Juli van Bohm

Sterne, die begehrt man nicht


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zu bemerken.

      „Wenn wir dürfen“, Connor schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.

      „Selbstverständlich.“ Der Händler machte eine ausladende Bewegung. „Ich bin sicher, Sie werden begeistert sein. Wenn Sie Fragen haben, helfe ich Ihnen gerne weiter.“

      Der kleine Laden war wirklich einzigartig und faszinierte nicht nur mit seiner Atmosphäre, sondern auch mit einem bemerkenswerten Sammelsurium an Kuriositäten. Neben ungewöhnlichem Mobiliar, das märchenhafte und futuristische Stilrichtungen miteinander zu vermischen schien, fanden sich überall verrückte Utensilien, die förmlich zur näheren Betrachtung einluden.

      „Schauen Sie sich diese fabelhafte Tischdekoration an“, hauchte Emily entzückt. „Eine flippige Mischung aus Kitsch und Kunst. Fantastisch!“

      Eine Girlande aus zahlreichen bunten Glaslampen, die Früchten nachempfunden waren, schimmerte in einem bezaubernden Licht und verzierte einen alten Eichentisch, der direkt neben der Eingangstür des Ladens stand.

      „Wirklich ungewöhnlich“, Connor nickte zustimmend, während er seinen Blick forschend durch den Laden schweifen ließ. „Aber wenn ich ehrlich bin, reizt mich diese Lampe besonders.“ Er deutete auf eine silberne Blume, die Emily auf den ersten Blick gar nicht als Lampe erkannt hatte. „Können Sie uns dieses Objekt einmal zeigen?“, wandte sich Connor an den Verkäufer.

      „Nicht wahr, dieses Design ist überwältigend“, huldvoll lächelnd eilte er herbei und nahm die Leuchte so vorsichtig in seine Hände, als halte er ein rohes Ei. Sie war wie eine Tulpe gestaltet, die ihren Blütenkelch geschlossen hatte. „Passen Sie auf.“ Er betätigte den Schalter, woraufhin sich die Tulpe zu strecken und zu dehnen begann. Schließlich öffnete sie langsam ihren silbernen Kelch, um ein strahlendes Licht zu spenden.

      „It’s amazing!“, Connor freute sich wie ein Kind, wobei seine Augen begeistert glänzten.

      „Wir haben nur dieses eine Exemplar“, versuchte der Händler, ihn geschickt zu ködern. Doch das war gar nicht mehr nötig. Connor hatte längst Feuer gefangen.

      „Wäre es ein Problem für Sie, die Lampe nach Los Angeles zu liefern?“

      „Selbstverständlich nicht!“, fast schien der Verkäufer beleidigt zu sein, als er zu Papier und Stift griff, um die Adresse zu notieren, die Connor ihm nannte.

      Unterdessen bewunderte Emily abermals die zauberhafte, pastellfarbene Tischdekoration. Wahrscheinlich würde sie ein Vermögen kosten. Sie hatte nicht den Mut, danach zu fragen. Hier standen nirgendwo Preise an den Ausstellungsstücken. Die Menschen, die in diesem Lädchen kauften, hatten offensichtlich keine Geldprobleme. Connor verhandelte immer noch mit dem Verkäufer und blätterte in seinem Adressbuch. Verstohlen strich sie mit ihren Fingerspitzen über das filigrane, farbige Glas. Herrje, wie lange dauerte das noch. Er würde doch wohl seine Anschrift kennen. Ungeduldig trat sie von einem Bein auf das andere und war erleichtert, als Connor sich endlich zu ihr gesellte. Fragend blickte er sie an. „Haben Sie auch etwas gefunden, das Sie kaufen möchten? Oder darf ich Ihnen vielleicht einen Wunsch erfüllen?“

      Emily schüttelte entschieden den Kopf und trennte sich wehmütig von der unerschwinglichen Lichterdekoration. „Nein, meinetwegen können wir gehen.“

      „Na dann“, er hakte sich bei ihr ein, als seien sie alte Freunde. „Und was machen wir jetzt?“

      „Ihr Tatendrang scheint ja unvermindert stark zu sein“, sie warf einen Blick auf die Uhr.

      „Eigentlich dachte ich daran, nach Hause zu fahren. Ich muss schließlich noch arbeiten, wie Sie wissen.“

      „Ach nein“, er machte ein enttäuschtes Gesicht. „Es ist doch erst sechs Uhr. Der Abend hat noch gar nicht richtig angefangen. Lassen Sie uns den versprochenen Bummel zur Rheinpromenade machen und anschließend eine Kleinigkeit essen. Was halten Sie davon?“

      Emily gab sich geschlagen. „Also schön, einverstanden.“ Sie überlegte kurz. „Sagen Sie, haben Sie schon ein richtiges Düsseldorfer Alt getrunken?“

      Connor schüttelte den Kopf.

