Christian Milkus

Treulose Seelen


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nötig gehalten, uns davon zu erzählen? Sind wir dir so peinlich?«

      Abaro zögerte. Er schien nicht zu wissen, was er zu ihnen sagen sollte. »Es...es ist noch nicht lang, dass wir uns...kennen. Und da wir ja nun so lange weg sind, weiß ich nicht, ob sie mich noch will, wenn ich wiederkehre.«

      Melacho lachte. »Immer so bescheiden, mein Freund. Warum sollte sie dich nicht mehr wollen? Du bist doch ein guter Fang für jede Frau! Wie heißt denn die Glückliche?«

      »Das ist sehr freundlich, Hoheit. Ihr Name ist Nistara.«

      »Er wird immer untertänig, wenn ihm etwas unangenehm ist, ist dir das schon einmal aufgefallen, Melacho?«, meinte Calansir, dem der Spaß an dieser Situation anzumerken war.

      »Ein wenig mehr Respekt mir gegenüber könnte dir manchmal gar nicht so schlecht stehen, du Riese!« Melacho zog Abaro näher an sich heran. »Nistara ist ein schöner Name, also wird er zu ihr passen, wenn sie dir den Kopf verdreht hat. Meinen Glückwunsch!«

      Abaro klopfte dem König auf die Schulter. »Danke. Sie ist eine besondere Frau.«

      Auch Calansir gesellte sich nun zu ihnen. »Du kannst sie uns vorstellen, wenn wir zurück sind. Jetzt verstehe ich auch, weshalb du so vorsichtig vorgehen willst. Jemand wartet zuhause auf dich!«

      Sie lachten, doch Melacho wunderte sich. Weshalb hatte Abaro, wenn die Heilerin Nistara der Grund für seine Umsicht war, dann allein gehen wollen, um etwas gegen die Verräter zu unternehmen? Das passte nicht zusammen.

      »Das mache ich«, meinte Abaro.

      »Guter Mann. Und, Melacho, vermisst du deine Herzensdame ebenfalls?«, wollte Calansir wissen. Auch wenn Melacho nicht genau zugehört hatte, war ihm der Ton, den sein Freund angeschlagen hatte, nicht entgangen. Doch er beließ es bei einem Augenrollen, was Calansir nicht sehen konnte. So nah vor einem möglichen Kampf wollte er nicht diskutieren.

      »Durchaus, ja. Sie ist immerhin meine Gattin. Sie entwickelt so langsam auch Interesse an meinen Geschäften, sie fragt immer öfter nach, wenn ich von meinem Tag erzähle.«

      »Das wundert mich, hast du dir schon einmal zugehört?«, neckte Calansir ihn.

      »Du bist doch nur neidisch, dass du noch keine Frau gefunden hast, der du von deinem Tag erzählen kannst«, versuchte der König den Spieß umzudrehen. Jetzt lachte Calansir erneut.

      »Ich habe die einzige Dame, die ich brauche, immer an meiner Seite«, erklärte er und klopfte auf sein Schwert. »Mit ihr habe ich niemals Ärger, glaubt mir!«

      »Reiter!«, rief Abaro und deutete auf Schemen, die immer deutlicher wurden, je näher sie kamen. Melacho zählte sie und bemerkte, dass zwei von ihren Spähern fehlten.

      Die Männer hielten kurz vor den drei Freunden und stiegen ab, um sich vor dem König und ihren Hauptmännern zu verbeugen.

      »Majestät, wir haben das Haus ausgekundschaftet«, berichtete einer von ihnen. Seine Züge konnte Melacho nicht ausmachen.

      »Das ist mir schon klar. Sprich, wir wollen keine Zeit verlieren!«

      Der Mann verbeugte sich erneut, wie es den Anschein hatte. »Natürlich, Eure Hoheit. Sie haben Kämpfer dort, wir konnten die Zelte erkennen. Fünfhundert Mann, grob geschätzt. Sie sind in Bereitschaft.«

      »Wie ich es befürchtet hatte«, sagte Abaro zu ihm. Er wandte sich zu dem Reiter. »Weshalb fehlen zwei von euch?«

      Der Späher hielt für einen Moment inne. »Wir...wir wurden entdeckt. Die beiden sind von Pfeilen getroffen worden.«

      Alarmiert zog Abaro die beiden etwas zurück. »Wir müssen jetzt zuschlagen, bevor sie uns überraschen oder fliehen können!«

      »Ja«, erwiderte Melacho nur. Er wusste genau, dass Abaro und Calansir erfahren genug waren, um die Situation richtig einschätzen zu können. Als der Hüne keine Einwände vorbrachte, rief Abaro die Befehle. Sofort kehrte Leben in das ansonsten stille Waldstück ein.

