Ralf Budde

Vertragsmanagement im Projektgeschäft


Скачать книгу

Union hat ein Europäisches Zivilverfahrensrecht (EU-GVÜ) erlassen, dass die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckbarkeit gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen regelt. Dies wurde durch einen Staatsvertrag geregelt, den die Mitgliedsstaaten eingegangen sind. Danach gilt grundsätzlich der Wohnsitz des Angeklagten, in einigen Sonderfällen aber auch der Erfüllungsort als maßgeblich für den Gerichtsstand.

      Die Schwierigkeiten, durch das Fehlen einer bindenden internationalen Gesetzgebung mit Bezug auf den internationalen Handel führten zu Standards, die zwischen verschiedenen Nationen vereinbart wurden. Neben anderen wurde 1980 von den Vereinten Nationen eine neue Konvention, "The United Nations Convention on Contract" (Weiterführende Informationen zu diversen Publikationen finden sich unter http://documents.un.org/ Stand Juni 2020) oder auch "Vienna Sales Convention" verabschiedet. Dieses Abkommen ist in Deutschland, den Vereinigten Staaten, China und einer zunehmenden Zahl von Handels Nationen gesetzlich verankert. Dieses Abkommen gilt grundsätzlich immer bei Vertragsbeziehungen zwischen Handelspartnern aus Nationen, die diesem Abkommen beigetreten sind und die eines der nationalen Rechte für den Vertrag vereinbart haben. Das Abkommen sieht weiter vor, dass bei Konflikten zwischen z. B. dem BGB oder HGB und der Vienna Sales Convention die Bestimmungen der Vienna Sales Convention Vorrang besitzen. Die Vienna Sales Convention ist ein relativ junges Abkommen. Die Verlässlichkeit der Rechtssicherheit muss erst noch durch geeignete Rechtsfälle bewiesen werden. Diese Unsicherheit führt dazu, dass das Abkommen noch bei vielen Handelsverträgen ausgeschlossen wird. Der Artikel 6 der Vienna Sales Convention erlaubt ausdrücklich den Parteien die Bestimmungen der Vienna Sales Convention ganz oder teilweise aus dem Vertrag auszuschließen. Da die deutsche Fassung des Übereinkommens zwar eine amtliche Übersetzung, aber keine für die Anwendung des Übereinkommens verbindliche Fassung ist, wird der deutsche Rechtsanwender im Zweifel auf eine der verbindlichen Fassungen zurückgreifen müssen. Die französische und die britische Fassung sind verbindliche Fassungen.

      Rechtlich gesehen ist gemäß §1 HGB Kaufmann, wer selbstständig ein Handelsgewerbe betreibt. Je nach der Art oder Umfang des Gewerbebetriebes unterscheidet man zwischen

       Ist-Kaufmann

       Kann-Kaufmann

       Form-Kaufmann

      Als Ist-Kaufmann wird jeder Gewerbebetrieb bezeichnet, der nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

      Ein Kann-Kaufmann ist durch die Eintragung eines Gewerbebetriebes anzusehen, wenn dessen Firma im Handelsregister eingetragen ist. Dies ist auch der Fall, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Eintragung nicht vorliegen. Aufgrund der Eintragung sind aber die Vorschriften des HGB auch für diesen eingetragenen Kaufmann verbindlich.

      Form-Kaufmann sind Handelsgesellschaften, die aufgrund ihrer Rechtsform in das Handelsregister eingetragen werden. Das sind z.B. Kapitalgesellschaften wie GmbH, AG oder die KG. Personengesellschaften wie OHG oder KG bedürfen für die Qualifikation einer Handelsgesellschaft der Durchführung eines nach Art und Größe eingerichteten Gewerbebetriebes.

      Für den Vollkaufmann gelten alle Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB). Das sind neben den gesetzlichen Regelungen des kaufmännischen Geschäftsverkehrs auch bestimmte auf die Führung des Unternehmens bezogene Vorschriften. Diese betreffen z.B.

       die Eintragung ins Handelsregister

       die zu führende Firma

       Buchführungspflichten

       verschiedene typische Vertretungsregeln (Prokura, Handlungsvollmacht)

      Ein Nichtkaufmann ist ein Unternehmer, für dessen Gewerbebetrieb keine vollkaufmännische Betriebsführung notwendig ist. Dieses Gewerbe wird nicht in das Handelsregister eingetragen. Für einen Nichtkaufmann gelten die Vorschriften des BGB. Der Unternehmer muss den Nachweis erbringen, dass sein Gewerbebetrieb nicht die entsprechende Größe hat.

