Max Nang

Lust Verlust


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und unteilbar ist. Warum denkst du, dass deine Freundin, die dich liebt, sich „geteilt“ hat, wenn sie einmal mit einem anderen Mann schläft? Warum meinst du, du willst sie nicht mit jemandem teilen? Was willst du nicht teilen? Bleibt bei dem anderen ein Teil der Vagina? Alles kehrt doch zu dir zurück. Und du kannst dann genauso schön mit ihr schlafen, in vollen Zügen. Du willst die Liebe nicht teilen? Wie kann man Liebe teilen? Kannst du die Liebe zwischen deinen Kindern teilen? Kannst du die Liebe zwischen deinen Eltern teilen?

      Nein – die Liebe ist umfassend, vielseitig und teilbar.

      Die Liebe hat verschiedene Facetten und Level.

      In einem einzigen Menschen oder einer einzigen

      Sache kann man nicht alle Facetten der Liebe

      wiederfinden.

      Das ist pure Fantasie.

      Aber in der romantischen, westlichen Vorstellung von Liebe erwartet man vom Partner, dass er perfekt ist; dass er in sich alles vereint, was man sich wünscht und was man will: Er soll ein guter Liebhaber, ein ehrlicher Freund, ein vertrauensvoller Berater, ein zuverlässiger Spielkamerad sein, ebenso wie ein toller Vater oder eine tolle Mutter, ein guter Finanzierer. Man erwartet vom Partner, dass er genauso fühlt, weint, pupst, lacht wie man selbst, dass er die gleichen Interessen, Lüste und Gelüste hat, man soll alles zusammen machen und teilen, man hat die gleichen Freundeskreise, die gleichen Meinungen, man geht nur zusammen aus usw. Nur dann glaubt man, dass man sich liebt und zusammenpasst (das sehen wir zum Beispiel schon, wenn wir Kontaktanzeigen lesen, in denen Leute die Liebe suchen, und darauf achten, was sie von dem anderen erwarten). Daraus entsteht eine Exklusivität: Der Partner gehört mir. Dann ist es nur folgerichtig, dass ihre Vagina, Klitoris, Brüste bzw. sein Penis ebenfalls mir allein gehören.

      Diese Forderung an einen einzigen Menschen, alles in sich zu vereinen, überfordert die Liebe und macht den Menschen zum Gefangenen seines Gefühls. Irgendwann kann er es nicht mehr ertragen. Diese Art von Liebe wirkt erdrückend und stresst die Sexualität. Die Partner müssen ihre sexuellen Fantasien und Träumen unterdrücken und trauen sich nicht, Sex außerhalb dieser Instanz zu haben. Das wäre Untreue; wenn man jemanden liebt, hat man doch nur Lust auf diese Person. So verkommt die Liebe zum romantischen Ideal, beschützt von der Eifersucht.

      Zu viel“ zu lieben und diese Liebe ständig zu betonen, kann auch die Lust auf Sex töten. Der Mann singt jeden Tag „Ich liebe dich!“, ruft die Frau jede Stunde im Büro an, er bombardiert sie mit SMS-Liebesgrüßen, ihr Anrufbeantworter steht nicht mehr still, Blumen werden jeden Tag geschickt usw. Und wenn sich die Frau darüber beschwert, sagt er nur: „Aber ich liebe dich doch, Schatz, ich bin halt verrückt nach dir! ...“ Am Anfang scheint es noch süß zu sein, aber bald wird diese Art nervig und die Lust auf den Partner verschwindet. Eine Liebe, die so läuft, führt garantiert dazu, dass die Lust irgendwann stirbt.

      Liebe kann man verteilen und differenzieren.

      Liebe ist nicht nur auf einen einzigen Menschen

      beschränkt. Man kann mehrere Männer und

      Frauen gleichzeitig lieben. Jede Liebe ist anders.

      Es gibt immer einen besonderen Grund, warum

      man den einen oder den anderen liebt.

      Die westliche Kultur und Denkweisen sind sehr religiös geprägt, und die Sprache und Kultur ist voller Egoismus und Beschränkungen. Sex und Liebe reflektieren nur die gesamte Kultur. Die Sexualität (in der Beziehung) ist nach außen sehr eng mit Liebe verbunden. Liebe wiederum fordert ein absolutes Exklusivrecht am Partner, seinen Bedürfnissen, seinem Körper und seiner Sexualität; Liebe bedeutet hier, alles mit dem Partner zu teilen (Freundeskreise, Intimsphäre, Geheimnisse, Hobbys, Meinungen, Sexualität…) und zu einer Einheit zu werden.

