Max Nang

Lust Verlust


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so etwas nach der Verliebtheitsphase normal wäre. Es ist nicht überraschend, dass diese Experten so etwas sagen. Sie meinen es vielleicht auch ehrlich, weil sie es selbst nicht anders kennen. Es läuft sexuell bei ihnen wie bei den meisten anderen Menschen auch.

      Ich widerspreche dieser Theorie aber vehement. Meine eigene Erfahrung (und dies mit nicht nur einer Frau), die Berichte von vielen Menschen, die ich angesprochen habe, und das Ergebnis meiner Umfragen zeigen eine andere Realität. Nein, dass die Lust in einer Beziehung langsam zurückgeht, weil man lange zusammen ist, ist nicht normal. Ich habe mit reiferen Männern in Afrika geredet und auch mit meinem Vater. Die Antwort war klar: Auch nach 30, 40 Jahren Ehe hatten sie immer noch sehr guten Sex mit ihren Ehefrauen. Die Lustintensität war nicht weniger. Die Qualität war sogar mit den Jahren noch besser geworden. Dies bestätigt, wie gesagt, auch meine eigene Erfahrung. Nach 12 Jahren Beziehung war der Sex im 12. Jahr viel besser als in den ersten Jahren. Bezüglich meiner Lust auf meine Partnerin hatte sich nichts geändert, im Gegenteil. Dass es Momente gibt, in denen man keine Lust auf Sex hat, ist natürlich, aber das hat nichts damit zu tun, dass man schon lange zusammen ist. Das kann genauso in einer frischen Beziehung passieren.

      Die sexuelle Monogamie bringt auch die Monotonie mit sich. Es kommt nichts Neues, das Gleiche wird jahrelang gemacht, ohne Entwicklungen, ohne Abwechslung – immer die gleichen Positionen, der gleiche Ablauf. Die Frau weiß nicht, wie sie den Mann anmachen kann und der Mann weiß nicht richtig, wie er die Frau befriedigen kann. Die Erfahrungen, die man mit anderen Frauen oder Männern gemacht hätte und mit denen man die eigene Beziehung hätte bereichern können, fehlen.

      Sexuelle Monogamie und Sex mit nur ein und

      demselben Partner wird langfristig zu fast

      100% die Lust auf diesen Partner auslöschen.

      Die Triebunterdrückung ist fatal für die

      Gesundheit und die Potenz. Am Ende werden

      solche Paare, wenn sie sich nicht bereits

      getrennt haben, wie Bruder und Schwester

      leben; auch das kann gehen, aber man muss sich

      fragen, ob man das möchte.

      2.1 Das gemeinsame Bett

      Viele werden es nicht glauben wollen, dass ein gemeinsames Bett nicht unbedingt fördernd für den gemeinsamen Sex ist. Man lebt doch schon seit Generationen so, überall in den Medien wird das als völlig normal dargestellt, viele Sex- und Paartherapeuten erklären immer wieder, warum das gemeinsame Zimmer modern und gut für die Beziehung ist. Beobachtet euch und andere gut! Ihr werdet sehen, dass viele Paare, die sich noch so sehr lieben (ihr vielleicht auch) und im gleichen Bett schlafen, immer seltener Sex miteinander haben. Macht doch einen kleinen Test für einige Wochen (nur vier Wochen!): Der Mann schläft im Gästezimmer oder im Wohnzimmer und die Frau im Schlafzimmer. Ihr werdet sehen, dass ihr in den vier Wochen viel mehr Sex habt, als die Wochen davor. Ihr werdet sehen, dass ihr häufig mitten in der Nacht starke Lust auf den anderen bekommt, dass frühmorgens oft der eine voller Lust zum anderen kommt, sich in sein Bett schleicht und dass der andere Partner sich darüber freut. Ihr werdet sehen, dass der Sex intensiver wird und dass das gemeinsame Aufstehen danach toll ist. Der Partner erscheint wieder wie neu. Das ist ein kleines Experiment, das hilft zu verstehen, wie das gemeinsame Zimmer mit der Zeit die Lust, die Spannung, die Neugier auf den Partner lahmlegt. Einer der größten Lusttöter in einer Beziehung ist das gemeinsame Schlafzimmer. Das gemeinsame Bett ist ein gefährlicher, stiller Lustkiller, der sich ganz leise einschleicht. Diese gesellschaftlich aufgezwungene Art der Beziehung hat nichts mit dem Naturell der Menschen zu tun. Jeder Mensch hat das Bedürfnis, sich mal zurückziehen zu wollen und einen Ort zu haben, wo er für sich allein ist. Wo er sich fallenlassen kann, wie er will.

