Daimon Legion

Mit schwarzen Flügeln


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Blüte sie einst gewesen war.

      Manchmal fragte sich Zach, wieso sie beide eigentlich nie groß zusammengekommen waren. So stark, wie sie einander auf ihre seltsame Art anzogen? Mutter, Freundin, Lehrerin, Gespielin, Chefin – viele Namen für eine Frau.

       Vielleicht zu viele.

      „Dein Kaffee wird kalt“, ermahnte sie ihn und verschränkte die Arme vor der üppigen Brust. „Kalt schmeckt er nicht mehr so gut, also komm endlich hoch.“

      Zach versuchte, ihrer Aufforderung zu folgen – wirklich! – doch kam nur dazu, sich von der Rückenlage auf den Bauch zu drehen. Seufzend atmete er gedämpft in die Kissen aus und murrte: „Noch fünf Minuten, Mutti ...“

      „Echt mal, Kerl ...“, verdrehte sie vielsagend die Augen. „Ich versteh ja, dass du einen Kater hast, und dass du es überhaupt zu einem zweiten Mal geschafft hast, grenzte in deinem gestrigen Zustand an ein Wunder. Aber dass ihr Männer immer kurz davor seid, euch einsargen zu lassen, wenn euch mal ein Wehwehchen drück, soll Frau mal verstehen.“

      „Ich bin definitiv nicht wehleidig, Molly“, knurrte er zurück, „doch mein Kopf und mein Kreuz sind blöderweise im Arsch! Scheißegal, wie jung ich ausseh, ich komm mir vor wie an die achtzig!“

      „Ich sag dir bereits seit Ewigkeiten, geh mal zu ’nem Spezialisten!“, war sie von seinem Zorn wenig beeindruckt.

      Statt sich von seiner schlechten Laune vertreiben zu lassen, stieg sie zu ihm auf das Bett, setzte sich rittlings auf sein Gesäß, und begann mit ganzer Kraft seine verspannten Schultern und Rückenmuskeln zu massieren.

      Zach krallte die Finger in das Laken und zischte schmerzlichst durch die zusammengepressten Zähne einen derben Fluch, bevor er ihr kontern konnte: „Ich – au! – war ja gewesen! Ich war – arrgh! – bei jedem verdammten Arzt der Stadt! Keiner – ah! – konnte helfen! Keiner hat was – aua! – gefunden! Die sagen alle, ich bin gesund!“

      Molly walkte unnachgiebig sein Schulterblatt und störte sich an seinem Leidgefluche nicht.

      „Kann es sein, dass diese Probleme nur Einbildung sind? Vielleicht ist ja was mit deinem hübschen Kopf nicht in Ordnung. Frag mal einen Psychologen.“

      „Kenn ich auch – scheiße! – schon! Ich hab viele Macken – au! – und spinne sowieso, aber nichts hat DAS! erklären können! Hör auf, verdammt, du machst es dadurch nicht besser!“ Grob schüttelte er sie ab.

      Abrollend kam Molly am Bettrand mit den Füßen auf und schnaufte. „Du gibst immer so leicht auf. Natürlich ist es nach der ersten Behandlung nicht gleich besser, Zach. Das muss wiederholt werden und mit der Zeit wird dein Rücken geheilt, ganz bestimmt.“

      An seinem Gestöhne machte sie seine Ungläubigkeit fest.

      „Hast du es mal mit Schmerztabletten versucht?“

      Er drehte ihr sein blasses Gesicht zu und murrte: „Was denkst du denn? Ich hab sämtliche Medikamente durchprobiert und das Zeug wie Bonbons gefressen. Wäre beinah mal hops gegangen deswegen, doch die Schmerzen waren immer noch da. Ist fast so, als sei ich immun gegen die Scheiße!“

      „Du bist komisch, Zach“, war ihr trockener Kommentar.

      „Danke, bist nicht die Erste, die das sagt“, maulte er genervt und zog sich langsam aus dem Bett heraus. Erst sackte er schlapp zu Boden, dann zog er sich hoch und streckte sein Kreuz durch, so sehr es auch wehtat. Die Wirbel knackten hörbar.

      „Autsch“, keuchte er zum Schluss.

      Molly grinste ihn süffisant an und musterte seine bloße Nacktheit von oben bis unten.

      „Weißt du, wo ich das Geld von gestern gelassen habe?“, fand Zach nach einer gefühlten Endlosigkeit seine Stimme wieder und rieb sich das Genick.

