Daimon Legion

Mit schwarzen Flügeln


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wie einem Hobby frönte. Mit ihren Erfahrungen half sie jungen Mädchen – auch jenen, die aussteigen wollten – was sie insofern zu einer Gildenmeisterin machte.

      Und sie war Zachs älteste Freundin. Seit er in diese Stadt gekommen war, hatte sie über ihn gewacht und früher mehr als einmal sein Leben gerettet. Ohne sie läge er vielleicht schon längst im Kanal.

      „Hi“, grüßte er sie kurz, während sie ihn überschwänglich umarmte und links wie rechts mit Küssen eindeckte. Er ließ es über sich ergehen, obwohl ihm das starke Parfum der Frau unangenehm im Hals und der Lunge kratzte. Deshalb hielt er die Luft an.

      Irgendwie hatte Zach schon immer seine Probleme mit Duftwässern aller Art und benutzte daher selber nie eins – noch nicht mal ein schlichtes Deo. Sicher war er gegen eine Chemikalie allergisch.

      Molly löste sich von ihm und knuffte seine Schulter.

      „Und, schöner Mann, auf der Suche nach Spannung und Spiel?“, schätzte sie ihn richtig ein.

      „So ziemlich, der Abend will nicht laufen. Hab leider nicht mal die Knete, um dir einen Drink auszugeben“, sagte er es ihr gleich deutlich, denn er wusste, wie viel Molly für ein paar Stunden kostete. Um sie zu unterhalten, reichte eine Flasche Brandy nicht aus.

      Sie lächelte keck. „Nun, dann hast du vielleicht Interesse an einer Glücksfee?“

      „Hast du einen Tipp für mich?“, horchte Zach auf.

      Molly nickte in Richtung eines Hinterzimmers. „Dort gibt es fette Beute. Aus der Innenstadt sind gewichtige Bonzen gekommen, die um richtig große Kohle spielen. Willst du dein Glück versuchen?“

      „Was willst du als Gegenleistung?“, durchschaute er sie schnell.

      Schnaufend ließ Molly ab von ihrer mädchenhaften Seite, die sie sonst für ihre Geschäfte nutzte, und wurde mehr zu einer strengen Mutterfigur als zur Liebschaft.

      „Gegenleistung – ha! Da denke ich mal an dich und du unterstellst mir etwas.“

      „Liege ich damit falsch?“, neckte Zach sie weiter.

      „Um dich mal wieder an die Angel zu kriegen? Halte dich nicht für so unwiderstehlich, Kleiner. Sei froh, dass du noch so ein süßes Gesicht hast, es bleibt nicht für ewig. Die jungen Dinger werden dir nicht mehr so treu die Stange halten, wenn du erst mal in mein Alter kommst.“

      „Frag mich in dreizehn Jahren noch mal ...“, zuckte er gleichmütig die Schultern.

      Jetzt zwickte sie ihn in die magere Hüfte und wetterte: „Ach, so dankst du mir also meine lange Aufopferung für dich? Mit Spott! Womit hab ich das verdient?

      Wer hat dich damals unter seine Fittiche genommen, als du Milchbart halb verhungert und scheintot in der Gosse lagst?“

      „Du“, seufzte er.

      „Wer hat dir alle Tricks und Kniffe gezeigt, um hier zu überleben?“

      „Du.“

      „Wer hat deinen Arsch aus der Schlinge gezogen?“

      „Du.“

      „Und wer bietet dir stets in so einer kalten Nacht ein warmes Bett an?“

      Nun konnte er ein verschmitztes Lächeln nicht mehr unterdrücken und Zach zählte auf: „Das wären Abbie, Adele, Alicia, Anja, Arianne, Babette, Beatrix, Bernice, Blanche, Carmen, Carrie, Cécile, Cloe, Colett, Cosima, Daisy, Darlene, Desiree, Donna -“

      „Ich auch, du Dummkopf!“, rief Molly barsch und gab ihm einen Klaps gegen die Stirn.

      „He, he, he“, lachte er über seinen eigenen Witz, „ich war noch nicht bei M, Molly.

      Aber ich versteh schon. Ich stehe knietief in deiner Schuld und das seh ich auch ein. Sollte ich dort hinten den großen Fang machen, lade ich dich gern auf alles ein, was du dir wünschst und bitte dich um Entschuldigung.“

      „Na bitte“, war sie zufrieden. „Warum muss ich erst böse mit dir werden, mein Süßer?

