Nikolai Gogol

Petersburger Erzählungen


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drei Jahre, und ich kann mich in mein Atelier verschließen und tüchtig arbeiten. Ich hab genügend Geld für Farben; ich hab genügend Geld für Essen, Trinken, Unterhalt und Wohnung; kein Gläubiger wird mich jetzt stören und mir mit ledernem Geschwätz die Stunden stehlen. Ich kauf mir einen guten Gliedermann und einen Gipstorso, ich lasse mir die schönsten Füße abformen, ich stell mir eine Venus in die Ecke und hänge Stiche nach den herrlichsten Gemälden an die Wand. Wenn ich drei volle Jahre still für mich arbeiten kann, ganz ohne Hetzerei und ohne an den Markt zu denken, dann stecke ich sie alle in den Sack und werde noch ein Künstler, der sich sehen lassen darf.‹

      So sprach die ruhig wägende Vernunft aus ihm; jedoch in seinem Inneren erklang noch eine andre Stimme, und die wurde immer hörbarer und stärker. Und als er dann von neuem nach dem Golde sah, gewannen seine zweiundzwanzig Jahre und seine leichtentflammte Jugend schnell die Oberhand. Jetzt konnte er sich alles leisten, was er bis heute nur von fern mit neiderfüllten Blicken hatte mustern dürfen, indessen ihm das Wasser vor Begier im Mund zusammenlief! Ach, wie sein Herz bei dem Gedanken klopfte! Modische Kleider anziehen, seinem Magen nach dem langen Fasten etwas Gutes gönnen, eine feine Wohnung mieten, und dann schleunigst ins Theater, in die Konditorei und weiß der liebe Gott wohin noch sonst . . . Er scharrte schnell das Geld zusammen und war im nächsten Augenblick schon auf der Straße.

      Vor allen Dingen eilte er zum Schneider, und als er dann vom Kopf bis zu den Füßen neu gekleidet war, bestaunte er sich selber wie ein Kind und konnte sich darin gar nicht genugtun. Er kaufte sich wohlriechende Essenzen und Pomaden und mietete sich, ohne lange nach dem Preis zu fragen, auf dem Newski Prospekt die erste beste elegante Wohnung mit herrlichen Trumeaus und Spiegelscheiben. Er kaufte wie im Traum in einem Laden ein kostbares Lorgnon, in einem andern Laden eine Menge Halsbinden, viel mehr, als er brauchen konnte, er ging zu einem Coiffeur und ließ sich Locken brennen, er machte ohne Zweck und Ziel in einer feinen Mietkalesche zwei Bummelfahrten durch die Stadt, er schlug sich in der Konditorei bis an den Hals mit Süßigkeiten voll und ging ins Restaurant Français, das ihn bisher genauso fern und märchenhaft gedeucht hatte wie das Chinesenreich. Dort setzte er sich in sehr sicherer Haltung zum Diner, musterte all die andern Gäste mit erhabner Miene, schielte ununterbrochen in den Spiegel und strich seine schön gebrannten Locken. Dazu trank er Champagner, den er bisher auch nur vom Hörensagen kannte. Ihm wurde von dem Wein ein wenig wirbelig im Kopf; als er darnach ins Freie trat, war er sehr unternehmend aufgelegt, so in der richtigen Hol's-der-Teufel-Stimmung, wie man in Russland sagt. Erhobenen Hauptes promenierte er dahin und musterte die Leute durchs Lorgnon. Als er die Brücke überschritt, begegnete ihm dort sein früherer Professor; doch Tschartkow drückte sich gewandt an ihm vorbei, wie wenn er ihn nicht sähe. Förmlich versteint vor Überraschung stand der Professor eine ganze Weile reglos auf der Brücke, und sein Gesicht war nur ein einziges Fragezeichen.