      „Ja, teilweise in der Bar, teilweise bei mir.“

      „Ist was davon übrig, meinte ich.“

      „Schon. Ich hab es erst mal beiseite genommen. Keine Angst, du kriegst den Rest wieder“, winkte sie ab.

      „Super, danke“, war er beruhigt. Er wollte ja nicht misstrauisch wirken, aber wenn es um Geld ging, hörte bei ihm jede Freundschaft auf. Und weil er schon mal dabei war, sie zu löchern, konnte er fortfahren mit: „Wo sind meine Klamotten? Es zieht mir untenrum ...“

      „Sind in der Wäsche“, klärte ihn Molly auf, „bis heute Abend sind sie trocken. Nachdem du die Nacht einen Purzelbaum in den Dreck gemacht hast, konnte ich die schlecht so lassen.“

      „... ah, ja, ich erinnere mich schwach“, und er strich sich durch den Iro, „danke nochmals ...“

      „Kein Ding, Zachy. Wie machst du das überhaupt?“

      „Was denn?“

      „Du rennst mindestens seit einer Woche in ein und denselben Klamotten rum und machst auch sonst nicht den Eindruck, als ob du dich morgens ins Bad bequemst für eine Katzenwäsche, dennoch stinkst du nicht, wie du eigentlich stinken müsstest. Ich kenne ja einen Haufen abgewrackte Kerle wie dich und die schick ich alle erst mal unter die Dusche, bevor ich sie ranlasse. Erkläre mir mal, warum du wie Zuckerwatte riechst!“

      „Hä?“

      „Na ja, irgendein karamellisiertes Zuckerzeug halt.

      Ist wohl auch egal“, seufzte Molly und stand vom Bettrand auf, um ihr Nachthemd glattzustreichen. „Genug geredet, der Kaffee wartet.

      Du weißt, wo du Wechselsachen findest, Zach, also zieh dich an und komm endlich rüber. Ohne deinen Kaftan verschwindest du doch nicht, oder?“

      „Alles klar“, nickte er ergeben und musste an sich halten, sie nicht „Schatz“ zu nennen.

      Molly konnte ein rechter Hausdrache sein, aber viel mehr war sie ein glänzender Goldkarpfen in einem trüben Teich. Ein stolzer Fisch, den noch so erfahrene Fischer nicht angeln konnten, jedoch hatte er allein die Chance, ab und an dieser Kostbarkeit die Schuppen zu streicheln. Ihr hoher Preis war berechtigt und sie war jeden Cent wert – geschäftlich wie menschlich.

      Als sie zurück in die Küche ging, schien der Raum regelrecht an Licht verloren zu haben.

      Auf schwachen Beinen schleppte Zach sich zu der Kleidertruhe und wühlte darin nach passenden Sachen. Molly hatte nicht nur Frauenkleider in ihren Schränken. Für besondere, männliche Gäste – wie ihn zum Beispiel – hatte sie auch Notfallkleidung parat.

      In dem Wirrwarr an Stoffen, entschied er sich für eine schwarze Trainingshose und ein dunkelblaues T-Shirt mit chinesischem Aufdruck. Es war nicht sein Stil, aber immer noch besser, statt weiter nackt herumzulaufen und Molly auf den Gedanken zu bringen, er könnte ihr gleich wieder gefällig sein.

      Später am Tag vielleicht, wenn seine Leiden nachließen, doch nicht jetzt.

      Barfuß folgte er dem Duft von Kaffee und Rührei mit Schinken.

      Die Füße an den Oberkörper rangezogen, hockte er auf einem der altertümlichen Sitzstühle in der Küche am massiven Holztisch und trank aus einer großen Tasse die schwarze Flüssigkeit, die ihm die winterkalten Knochen wärmte. Dazu rauchte er eine von Mollys Langzigaretten. Die waren zwar nicht sein Geschmack, doch weil er hier festsaß, blieb ihr keine andere Wahl, als ihn etwas auszuhalten. Und sowieso hatte er ja gut bezahlt, da ging diese Kleinigkeit schon durch.

      „Wie lange kennen wir uns, Zacharias?“, sprach seine Gönnerin ihn an.

      Er wunderte sich, dass sie ihn so nannte ...

      „Neunzehn Jahre, nicht?“, wusste Zach es ganz genau. „Ist eine lange Zeit.“

      „Oh ja“, lächelte sie, „lange ist es her.

      Ein junger Grünschnabel warst du, schmal wie ein Strich, und immer auf Krawall gebürstet. Kaum ein paar Tage im Hafen und schon hast du dich mit Armins Leuten geprügelt. Weißt du noch?“

      „Wie