      Ein plötzlicher, lauter Knall übertönte all ihre Vorkehrungen. Er erinnerte Melacho an ein Gewitter, der Donner war jedoch nicht nur zu hören. Ein Beben erschütterte sie, so stark, dass der König seinen festen Stand verlor. Etwas Vergleichbares hatte er bisher noch nie erlebt. Die Auswirkungen dieses Phänomens spürte er bis tief in seinen Körper.

      Jeder von ihnen sah auf die Stelle, von der sie das Geschehnis vermuteten. Es kam aus einem weiteren Waldstück, das gegenüber von ihnen lag. Der Weg zu dem Landhaus teilte die Baumreihen.

      Nun erblickte Melacho einen Lichtblitz, doch er kam nicht, wie ein Blitz, aus dem Himmel, sondern von der Erde. Unsicher sah er zu seinen beiden Hauptmännern.

      »Los, schauen wir nach!«, rief Calansir kühn und machte ein Klatschzeichen, welches er mit seinem Trupp der Armee vereinbart hatte. Zögerlich, doch gehorchend, folgten die Soldaten ihrem Hauptmann.

      »Calansir, warte!« Abaro schien Angst zu haben, wirkliche Furcht. Er sah zu Melacho. »Warte hier mit den Männern, bleib in Sicherheit!«, befahl er ihm beinahe und rannte hinter den Truppen des Freundes her, zum Ursprung des Knalles.

      Melacho stand einige Momente da, er fühlte die Blicke seiner Soldaten auf ihm. »Was starrt ihr mich so an, wir folgen ihnen!«, brüllte er und begann seinerseits die Verfolgung. Der König wollte unter keinen Umständen ein Feigling sein. Seine eigenen Bedenken, diesem unheimlichen Ereignis auf den Grund zu gehen, warf er beiseite. Seine Männer bildeten eine Art Schutzkreis um ihn, während sie liefen.

      Sie erreichten das zweite Waldstück und arbeiteten sich weiter vor, hinein in das dunkle, raschelnde Ungewisse. Einige der Soldaten hatten Fackeln entzündet, die sowohl Calansirs, als auch seine eigene Truppe hatte tragen sollen, sobald sie am Landhaus angekommen waren.

      Melacho rannte, doch wusste er nicht, wohin genau. Er konnte trotz der Lichtquellen nicht erkennen, wohin die anderen gestürmt waren.

      »Halt!« Seine Stimme war seltsamerweise fest und klar. »Wir müssen die anderen finden. Wild umherzulaufen wird uns nicht weiterbringen.«

      Der König trat aus seinem menschlichen Schutzkreis, um nach Hinweisen zu suchen. Spurenlesen konnte er nicht, doch vielleicht waren seine Soldaten darin geschult.

      So unangekündigt wie der Knall und Lichtblitz zuvor, spürte er lodernde Wärme hinter sich. Auch war es mit einem Male deutlich heller als noch zuvor. Melacho stand auf und drehte sich um.

      Hinter ihm türmte sich eine flammende Wand auf. Ein Feuer, was bis zu den Bäumen ragte, war wie aus dem Nichts entfacht. Es hatte ihn von seinen Männern getrennt, keiner der Soldaten stand noch neben ihm.

      Panisch zog Melacho sein Schwert. Wie konnte das möglich sein? Hatten die Fackelträger ihr Feuer fallengelassen und so einen Waldbrand verursacht? Das umliegende Holz war so nicht trocken, dass bereits ein kleiner Funke genügte. In den letzten Tagen hatte es viel geregnet. Der König hielt seine Klinge von sich gestreckt, als ob jeden Moment ein Feind auf ihn zuspringen würde. Doch es war niemand da.

      »Könnt ihr mich hören?«, rief er in Richtung der Flammen, wo noch kurz zuvor Soldaten gestanden hatten. Doch alles, was er hörte und was ihm eine Antwort schenkte, war das Knacken des Feuers.

      Es hatte ihn gänzlich von allen anderen abgeschnitten. Wie eine Schlange bahnte es sich seinen Weg, was dem König noch seltsamer vorkam. Denn es breitete sich nicht wie herkömmliches Feuer aus, sondern formte eine Art Linie. Etwas hier stank ganz gewaltig, und es war nicht allein der Geruch nach verbranntem Fleisch. War es möglich, dass die Familie Fingrabor einen Begabten gefunden hatte?

      Nur noch vereinzelte Gerüchte zeugten von der Existenz der Magier, die gejagt, zusammengetrieben und getötet worden waren. Doch weshalb hatten sie ihn dann nicht dem Feuer übergeben?

      Melacho sah sich um und wurde gewahr, dass er das Waldstück verlassen konnte. Das ist ihr Plan, sie wollen, dass ich freiwillig zu ihnen gehe und zu Kreuze krieche. Darauf können sie lange warten! Der König fasste den Plan, tiefer zwischen die Bäume zu wandern, bis er irgendwo