dass sogar das Fluchtverhalten nachließ, vom Sex ganz zu schweigen. Medikamente, die auch Menschen bei Depressionen helfen, machten dagegen die Fliegen wieder munter, und zwar in jeder Beziehung.

      Welche Stellung beim Geschlechtsverkehr am lustvollsten und möglicherweise auch am wirkungsvollsten ist, lässt sich natürlich am besten bei Tieren untersuchen, die es oft treiben.

      Frösche, deren umtriebiges Sexleben hinreichend bekannt ist, sind natürlich hier ein beliebtes Objekt der Forschung. So haben indische Wissenschaftler der Universität Delhi während der Regenzeit (!) 40 Nächte lang Frösche der Gattung Nyctibatrachus humayuni (oder einfach Bombay Night Frog) beobachtet. Bisher waren bei Fröschen nur sechs Paarungsstellungen bekannt, z. B. die bekannte Achselstellung, beim Menschen a-tergo.

      Die tropfnassen Forscher haben eine siebte, bisher noch unbekannte Begattungsstellung entdeckt, den sog. „dorsal straddle“, zu deutsch Rückengrätsche, also im Stehen hintereinander an der Wand, was wir schon aus dem Kamasutra kennen. Diese Frösche vollführen ihre akrobatische Stellung auf sechs Meter hohen Ästen, und – was man bisher noch nie bei Fröschen erlebt hat – nicht nur das Männchen stößt dabei lustvolle Laute aus, sondern auch das Weibchen singt mit!

      Allerdings, so betonen die Wissenschaftler, sei noch viel zu forschen, denn nur bei einem Drittel der uns bekannten Froscharten seien die Fortpflanzungsstellungen schon bekannt. Da besteht durchaus für Jungwissenschaftler die Möglichkeit, vielleicht noch eine achte oder gar neunte Stellung zu entdecken, man muss nur lange im Dunkeln und bei Regen ausharren.

      Während es bei uns Mitteleuropäern mit der sexuellen Treue nach dem 68er-Studentenaufstand bergab ging (wir erinnern uns an das damalige Zitat „Wer zwei Mal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment“), erlebt die Treue unter der heutigen Jugend wieder ein neues Erwachen. Der oft zitierte lebenslang treue Schwan erweckt die Frage, wie es denn mit der Treue im Tierleben aussieht. Hier einige besonders interessante Forschungsergebnisse.

      So konnten amerikanische Biologen bei mehrjährigen Beobachtungen von Kojoten im Großraum Chicago feststellen, dass kein einziges Tier beim Fremdgehen – oder muss es besser heißen „Fremdrennen“? – zu beobachten war.

      Das ist im Tierreich aber bei den Vierbeinern leider eher die Ausnahme. Vom Hund über den Polarfuchs bis zum Wolf konnten durch tierische Vaterschaftstests zahlreiche Fremdgänger identifiziert werden, während bei den oben erwähnten amerikanischen Kojoten sämtliche Jungtiere von ihren offiziellen Vätern stammten. Ein Grund für die Treue: Die Kojoten räubern die Mülltonen in den Städten aus und sind so gut genährt, dass sie sich lieber um die gemeinsame Aufzucht ihres zahlreichen Nachwuchses (bis zu zehn Junge pro Wurf!) kümmern und den Stress mit anderen Partnern eher vermeiden.

      Deutsche Forscher fanden dagegen heraus, dass es bei Vögeln ganz unterschiedliche Vorstellungen von Treue gibt. Bei 95 % aller Vogelarten gibt es eine feste Partnerschaft fürs Leben, aber die restlichen 5 % treiben es ganz schön wild. Bei einer austra-lischen Vogelart waren in mehr als 80 % der Nester Eier von fremden Vätern.

      Die Blaumeisenweibchen flüchten nachts, wenn ihr Gatte sie nicht so gut überwachen kann, in fremde Reviere, um sich dort zu vergnügen. Bei ihren Ausflügen zu fremden Freiern suchen sich Vogelweibchen oft ältere Liebespartner – und dann sollen sie noch auf dem Heimflug ihren Hinterleib in Wasserlachen baden, damit der Gatte zu Hause nichts merkt!

