Ralf Budde

Vertragsmanagement im Projektgeschäft


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Website des „department of constitutional affairs“ findet sich unter http://www.dca.gov.uk/ [Stand: 2020])

      Ein Gerichtsverfahren wird dadurch eingeleitet, dass folgende Dokumente bei Gericht eingereicht werden:

       eine Klageschrift (Claim Form), die über den Streitwert und die Art Ihrer Klage Auskunft gibt und

       eine Klagebegründung (Particulars of Claim), die den Hintergrund der Klage und die relevanten Fakten darstellt. Ferner müssen die Grundlage für das Klagebegehren und die Höhe der behaupteten Forderung bzw. ein anderes Klageziel angeben werden.

      Die Klageschrift und die Klagebegründung müssen innerhalb von 4 Monaten nach dem Eingang der Klage der anderen Partei zugestellt werden.

      Wenn der Beklagte sich gegen die Klage mittels einer Klageerwiderung verteidigen möchte, muss er folgende Schritte unternehmen:

      ein Formular bei Gericht einreichen, in dem der Beklagte die Zustellung bestätigt und anzeigt, sich gegen die Klage verteidigen zu wollen (Acknowledgement of Service form); dies muss grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen nach der Zustellung der Klage an ihn geschehen; und/oder

      dem Kläger eine Klageerwiderung zustellen, in der er die Gründe dafür angibt, warum er sich dem Klagebegehren widersetzt; dies muss der Beklagte grundsätzlich innerhalb von 28 Tagen nach Zustellung der Klageschrift tun.

      Hat der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft nicht wie oben erwähnt durch ein "Acknowledgement of Service form" angezeigt, muss er seine Klageerwiderung innerhalb von 14 Tagen nach Klagezustellung dem Kläger zustellen.

      Anfechtung der gerichtlichen Zuständigkeit

      Der Beklagte kann die Zuständigkeit des Gerichts anfechten, wenn der Rechtsstreit einen internationalen Bezug aufweist, so dass er argumentiert, dass die Gerichte eines anderen Landes zuständig seien oder dass die Parteien eine bindende Vereinbarung darüber getroffen haben, den Streit vor einem Schiedsgericht schlichten zu wollen. Ist dieser Punkt zwischen den Parteien umstritten, wird das Gericht, üblicherweise in einem besonderen Termin, die Streitfrage entscheiden.

      Der Weg zur Gerichtsverhandlung

      Ist die Klageerwiderung bei Gericht eingereicht, sendet das Gericht beiden Seiten besondere Fragebögen zu (Allocation Questionnaires) und setzt eine Frist für deren Rücksendung an das Gericht. "Allocation" bedeutet, dass der Richter den Rechtsstreit zunächst einer bestimmten Verfahrensart zuweist. Sobald das Gericht den ausgefüllten Fragebogen erhält oder wenn die gesetzte Frist verstrichen ist, weist es den Fall folgenden möglichen Verfahrensarten zu:

       dem "Small Claims Track" (gewöhnlich für Fälle mit einem Streitwert bis £ 5.000,00);

       dem "Fast Track" (gewöhnlich für Fälle mit einem Streitwert von £ 5.000,00 bis £ 15.000,00); oder

       dem "Multi-Track" (gewöhnlich für Fälle mit einem Streitwert über £ 15.000,00 oder für Fälle von besonderer Komplexität).

      Der finanzielle Wert der Klage ist der Hauptgesichtspunkt bei der Entscheidung über die richtige Verfahrensart. Das Gericht berücksichtigt aber auch andere Faktoren wie z.B. die Vielschichtigkeit der Streitfragen, den Wert einer möglichen Widerklage und die Menge an Zeugenbeweisen, die erforderlich sein könnten.

      Die genauen Verfahrensschritte hängen davon ab, welchen "Track" das Gericht wählt, von welcher Art und welchem Wert die Klage ist und wie das Gericht an die Sache herangeht. Dennoch gibt es einige Verfahrensschritte, die für die meisten Prozesse typisch sind.

      "Disclosure"

      Jede Partei gibt der anderen darüber Auskunft, ob sie Dokumente im Hinblick auf die sich auf die im Streit befindlichen Punkte besitzt - egal ob die Dokumente von Nutzen sind oder nicht - und gibt der anderen Seite die Möglichkeit, diese Dokumente einzusehen.