      Tschartkow ließ alle seine Sachen und den ganzen Kram, Leinwanden, Staffeleien noch an dem gleichen Abend in die neue elegante Wohnung schaffen. Er stellte, was ihm gut gemalt schien, möglichst sichtbar hin und schubste alles Schlechte in die Ecke, dann ging er durch die eleganten Zimmer auf und ab und freute sich vor jedem Spiegel innig an der eigenen reizvollen Erscheinung. In seinem Innern wuchs der Wunsch zu unbezwinglicher Gewalt, sofort das Glück beim Schopf zu packen und sich dem großen Publikum zu präsentieren. Schon klang es ihm in beiden Ohren, wie die Leute schreien würden: »Tschartkow, Tschartkow! Ja, haben Sie das Bild von Tschartkow nicht gesehen? Der flotte Strich, den Tschartkow hat! Wie talentiert der Tschartkow ist!« In einem Taumel des Entzückens ging er durch die Zimmer und ließ seine Gedanken träumerisch ins Wesenlose schweifen. Am nächsten Tage tat er zehn Dukaten in sein Portemonnaie und ging, also gerüstet, zu dem Leiter einer viel gelesenen Zeitung. Den Mann bat er um seine edelmütige Hilfe. Der Journalist empfing ihn hocherfreut und nannte ihn sofort »Verehrter Meister«, er schüttelte ihm beide Hände, er notierte sich genauestens den Namen und die Wohnung, und tags darauf fand sich in seinem Blatte, gleich hinter der Beschreibung einer ingeniösen neuen Erfindung auf dem Gebiet der Talglichtfabrikation, ein Aufsatz mit der Überschrift:

      Ein ungewöhnliches Talent!

      Der Maler Tschartkow

      »Wir müssen unverweilt dem kultivierten Publikum der Residenz die frohe Kunde von einer, wie man sicher sagen darf, in jeder Hinsicht erfreulichen Akquisition berichten. Wir sind uns alle darin einig, daß es in unserer Hauptstadt eine große Menge schöner Gesichter und ansehnlicher Personen gibt, daß es jedoch bisher noch an den Mitteln fehlte, sie auf der wundertätigen Leinwand für die Nachwelt festzuhalten. Dem ist jetzt endlich abgeholfen: wir haben einen Künstler; der alles, was er dazu braucht, in sich vereint. Von nun an kann sich jede schöne Frau mit ruhigem Gewissen malen lassen und darf der Überzeugung sein, daß dabei nichts von ihrer Grazie und Schönheit vergessen wird, daß ihre ganze ätherleichte, bewundernswürdige, bezaubernde, entzückende, gleich Schmetterlingen über Lenzesblüten gaukelnde Anmut restlos auf die Leinwand kommt. Der biedere Familienvater wird sich verewigt sehen in dem trauten Kreise seiner Lieben. Der Krieger wie der Handelsmann, der Bürger und der Staatsbeamte – ein jeder wird mit mächtig aufgefrischtem Eifer seinem Werke frönen. Herbei, geschwind herbei, ob ihr durch die Natur lustwandelt, ob ihr bei einem Freunde oder einer Base zu Besuch weilt, ob ihr in einem luxuriösen Magazin Einkäufe macht – laßt alles stehen und liegen, eilt herbei! Im wunderbaren Atelier des Künstlers am Newski Prospekt, Nummer soundso – sind alle Wände voll Porträts des Meisters, die van Dycks und Tizians würdig wären. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll: die fabelhafte Ähnlichkeit der Bilder oder den Glanz der Farben und den flotten Strich. Ehre dem großen Künstler! Er hat ein Glückslos in der Lotterie gezogen. Heil dir, verehrter Meister! Und schaffe weiter, dir und uns zum Ruhm! Wir wissen dich zu schätzen. Die ganze vornehme Gesellschaft wird sich drängen, dir zu sitzen, und Gold in Fülle wird dein Lohn sein, wenn wir es uns auch natürlich denken können, daß manche unserer Kollegen von der Presse, wie es nun einmal üblich ist, den Schnabel an dir wetzen werden.«

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