      Noch schlimmer – es gibt regelrecht Vogelschwärme mit Hang zur Untreue bei beiden Geschlechtern, das lernen schon die Jungvögel am (bedenklichen) Vorbild ihrer Eltern.

      Wie steht es mit den Insekten? Gibt es die spezifische Insekten-Treue?

      Dazu eine wichtige Studie über die weiblichen Reismehlkäfer (Tribolium castaneum) – wer kennt die possierlichen Tierchen nicht, die unsere Vorräte auffressen? Die haben nach einigen Generationen Vermehrung mit ihren eigenen Geschwistern einfach genug und stürzen sich auf alle anderen Männchen, die nur zu sehen sind. Mit diesen paaren sie sich schneller, länger und öfter, wie britische Wissenschaftler fanden. Die sog. „weibliche Käfer-Promiskuität“ führte in kurzer Zeit zu einer erheblichen Verbesserung der Gene und sicherte damit auch bei den nächsten Generationen optimalen Erfolg bei der Schädigung des Menschen.

      Zu den Affen gibt es ein Forschungsprojekt, das direkten Bezug zum männlichen Imponiergehabe hat. Forscher der japanischen Kyoto-Universität fanden durch aufwendige Freilandbeobachtungen heraus, dass bei den in den Mangrovenwäldern der Insel Borneo lebenden Nasenaffen (Nasalis larvatus) die Männchen mit den größten Nasen die meisten Weibchen, also den größten Harem hatten. Messungen ergaben, dass diese Großnasen auch noch größere Hoden hatten als ihre Konkurrenten. Die Forscher schließen daraus, dass die Nasenaffenweibchen genau wissen, was „echte Kerle“ sind.

      Dazu eine kleine Anmerkung aus dem Menschenreich (S. 15): Beim Mensch korreliert die Nasengröße eines Mannes nicht mit der Größe des Penis – wie volkstümlich angenommen wird. Entscheidend ist bei Männern die Länge des Ringfingers im Vergleich zum Zeigefinger. Je länger der Ringfinger im Vergleich zum Zeigefinger ist, desto mehr Testosteron hat der Mann im Blut. Also alle bekannten Männer nachmessen – vielleicht als Gesellschaftsspiel – und daraus die richtigen Schlüsse ziehen, z. B. bei Annäherungsversuchen auf der nächsten Party.

      Dass Fische Frauenmangel und eheliche Konflikte sehr kreativ lösen, zeigt eine Beobachtung einer österreichischen Verhaltensbiologin bei den wunderschön gefärbten Clarks-Clownfischen (Amphiprion clarkii). Dort gibt es im Schwarm immer ein sehr dominantes großes Weibchen und mehrere kleinere Clownfisch-Männchen. Stirbt das Weibchen, dann verwandelt sich in kurzer Zeit eines der männlichen Fische in ein Weibchen. Der geschlechtsumgewandelte Fisch wird größer als die anderen und beginnt sie zu dominieren.

      Bei einem Clownfisch-Paar kann sich sogar bei einem Ehekonflikt – zum Beispiel, wenn sie ihn immer beißt – das Männchen in ein Weibchen verwandeln, und das Weibchen schrumpft zu einem Männchen, allerdings nur, wenn man einen dritten Fisch als Konkurrenten ins Becken setzt. Da staunt nicht nur die Biologin, da staunen wir alle! Diese Ergebnisse sind in der menschlichen Paartherapie allerdings nur begrenzt nutzbar.

      Ganz zum Schluss noch etwas über die tierische Sexlust. Der brave Orang-Utan braucht weniger als fünf Kopulationen, um Nachwuchs zu zeugen. Der Schimpanse, der uns bekanntlich am nächsten steht, leistet sich über 100 Kopulationen pro Treffer, also etwa 95 aus purer Lust!

      Aber nicht nur in der Häufigkeit der Begattungen, sondern auch bei der Länge des Aktes sind uns einige Tiere überlegen. So kann nach neuesten Forschungsergebnissen einer amerikanischen Universität der Geschlechtsakt der Kürbiswanze bis zu 23 Stunden (!) dauern. Eine erfahrene Biologin kann ihren Partner nach einem langen, befriedigenden Koitus also mit Recht „Meine große Wanze“ nennen.

      Das tierische Sexualleben gleicht manchmal verblüffend dem unsrigen. Das weist auf unser gemeinsames Erbe