      Austausch von Zeugenaussagen:

      Jede Seite hat der anderen schriftliche Aussagen der Zeugen zuzustellen, die sie zum Beweis von Tatsachen benennen will. Das Gericht enthält eine Kopie der Zeugenaussagen.

      Sachverständigenbeweis:

      In manchen Fällen benötigt das Gericht die Hilfe von Sachverständigen, um den Fall zu entscheiden. Der Sachverständigenbeweis kann dadurch geführt werden, dass jede Seite ihren eigenen Sachverständigen benennt oder dass ein gemeinsamer Sachverständiger von beiden Parteien ausgewählt wird. Auch der Sachverständige hat zunächst ein schriftliches Gutachten zu erstellen, das der anderen Partei und dem Gericht zugestellt werden muss.

      Vor der Hauptverhandlung können verschiedene zusätzliche Schritte erforderlich sein. Es ist üblich, dass die Parteien bei Verfahrensfragen Anträge an das Gericht stellen. Diese Anträge werden "interlocutory applications" genannt, über die im Rahmen von "interlocutory hearings" entschieden wird.

      Die Hauptverhandlung (Gerichtstermin)

      Der genaue Verlauf des Prozesses oder der abschließenden mündlichen Verhandlung hängt von den Besonderheiten des Einzelfalls und dem "Track" ab. Im "Small Claims Track" findet in der Regel ein relativ informeller und schneller Termin vor einem "District Judge" ("Bezirksrichter") statt. Dieser dauert üblicherweise nicht länger als zwei Stunden. Bei dieser Verfahrensart können die Parteien, wenn sie es wünschen, selbst vor Gericht auftreten. Zeugen müssen zu dem Termin erscheinen und jeder Seite wird im wesentlichen die Gelegenheit gegeben, dem Gericht den Fall von ihrem Standpunkt aus zu erläutern, die relevanten Dokumente vorzulegen und sowohl den eigenen Zeugen als auch der Gegenseite und ihren Zeugen Fragen zu stellen. Beim "Fast- und Multi-Track" ist der Verfahrensgang eher förmlich und oft werden Barrister beauftragt. Jede Partei hat die Möglichkeit, dem Gericht ihre Sichtweise des Falls darzustellen. Zeugen werden von beiden Seiten befragt. Obwohl ein Fast Track-Verfahren in der Regel nicht länger als fünf Stunden dauern sollte, kann es sich auch schon mal über zwei Tage erstrecken. „Multi-Track-Verfahren“ können hingegen erheblich mehr Zeit in Anspruch nehmen.

      (Vielfältige Informationen und Links zu rechtsrelevanten Seiten mit einem Bezug zu amerikanischem Recht findet sich unter http://www.lawsource.com/also [Stand 2020])

      Bei den Gerichten wird generell zwischen den „Federal Courts“ (Bundesgerichte) und den „State Courts“ (Staatengerichte) unterschieden. Neben den Bundesgerichten verfügt jeder einzelne Staat über sein eigenes Rechtssystem, mit eigenen Gerichtshöfen, eigener Verfassung und eigenem kodifizierten Recht. Alle Einzelstaaten haben einen vollständigen Gerichtszug, der überwiegend aus drei Instanzen besteht. In den meisten einzelstaatlichen Gerichtssystemen sind zwei Stufen von Prozessgerichten und ein oder zwei Rechtsmittelinstanzen vorhanden. Während sich die kleineren erstinstanzlichen Prozessgerichte (Municipal Court) mit

       kleineren Vergehen,

       mittelschweren Straftaten und

       geringfügigen Zivilklagen (z.B. Streitwert bis USD 25.000)

      beschäftigen, werden vor den größeren erstinstanzlichen Prozessgerichten bzw. Bundesgerichten (Superior Court) die folgenden Fälle verhandelt:

       Fälle von Schwerstkriminalität

       Zivilklagen (z. B. Streitwert über USD 25.000)

       Fälle in denen die zu entscheidende Rechtsfrage ihre Grundlage in einem Bundesgesetz oder in der Bundesverfassung hat

       Fälle, in denen die Parteien mehrere einzelstaatliche bzw. ausländische Staatsbürgerschaften besitzen (diversity of citizenship) und der Streitwert über USD 75.000 liegt

       Fälle, in denen es um Konkurs, Patent- und Urheberrecht, Schifffahrtsklagen und andere bundesgesetzlich geregelte Angelegenheiten geht.

      Der amerikanische Zivilprozess beginnt mit der Klageeinreichung. Die amerikanischen Klageanträge sind meist kurz, vage und