Ralf Budde

Vertragsmanagement im Projektgeschäft


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Pakistan, wurde für das Handelsrecht eine kodifizierte Form des britischen Rechts entwickelt.

      Angloamerikanisches Recht ist maßgeblich Case-Law. Richter entscheiden jeden Fall innerhalb ihres Ermessensspielraums, der erheblich weiter gefasst ist, als dies bei kontinentalem Recht der Fall ist. Die Vorgehensweise ist deshalb schwierig, da ein ähnlicher Vorfall in der Vergangenheit grundsätzlich bindend ist. Aufgrund der Fülle an ähnlichen Vorfällen ist es relativ schwierig exakt vorher zu sagen, wie ein Richter in dem jeweiligen Fall entscheiden wird. Das hat dazu geführt, dass z.B. in Großbritannien 1979 in dem "Sale of Goods Act " eine Bereinigung der Rechtsprechung stattfand. Hintergrund war, dass viele Urteile aus dem 18. und 19. Jahrhundert keine zeitgemäße Fairness in der Rechtsprechung ermöglichten. Weitere Anpassungen erfolgten mit dem ”Supply of Goods and Services Act 1982”, dem “Sale and Supply of Goods Act 1994” und dem “The Sale and Supply of Goods to Consumers Regulations 2002”.

      In ähnlicher Weise bereinigten die Vereinigten Staaten ihr Handelsrecht. Trotzdem jeder Staat in den USA sein eigenes Recht besitzt, hat man sich zusätzlich auf den "Uniform Commercial Code" (UCC) geeinigt. Es handelt sich dabei weniger um eine kodifizierte Version wie nach kontinentalem Recht, sondern eher um ein einheitliches Gesetz, dass grundsätzliche Prinzipien regelt. Die Regeln des UCC werden üblicherweise nicht für Serviceverträge und Verträge im Anlagenbau verwendet, sondern regeln maßgeblich die Handelsgeschäfte zwischen den Bundes-Staaten. Diese Form des kodifizierten Rechts wird im angloamerikanischen Rechtsraum als „statute law“ bezeichnet.

      Case Law führt dazu, dass eine Unsicherheit gegenüber der Rechtsprechung existiert, da niemand mit Sicherheit sagen kann, wie das Gericht entscheiden wird. Um sich also gegen Überraschungen zu schützen, versuchen die Vertrags Anwälte die Verträge möglichst umfassend zu gestalten, um jegliche Eventualitäten abzudecken. Da im anglikanischen Rechtssystem bestehende Urteile einen wesentlichen Einfluss auf die Rechtsentscheidung haben, wird in den Verträgen versucht, den Bezug zu derartigen Vorgängen durch eine spezielle Vertragssprache zu manifestieren, indem gezielt Begriffe aus diesen Urteilen aufgenommen werden.

      Das kontinentale Recht ermöglicht dagegen deutlich dünnere Verträge. Der jeweilige Vorfall wird von den Richtern auf das Gesetz bezogen. Sofern eine Unklarheit existiert, wird dagegen der Gesetzestext interpretiert. Die Entscheidungsfreiheit eines Richters nach kontinentalem Rechtssystem ist somit in deutlich engere Grenzen gelegt. Es ist erkennbar, dass jedes Rechtssystem eine unterschiedliche Herangehensweise erfordert bezüglich der Gerichtsvorlagen, der Argumentation, der Vertragssprache und des Aufwandes.

      Nach Artikel 82 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes werden die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Rechtsverordnungen des Bundes werden nach Artikel 82 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes von der Stelle, die sie erlässt (in der Regel die Bundesregierung oder ein Bundesministerium), ausgefertigt und grundsätzlich ebenfalls im Bundesgesetzblatt verkündet (Über die Website http://www.bundesanzeiger.de stehen das Bundesgesetzblatt Teil I und II kostenlos zur Verfügung.).

      Die amtliche Fassung eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung enthält nach geltendem Recht nur die Papierausgabe des Bundesgesetzblattes, das vom Bundesministerium der Justiz herausgegeben wird und über die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH ( Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln), bezogen werden kann. Eine unentgeltliche Nur-Lese-Version des Bundesgesetzblattes Teil I ab 1998 und eine kostenpflichtige Abonnentenversion des laufenden Jahrganges des Bundesgesetzblattes Teil I bietet die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH außerdem über ihre Homepage (www.bundesanzeiger.de) im Internet an. Im Anhang zu diesem Buch finden Sie eine Liste der wesentlichen Gesetze (Detaillierte Informationen zur Gesetzgebung finden Sie unter http://bundesrecht.juris.de).

