Henriette - Angela Richter

Der Genesis


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      Ich fragte den Professor, wo wir denn jetzt eigentlich hinfuhren. Er zuckte mit den Schultern: ,,Irgendwo werden wir ankommen.“ Ergo, wir hatten uns verfahren. Es wurde schnell dunkler, die Wolken wirkten bedrohlicher, es sah nach einer regnerischen, kalten Nacht aus. Jetzt einen warmen und trockenen Ort finden, das wäre schön. Mein Körper fing an entsetzlich zu frieren. Oder ein Haus … Häuschen … Hütte … Höhle …, der Regen brach los, es prasselte erbarmungslos auf uns hernieder. In diesem Moment, musste ich unweigerlich an Ameisen denken, ja genau so, müssten sich die kleinen Viecher fühlen, wenn der Gärtner, sie mit der Gießkanne erwischt. „Dort!“ schrie Jeremy: ,,Ein überhängender Felsen.“ Die Fahrzeuge rasten auf eine kleinere Felsenformation zu, fuhren so dicht wie es nur ging an die Gesteinswand heran, unter das von der Natur erschaffene Steindach. Jeremy sprang fast noch während der Fahrt aus dem Wagen, schnappte sich den Gaskocher und machte Feuer. Rene kletterte unter die Plane, um so viel wie nur möglich, von unserer Habseligkeiten, vor dem starken Regen zu retten. Der Professor tat dasselbe, bei Jeep Nummer Zwei und ich stapelte alles was sie mir entgegen warfen, auf nicht vom Himmelswasser erreichbare Plätze. Tsatsiki fand tatsächlich noch trockene Decken. Sofort entledigten wir uns, der vor Nässe triefender Kleidung und wickelten uns in die Wolldecken. Ich breitete die völlig durchnässten Klomotten zum trocknen aus, so gut es eben ging und der geringe Platz es zuließ. Rene brachte unsere Schlafsäcke, drei trockene und ein Wasserbeutel, meiner! Meine traurige, etwas deprimierte Mimik, rief Jeremys Mitleid hervor, ich durfte mit in seinen …. man ist der Kerl schön warm …. kuschelig …. riechen tut er auch gut, ich schlief schnell ein!

      Sanft geweckt wurde das Team am folgenden Morgen, von dem melodischen Gezwitscher der Vögel. Renes Schlummerbeutel war bereits verwaist. Eifrig huschte er in der Gegend umher und suchte nach Brennmaterial. Es sah urkomisch und lustig aus, eine Wolldecke mit Stiefel an. Dass konnte nur bedeuten, das unsere Bekleidung, nicht über Nacht getrocknet war. Ungern habe ich meinen Platz, bei der menschlichen Wärmflasche aufgegeben, aber ich wollte Rene bei der Brennholzsuche helfen, dass in so einem baumlosen kargen Gebiet, nicht gerade üppig vorrätig ist. Ich hatte gerade eines der begehrten Holzstücke entdeckt und bückte mich danach, da ertönte die dunkle, kräftige Stimme von Manitu: (ich sollte ihn wirklich nicht so nennen, wo er mich doch die ganze kalte Nacht gewärmt hatte): ,,Es ist total schwachsinnig, was ihr da macht, das Holz ist viel zu feucht, es wird nicht brennen.“ Jeremy hatte Recht, wie konnte ich dass nur vergessen! Aber da gab es ja noch den Gaskocher, der uns wenigstens innerlich mit etwas Warmen versorgte. Nun, da es jetzt offensichtlich kein loderndes Lagerfeuer gab, das die Kleidung trocknete, waren wir für heute, die Familie Wolldeckies. Da kam Tsatsiki von seiner Erkundungstour, um den lang gezogenen Felsen zurück, ohne Wolldecke. Nein…nein, nicht im Adamskostüm, vollständig bekleidet. Die Taschen hatten die sinnflutartigen Wassermassen aus den Wolken wohl schadlos überstanden. Langsam näher kommend deutete sein Finger, auf einen vor Regen geschützten, sehr geröllhaltigen Platz und da standen sie, unsere Reisetaschen. Das Gepäck hatte tatsächlich keine Nässe abbekommen und bekleidet fühlte ich mich einfach wohler. Während wir den kleinen, beziehungsweise riesigen Hunger stillten, mit hartem Brot, Kaffee und Dosenfleisch, erzählte Tsatsiki, was er Neues bei seiner Sightseeingtour, um die kleine Bergkette entdeckt hatte. Das meisterlich geschulte Archäologenauge, erspähte auf der anderen Seite, des Felsenkette, die Überreste einer frühgeschichtlichen Siedlung. Da es uns nun einmal hierher verschlagen hatte, wollten wir uns diesen alten Ort etwas genauer ansehen. Bald darauf fuhren wir, um die kleinen Berge herum. Ja wo ist sie denn, die Siedlung, ich sah keine. Detailliert, ruhig und verständlich erklärte der Professor, woran man sie erkennen konnte. Nur Rene stand etwas missmutig daneben, hätte er jetzt doch nur seinen Laptop, dann könnte er die alte Siedlung optisch wieder auferstehen lassen. Aber seinen tragbaren Computer, hatte ja jetzt das russische Militär. Jeremy klopfte Rene im vorbeigehen leicht auf die Schulter und meinte, moderne Dinge, sind eben doch nicht immer besser als alte. Jeremy holte aus dem Fahrzeug seinen Zeichenblock und Kohlestifte, anschließend suchte er sich einen erhöhten Platz, von wo aus er das Siedlungsareal übersehen konnte und fing flink an zu zeichnen! Wir staunten nicht schlecht, als er damit fertig war, sogar der Professor zog die Augenbrauen hoch. Man oh man, konnte Jeremy gut zeichnen. Die Fantasiesiedlung hatte sicherlich nicht ihr original Aussehen, aber es sah klasse aus, ein ruhiger, idyllischer Ort. Im Zentrum des Dorfes befand sich eine riesige Feuerstelle, die man für Versammlungen jeglicher Art nutzten konnte. Ganz in der Nähe davon der Dorfbrunnen, um diesen Platz herum, hatte Jeremy die Wohnhäuser gezeichnet, bestehend aus Stein, Lehm, Holz und Stroh. Hinter den Hütten, waren Ställe und Pferche für Haustiere. Das komplette Dorf umgab eine Barriere aus spitzigen, massiven Holzstämmen, die von den linken Bergen bis zu den rechten, einen geschlossenen Halbkreis ergaben. Nebenbei hatte er noch eine exakt detaillierte Skizze, von den verbliebenen, kaum noch sichtbaren Bauresten erstellt. So saßen wir Vier zusammen und diskutierten darüber, wo wohl welches Haus gestanden hatte. Warfen immer einen Blick auf Jeremys malerisches Wunderwerk, dann auf die Skizze und auf das nicht mehr vorhandene sandige Original. Immer wenn eine übereinstimmende Meinung zu Stande kam, gingen wir los und durchsiebten den Platz. Einige wenige male hatten wir sogar Glück und entdeckten den ehemaligen Standort der Schmiede, des Vorratshauses und einen mit Geröll zugefallenen Eingang, zu einer Höhle. Auch die wollten wir uns genauer ansehen! Am nächsten Morgen teilte Tsatsiki die dazu notwendigen Arbeiten ein. Er selber wollte erst einmal nach einem belebten Ort suchen, um den langsam knapp werdenden Proviant wieder aufzufüllen und schwupp die wupps, der Professor war auch schon mit einem der Geländewägen verschwunden. Mit beiden Händen in seinen Hosentaschen steckend, schlenderte Rene laut murrend davon, auf die Geröllberge aus Stein zu: ,,Schlau, wirklich schlau der Alte, so kann man sich auch vor schweißtreibender Arbeit drücken!“