      Ich habe dies bei meinen Eltern gesehen. Jeder von ihnen hatte sein eigenes Zimmer und dabei habe ich gemerkt, dass jeder sein Zimmer anders gestaltet als der andere. Meine Mutter liebte zum Beispiel große amerikanische Matratzen, aber meinem Vater waren sie zu weich, er wollte lieber eine sehr dünne Matratze. Ich frage mich, wie sie mit diesen unterschiedlichen Geschmäckern umgegangen wären, hätten sie ein gemeinsames Schlafzimmer gehabt? Man hätte Kompromisse gefunden, ganz sicher. Aber warum und wozu? Macht man nicht schon genug Kompromisse im Leben? Ich habe im Gegenteil gesehen, dass sie sehr zufrieden waren mit dieser Aufteilung, die sie aber nicht daran hinderte, hin und her zu pendeln. Allein dieses Bewegen und sich zum anderen auf den Weg machen zu müssen war schon erotisch und anziehend genug.

      Am Anfang, wenn man noch total verliebt ist, findet man das vielleicht noch goldig, mit dem Partner im gleichen Bett zu schlafen. Aber irgendwann ist es nur noch Gewohnheit oder man fühlt sich wegen der sozialen Normen und der Definition der Liebe (unbewusst) dazu verpflichtet.

      Es gibt viele Dinge, die Lust töten. „Kleine“ Kleinigkeiten, wie Schnarchen, Mundgeruch, Blähungen, Sprechen im Schlaf, sich ständig umdrehen, nachts raus müssen, Sabber im Mundwinkel, Erkältung und die ganze Nacht Husten usw. Das stresst die Beziehung und den Körper unbewusst und lässt langsam aber stetig die Lust verschwinden, ohne dass es dem Paar bewusst wird.

      Jede Nacht nebeneinander zu schlafen erzeugt

      zu viel Nähe und zu wenig Sinnlichkeit. Das ist

      schlecht für die Intimität. Das gemeinsame

      Schlafzimmer nimmt den Zauber und lässt

      Paare in die Alltäglichkeit verfallen.

      3. Liebe und Sex vereinen, Überromantisierung der Liebe und der Beziehung, Konsumliebe

      Sex und Liebe zu vereinen kann langfristig die Lust auf Sex töten. Sex haben bedeutet nicht, dass man liebt, und man kann lieben, ohne Sex zu haben. Sex und Liebe zu liieren ist ein fataler Fehler, der viele Menschen hemmt und vieles verhindert. Sex und Liebe sind etwa wie Zucker und Wasser: Zusammen schmecken sie gut, sehr gut - aber auch ohne Wasser ist Zucker weiter süß und lecker.

      Laut bewiesener Wissenschaft ist die Liebe, so wie der Sex, keine Herzensangelegenheit. Die Liebe entsteht durch komplexe biochemische Prozesse, die im Gehirn und im Darm passieren. Nur werden beim Sex andere Hirnbereiche aktiviert als bei der Liebe. Die Menschen haben die Liebe zur Herzensangelegenheit gemacht, obwohl das Herz gar nicht direkt damit zu tun hat.

      Sehr viel mehr Menschen würden außerehelichen Sex haben, wenn da nicht die sozialen Normen wären. Ich höre von den meisten als einzige Begründung immer nur: „So was tut man doch nicht“ oder „Wenn man liebt, teilt man doch nicht den Partner“. Das sind aber sehr schwache Argumente. Was vielen Menschen Probleme macht, ist diese moralische, feste Verbindung von Sex und Liebe. Diese Vereinigung von Sex und Liebe sowie Treue hat aber nichts mit der Natur des Menschen zu tun, sondern mit irgendwelchen Menschengesetzen, unterstützt von der Kirche, die dazu dienen, die Sexualität der Menschen zu kontrollieren - vor allem die der Frauen.

      In vielen anderen Kulturen und auch in meiner Überzeugung hat Sex mit der Liebe nichts zu tun. Sex und Liebe sollte man trennen. Man kann sich lieben, ohne Sex haben zu wollen und man kann sehr guten Sex miteinander haben, ohne sich zu lieben - auch wenn Sex mit Liebe etwas Besonderes sein kann. Ich sage mit Absicht, etwas Besonderes sein kann und nicht sein muss. Ich habe schon wunderbare One-Night-Stands gehabt und habe auch Frauen sehr geliebt, mit denen der Sex nicht so schön war, mit denen ich aber dennoch eine tolle Beziehung führte. Dies war nur möglich, weil ich Sex mit anderen Frauen haben konnte und in meinem Gefühl und in meinem Kopf den Sex von der Liebe getrennt habe.

       Die weit verbreitete Definition von Liebe ist zu egoistisch

      Schon die Bedeutung eines Wortes kann den Menschen in seiner Handlung manipulieren und einschränken. Die Liebe, besonders wie sie den Menschen vor allem in den westlichen Ländern zu verstehen gegeben wird, führt die Menschen dazu,