      In der Kultur der Bamileké (Westafrika) gibt es nur ein Wort für alles Folgende: Sympathie, sich mögen, Liebe und liebhaben. All das ist vereint in dem einzigen Wort „Liebe“. Somit kann man viele Menschen lieben und mit vielen Menschen Sex haben, ohne das Gefühl zu haben, dass man jemanden betrogen hat.

      Ich sage sehr afrikanisch: man kann nicht jeden Tag nur Reis mit Erdnusssoße essen, auch wenn dieses Gericht das Lieblingsgericht ist. Irgendwann kommt eine Sättigung. Um zu wissen, dass Reis mit Erdnusssoße wirklich das Lieblingsgericht ist, sollte man vielleicht Reis mit Tomatensoße oder gar Nudeln oder Kartoffeln essen. Diese Abwechslung macht den Reis dann zu etwas Besonderem. Man freut sich nach zwei Tagen, wenn man wieder Reis mit Erdnusssoße essen darf. Wenn man das nicht tut und nicht die Möglichkeit hat zu vergleichen, wird man am Ende auch keinen Reis mehr sehen wollen. So ist es auch mit Sex und Liebe.

      Wenn diese Vereinigung von Liebe und Sex im Innersten richtig wäre, würden doch nicht so viele Menschen dennoch fremdgehen und Lust außerhalb der Partnerschaft suchen. Überall in den westlichen Ländern floriert alles, was mit Sex zu tun hat. Der Konsum von Sex-Spielzeug ist enorm. Die am häufigsten angeklickten Seiten im Internet sind Sexseiten, mit Milliarden Klicks pro Monat. Partnerbörsen und Seitensprungportale, Singletreffs, Sexclubs, Freudenhäuser usw. boomen: Das heißt, alles, was mit reinem Trieb, mit Sex ohne Gefühl und Liebe zu tun hat, stößt auf riesiges Interesse.

      Wenn wir diesem Trieb nicht erlauben, sich in

      seiner Natürlichkeit zu entfalten, wird er die Lust

      in uns zerstören.

      3.1 Unpassende Kosenamen und Babysprache entmännlichen und töten die Lust

      Kosenamen können sehr peinlich sein und langfristig die Lust am Sex auf den Partner töten. Zu viel Niedlichkeit fördert die Lust überhaupt nicht.

      „Schnuckiputzi, kommst du her, mein Hasi, legst du dich zu deinem Mäuschen?“ Solche Sätze sind sehr populär in der westlichen Kultur.

      Schatzilie, Kätzchen, Dickerchen, Pupsi, Mausi, Hasi, Bärchen, Purzelchen schleichen sich unbemerkt in der Phase der Verliebtheit ein und bleiben darüber hinaus. Viele benutzen diese Namen auch außerhalb des Hauses. Als ich einmal bei einem Fußballspiel ein Paar miteinander reden hörte – „Bärchen hast du mal geschaut was der kleine Schatz hat?“ … „ja Mäuschen, ich schau mal nach“ – lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.

      Besonders Männer, die mit solchen verniedlichenden Tiernamen bezeichnet werden, fühlen sich mit der Zeit entmännlicht, ohne dass es ihnen bewusst wird. Manche Kosenamen zerstören den gesunden erotischen Abstand zwischen den Partnern und ruinieren regelrecht die Erotik und die Anziehungskraft.

      Auch Kosenamen für die Geschlechtsteile, wie Liebeshöhle, Lustgrotte, Muschi, Feuchtgebiet, kleiner Mann, Latte, Nudel oder Rohr töten langfristig die Lust auf Sex. Viele Männer erzählen mir, dass der oft benutzte Name „Muschi“ ihnen auf die Nerven geht und total unromantisch klingt. Wer will schon in ein Feuchtgebiet gehen, wer will schon seinen Penis in eine Höhle stecken? Solche Namen können die Lust zum Erliegen bringen, ohne dass die Partner wissen, warum der andere keine Lust mehr hat.

      Manche Partner fangen an, sich gegenseitig „Papa“ und „Mama“ zu nennen, wenn sie Eltern geworden sind. Unbewusst wirken diese Namen sehr effektiv auf den Menschen. Wie kann ich mit jemandem, den ich Mama nenne, schlafen? Wie kann ich mit meiner Mama schlafen? Wie kann ich mit meinem Papa schlafen? So erlischt die Lust aufeinander, ohne dass es dem Paar bewusst wird.

      3.2 Distanzlosigkeit und zu viel Harmonie, zu lieb sein

      Distanzlosigkeit ist ein weiterer Faktor, der Lust töten kann! Wenn Partner alles teilen wollen und einfach alles vom Anderen wissen wollen, keine kleinen Geheimnisse für sich haben, jeden Tag, jede Minute zusammen sind, usw. kann das das sexuelle Interesse völlig abflauen lassen.

      Sie