      Das angloamerikanische Rechtssystem ist weitestgehend "Case-Law". Jede Entscheidung eines Richters führt zu einem Präzedenzfall. Um sicherzustellen, dass bestimmte Präzedenzfälle im Streitfall angewendet werden, werden Begriffe aus diesen gewünschten Präzedenzfällen mit in den Vertragstext übernommen. Case-Law führt zu einer beinahe haar-spalterischen Interpretation von Begriffen und Worten. Daher wird in vielen Fällen versucht, einen Vorgang mit vielen ähnlichen Worten, Begriffen und Synonymen zu beschreiben. Das folgende Beispiel entstammt dem Artikel 5.8 „Design Error“ des „FIDIC Contract Guide“.

      If errors omissions, ambiguities, inconsistencies, inadequacies or other defects are found in the Contractor’s documents, they and the Works shall be corrected at the Contractor’s cost, notwithstanding any consent or approval under this clause.

      Ein weiteres Feld, das häufig Anlass zu Streitigkeiten gibt, ist die Verwendung offener Begriffe. Eine Aufzählung von Beispielen, die mit „und so weiter“ oder „etc.“ enden, führt häufig zu Diskussionen welche sonstigen Fällen unter die Liste der Aufzählung gehören. Ebenso sollten weiche Begriffe wie „Stand der Technik“ oder „optimal“ nur mit großer Sorgfalt in einem Vertrag verwendet werden. Da der Erwartungshorizont des Auftraggebers gewöhnlich deutlich über dem Lieferhorizont des Auftragnehmers liegt, versuchen viele Auftraggeber, die Leistung über die Ausnutzung derartiger weicher Begriffe für sich zu optimieren.

      Es gibt keinen Vertrag, der praktisch alle Möglichkeiten und Eventualitäten erfasst. Um die offenen Fragen zu beantworten, greifen die Parteien zu den Paragraphen des jeweils anwendbaren Gesetzes, das in dem Vertrag zwischen den Parteien vereinbart wurde. Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es den Parteien grundsätzlich gestattet ein beliebiges nationales Recht als Grundlage des Vertrages zu wählen. Praktisch ist diese Freiheit aber insoweit eingeschränkt, als das Vertragsrecht aus dem Land eines der Parteien stammen sollte oder einen vernünftigen Bezug zu dem Vertrag und dessen Abwicklung haben sollte. Bei der Vereinbarung eines Dritten Rechts ist nicht sichergestellt, dass das angerufene Gericht auch tatsächlich dieses „Dritte Recht“ ausführt und nicht dessen ungeachtet sein eigenes nationales Recht anwendet. Bei der Vereinbarung eines Dritten Rechtes sollte dieser Punkt durch einen fachkundigen Anwalt im Vorfeld geklärt werden. Zu beachten ist, das bilaterale Handelsabkommen dazu führen können, dass weitere Regelungen Einfluss auf den Vertrag nehmen können. Dies ist z.B. der Fall, wenn internationale Verträge zwischen Staaten geschlossen werden, die die „Vienna Sales Convention“ vereinbart haben. Sofern dieses Abkommen nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, gelten die Bedingungen für den Vertrag.

      Kein Vertragsrecht vereinbart

      Wenn bei internationalen Verträgen das zu Grunde liegende nationale Recht nicht vereinbart wurde, besteht für alle Vertragsparteien eine erhebliche Rechtsunsicherheit. In einem Streitfall wird jede Partei versuchen, ihr nationales Recht als Grundlage zu sehen. In diesem Fall ergeben sich oft erhebliche, strittige Auseinandersetzungen und langwierige und kostspielige Verhandlungen (bis zu 2 Jahren), bis eine Entscheidung zu dem zugrunde liegenden Recht getroffen wurde. Dasselbe gilt für Verträge, in denen mehr als ein nationales Recht vereinbart wurde. Die unterschiedlichen Rechtssysteme besitzen unterschiedliche Methoden um das zu Grunde liegende Vertragsrecht festzustellen. Es haben sich zwei Methoden etabliert. Die Schwerpunktmethode untersucht die Vertragsbeziehung nach den folgenden Punkten:

       der Ort der Vertragserfüllung

       der Ort der Vertragsunterzeichnung

       die Vertragssprache

       Währungen, Gewichte und andere Maßangaben

       sonstige relevante Faktoren

      Bei der Residenzmethode, die maßgeblich in Europa angewendet wird, bezieht man sich auf das Land, in dem der Vertragspartner, der am meisten Einfluss auf die Vertragserfüllung hat, bei Vertragsunterschrift