      Die verschiedenen Rechtssysteme erfordern im Streitfall unterschiedliche Herangehensweisen. Die meisten strittigen Fälle basieren auf einer unterschiedlichen Interpretation von Worten und Formulierungen des Vertrages. Im Folgenden wird die unterschiedliche Herangehensweise bei kontinentalem Recht und nach angloamerikanischem Recht aufgezeigt.

Image

      Vergleich der Vertragsinterpretation

      Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung werden Begriffe und Formulierungen verwendet, um die Absichten der Vertragsparteien festzuschreiben. Auch wenn den Geschäftspartnern die Begriffe zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung klar und eindeutig erscheinen mögen, so können sich im Laufe der Vertragsabwicklung durch weitere Mitarbeiter oder geänderte Randbedingungen neue Gesichtspunkte ergeben, die eine neue, andere Interpretation des geschriebenen Textes zu lassen. Wenn die

      Vertragsparteien sich nicht intern über die Interpretation einigen können, muss ein Richter (oder Schiedsrichter) den Vertragstext interpretieren. Je nach Rechtssystem verläuft diese Methode unterschiedlich.

      Bevor ein Gericht sich jedoch die Mühe der Interpretation macht, prüft es, ob der Vertrag rechtswirksam ist. Maßgebliche Gründe, einen Vertrag als nicht rechtswirksam zu erklären, finden sich, wenn der Vertragsgegenstand nur sehr vage definiert wurde und/oder die beabsichtigte Leistung und Lieferung sich nicht aus dem Vertrag erschließt. Auch wenn nach deutschem Recht ein Vertrag zustande gekommen ist, so kann ein amerikanischer Richter die Rechtswirksamkeit völlig anders interpretieren. Es reicht, dass der Richter nicht Willens ist, den Vertrag aufgrund von Mängeln anzuerkennen, um die Rechtswirksamkeit zu verlieren. In diesen Fällen erübrigt sich die Frage nach der weiteren Interpretation.

      (siehe auch: BGB Einleitung, Anwendung und Auslegung des Privatrechts)

      Regel 1. Eindeutigkeit wird nicht interpretiert

      Die grundsätzliche Regel bedeutet, dass ein eindeutiger Text keine Interpretation zulässt. Sofern Zweideutigkeit vorliegt, wird gemäß der folgenden Systematik vorgegangen:

      Regel 2: Grammatikalische Interpretation

      Bei dieser Regel wird versucht, durch grammatikalische Untersuchung des Textes eine eindeutige Bedeutung herbeizuführen.

      Regel 3: Systematische Interpretation

      Bei der systematischen Interpretation wird der gesamte Vertrag herangezogen und untersucht, ob andere Textpassagen den zweideutigen Teilbereich erklären

      Regel 4: Historische Interpretation

      Für die historische Interpretation werden weitere Dokumente (Besprechungsberichte, Briefe, Vorab-Verträge, etc.) herangezogen. Grundsätzlich besteht insoweit Rechtssicherheit als ein deutscher Richter die Frage nach den Gründen der Interpretation beantworten kann.

      Regel 5: Teleologische Interpretation

      Bei der teleologischen Interpretation geht es um die Absicht der Parteien zum Zeitpunkt der Vertragsschließung. Sofern dieser Wille unklar ist, wird von einem hypothetischen willen ausgegangen. Als Grundlage für den hypothetischen Willen wird vorausgesetzt, dass die Vertragsparteien einen fairen und vernünftigen Vertrag abschließen wollten.

      Ein amerikanischer Richter besitzt weitergehende Ermessensfreiheiten als z.B. ein deutscher Richter. Salopp formuliert könnte man sagen, dass die Methode nicht dem Recht folgt, sondern das Recht der Methode. Im Allgemeinen