      Die Stunden verrannten, als ich auf meine Armbanduhr sah, hatten wir schon weit nach Mittag und immer noch kein Grieche in Sicht. Jeremy plagte, was auch sonst, der Hunger, uns beiden Anderen der Durst. Wir machten unsere wohl verdiente Mittagspause, in der ich erwähnt, das unser alter Meister noch immer nicht zurück war. Der ironische Kommentar von Rene: ,,Das Tsatsiki wird ein Gyros gefunden haben!“ Normalerweise hätte ich jetzt laut losgelacht, nur diesmal, fand ich es nicht sehr witzig, ich machte mir echt Sorgen. Jeremy hingegen meinte auf seine gelassene Art, dass der Professor bestimmt demnächst zurückkommen wird und kaute genüsslich an den Resten seiner Mahlzeit herum. Es wurde eine sehr lange Pause, denn weiter arbeiten konnten wir auch nicht, ein großer Steinbrocken blockierte den Höhleneingang. Wir schafften es nicht ihn bei Seite zuräumen. Allmählich brach die Dunkelheit herein, die Nacht bahnte sich abermals ihren Weg und immer noch kein Grieche in Sicht. Nun machten sich auch Rene und Jeremy allmählich Sorgen. Am frühen Mittag, des folgenden Tages, bewegte sich eine Staubwolke auf uns zu. Schnell kam sie näher und kurz darauf könnte man erkennen, es ist unser Jeep, endlich! Tsatsiki hatte einiges weiter entfernt ein freundliches Bauerndorf gefunden und war über Nacht geblieben. Reichlich frisches Wasser und genügend Nahrung, hatte er dort auch erworben. Der Proviant für die nächsten Tage war gesichert, noch einmal Glück gehabt, Häuptling hungriger Büffel, du brauchst nun doch kein Gras kauen. Auch mit der Geröllentsorgung konnte es weiter gehen. Der Professor verschaffte sich einen Überblick auf die Situation und löste das Problem, gewaltiger Felsbrocken im Handumdrehen. Er rollte die Bergungskette, die an der Vorderfront des Jeeps befestigt ist ab und legte sie um den störenden Gesteinsbrocken herum. Anschließend befestigte der Professor den Haken, hinter dem Steinbrocken, in eines der Glieder an der Kette, sprang in den Geländewagen, legte den Rückwärtsgang ein und gab Vollgas. Na .… Alterchen, das war wohl nichts! Der Felsen rührte sich keinen Zentimeter, aber dafür hüpfte das Fahrzeug umso besser. Aber Tsatsiki überlegte wieder nicht lang, nächste Jeepkette abgerollt, ebenfalls am Gestein befestigt und auf Tsatsikis Kommando hin, fuhren nun Rene und Jeremy, mit den beiden Fahrzeugen gleichzeitig los! Das Felsenstück rutsche vorwärts und eine Lawine aus Steinen und Dreck rollte hinterher. Das Atmen wurde vom aufgewirbelten Sandstaub beinahe unerträglich. In wahrscheinlich neuer Rekordzeit für Archäologen, rasten wir im Eiltempo mit unseren Fahrzeugen in Sicherheit. Wir warteten geduldig, bis sich die Lage einigermaßen beruhigt hatte. Als uns die Luft sauber genug erschien, sahen wir nach, ob der Eingang zur Höhle frei war. Nein, der Eingang war nicht frei. Zu unserem Erstaunen, wurde er von einer massiven, großen Holztüre versperrt. Selbst Jeremy wirkte richtig klein gegen diese Türe. Nur mit vereinter Kraft, ließ sie sich aufschieben. Soweit