      „Dann gehen wir zum Uerige.“

      „Zum Uerige?“, sein fragender Blick sprach Bände. „Was ist denn das?“

      „Ein typisches Düsseldorfer Brauhaus. Lassen Sie sich überraschen. Es wird Ihnen ganz bestimmt gefallen. Und danach gibt es noch einen Killepitsch im „Et Kabüffke“. Der darf bei keinem Altstadtbummel fehlen.“

      „Uerige, Killepitsch, Kabüffke“, Connor lachte, „ich dachte, ich würde die deutsche Sprache ganz gut beherrschen, aber das habe ich noch nie gehört.“

      „Es ist nie zu spät, die wichtigen Dinge des Lebens kennenzulernen“, grinste Emily.

      Zehn Minuten später standen sie an den Stehtischen vor einem Brauhaus in der Nähe des Rheinufers und tranken ein kühles Altbier. Um sie herum drängelten sich viele Leute, die das schöne Wetter genossen und angeregt miteinander plauderten.

      „Hm, das schmeckt ungewöhnlich, aber sehr lecker.“ Connor, der mittlerweile seine Sonnenbrille aufgesetzt hatte, leckte sich den Schaum von den Lippen. „Schade, dass es bei uns so etwas nicht gibt. Ich könnte mich daran gewöhnen.“

      „Das glaube ich gerne!“, Emily lachte. „Mögen Sie noch eins? Auf einem Bein kann man bekanntlich nicht stehen.“

      Connor griff beherzt nach einem zweiten Glas, das ihm der Köbes schwungvoll auf den Bierdeckel gestellt hatte.

      „Anschließend sollte ich aber lieber eine Kleinigkeit essen. Das Frühstück habe ich ausfallen lassen, heute Mittag hatte ich nur einen Snack und allmählich meldet sich mein Magen.“

      „Erst der Killepitsch“, warf Emily ein und zog ihn sanft in die Flinger Straße zu einem Klappfenster, hinter dem sich eine urige, kleine Kneipe offenbarte, deren Spirituosensortiment Connor einen anerkennenden Pfiff entlockte.

      „Zwei Killepitsch“, bestellte sie und erhielt zwei Gläschen, die mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt waren. Connor beäugte sie skeptisch.

      „Kein Altstadtbesuch ohne Killepitsch, dat es en äschte Düsseldorfer Spezijalität“, Emily konnte sich das Lachen kaum verkneifen, während Connor irritiert die Augenbrauen hochzog und am bittersüßen Kräuterlikör nippte.

      „Schmeckt interessant“, gab er zu, bevor er einen größeren Schluck nahm. „Düsseldorf hat offenbar einiges zu bieten.“

      „Definitiv“, Emily nickte. „Was halten Sie davon, wenn wir uns eine Pizza holen und uns auf die Rheintreppe am Burgplatz setzen. Ich liebe es, den Schiffen auf dem Rhein zuzusehen.“

      „Einverstanden, Sie sind die Fremdenführerin“, stimmte er zu. „Machen wir uns auf den Weg, ich bin zu allem bereit.“

      Kurz darauf saßen sie gemeinsam auf der Rheintreppe und aßen ihre Pizzen. Wie lange war sie nicht mehr hier gewesen und hatte den Trubel in der Altstadt genossen? Es schien Ewigkeiten her zu sein. Auch Connor schwieg und blickte versonnen auf den großen Strom. Emily fragte sich, woran er wohl denken mochte.

      „Einen Penny für Ihre Gedanken.“ Sie hätte gerne seine Hand ergriffen, doch dazu fehlte ihr der Mut. Auf eine unbestimmte Weise wirkte er verloren. Emily konnte sich nicht erklären, warum, aber sie empfand es so.

      Connor steckte die Sonnenbrille in seine Jackentasche und warf ihr einen Blick zu.

      „Wenn Sie es genau wissen wollen – ich habe gerade an die Sendung morgen Abend gedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass es erheblich angenehmer wäre, mit Ihnen auszugehen.“

      Emily spürte, wie sich ein warmes Gefühl in ihr ausbreitete. „Macht es Sie nervös, dass Sie auftreten müssen?“, lenkte sie ab.

      „Würde es Sie nervös machen?“, er sah ihr tief in die Augen.

      „In der Tat, das würde es – sehr sogar!“, Emily nickte heftig.

      Er