      Dann folge mir mal unauffällig.“

      Auf ihr Lotsen hin, tat er wie geheißen.

      Im Hinterzimmer stand der Zigarrenqualm. Vor lauter blauem Dunst fiel es Zach schwer, die fünf Männer am Tisch klar zu erkennen, doch je näher er kam, umso deutlicher wurden sie.

      Graue Herren in teuren Anzügen. Vier trugen ihre Wohlstandswampen vor sich her, der einzige Hagere machte einen intriganten Eindruck.

      Wer sie waren oder wo sie ihre Finger in der Politik hatten, juckte Zach nicht im kleinen Zeh. Er hatte allein Augen für den Berg von Scheinen, den jeder auf seiner Seite hatte.

      Molly hatte nicht gelogen. Das Geld, das er hier abgreifen konnte, würde bis zum Monatsende reichen, um jeden Tag gut zu leben, sich grenzenlos besaufen zu können und mit den teuersten Huren zu gehen.

      Die Männer registrierten den Neuzugang und ein Dickbauch fragte, mit der Zigarre zwischen den Zähnen, nach: „Wer ist der Bursche?“

       Bursche.

      Zach lachte in sich hinein. War klar, dass sie ihn für einen Jungspund hielten. Gut so, dann kannten sie ihn noch nicht.

      „Ein guter Spieler“, stellte ihn Molly liebäugelnd vor. „Und ein Schäfchen meinerseits. Ihr könnt ihm vertrauen.“

      Der Hagere feixte. „Vielleicht. Aber dieser Kerl sieht aus, als hätte er nicht mal einen Schein in der Tasche. Der kann niemals den Einsatz halten.“

      „Werden wir seh’n.“ Zach setzte sich selbstsicher auf einen freien Platz am Tisch und kramte die wenigen Scheine hervor, die er bisher verdient hatte. Dazu kamen noch die Uhren und Ketten von den Teenagern, die er nicht verpfändet und als eiserne Reserve aufgespart hatte. Zuletzt zog er flink sein Messer und rammte die Spitze in die Holzplatte.

      Molly sah etwas vorsichtig drein. Wenn er sein Messer verwettete und verlor, war er schutzlos. Er hätte gleich sein Leben in die Waagschale werfen können.

      Erneut grinste der Hagere und sagte: „Na ja, besser als nichts.

      Willst du alles im ersten Spiel setzen?“

      „Klar“, blieb Zach gelassen.

      „Das wird eine kurze Runde“, verhöhnte ihn ein dicker Anzug.

       Nein, das wird leichtes Spiel.

      „Jeahaw!“, jubelte er mit Molly laut im Chor, als sie gegen vier Uhr morgens aus der Bar stolperten.

      Die Bonzen hatte Zach ausgenommen wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans, bis die fluchend und zornig keinen kleinen Schein mehr zur Verfügung hatten und geschlagen das Weite suchten. Sie drohten zwar, dass es ein Nachspiel gäbe, aber keiner der beiden glaubte wirklich daran.

      Das Geld gab Zach mit vollen Händen aus, erst bei einer Lokalrunde und dann für das eigene, besser gesagt Mollys Wohl. Die Getränke wurden reichlich bestellt, bis beide sturzbetrunken waren und beinahe vom Hocker stürzten.

      Von innen gewärmt, mit einer vollen Flasche Bourbon in der Hand, torkelte Zach vorwärts und ließ sich von Molly zu ihrer Bleibe führen. Der Gedanke an das Frühstück bei ihr ließ ihn breit und freudig grinsen, denn keine Frau kochte einen so herrlichen Kaffee wie sie.

      Den Tag mit ihr zu verbringen, war keine Hürde und wenn die Nacht schließlich wieder von vorn begann, wäre er ...

       Ja, was wohl. Das gleiche wie immer.

      Zach fing leise an zu lachen. Seine Lache steigerte sich und er wankte mit jedem Schritt mehr und mehr, dass Molly Probleme bekam, ihn zu halten.

      „Ey, was is’ denn?“, fragte die Freundin, da verloren sie auch schon beide den sicheren Stand und taumelten, stürzten halb kniend, halb liegend in den Schnee und Hafendreck. Klirrend zersprang die Glasflasche und ihr goldgelber Inhalt vermischte sich mit der stinkenden