Heidi Dietzel

Mei Ruah möcht i'ham


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die Gäste also zum Trinken auf: »Trinkts, die Brauerei braucht leere Fässer!« Wenn einmal ein Waldler sein Kind vom Biere kosten lässt, so sagt er. »Trink', dass d' groß und stark wirst!« Die Saufbrüder rufen einander zu: »Saufts, in hundert Jahren werfen sie mit unseren Knochen die Äpfel vom Baum herunter!«

      Die drei Wünsche des Biertrinkers: »Bier, Bier und noch einmal Bier!« Der Stoßseufzer: »Was ist der Mensch ohne Bier?!« Sein Glaubensbekenntnis: »Ich glaube, dass eine Maß Bier mehr ist als eine Halbe.«

      Die unentwegten Biertrinker nenne das Bier das »nasse Essen« und sagen gern: »Wenn ich kein Bier trinken kann, dann pfeif' ich auf's ganze Leben.« Wir sagen das aber nicht so fein.

      Die Genießer reden: »Essen und Trinken hält Leib und Seel' zusammen.« Die Draufgänger: »Wer kein Bier trinkt, hat keine Schneid'!«

      Von einem, der viel Bier trinkt, sagt man mit einer Verblümung: »Der mag's Bier nicht«, auch »Der kann kein Bier sehen.«

      Der Trübsalbläser meint: »Das Bier ist nicht mehr wert, als dass man es trinkt.«

      Von einem, der sich gern ein Glas Bier zahlen lässt, heißt es: »Dem hat der Doktor's Bier verboten, nur's Fribier hat er ihm erlaubt.«

      Alte Sprichwörter: »Besser ein Rausch als ein Fieber« oder »Besser, man trägt's Geld ins Wirtshaus als in die Apotheke«; sprichwörtlich sind auch die ururalten Schulmeister, die tüchtig hinter die Binde gegossen haben müssen, denn unsere Waldlerbauern sagen noch heute: »Wenn ein Kalb nicht saufen will, so hängt man es zwischen zwei Schulmeister.«

      Vom großen Durst: »Da wird alleweil vom großen Saufen geredet, aber vom großen Durst, den unsereiner leidet, redet niemand«; sprichwörtlich ist auch im Wald der »bayerische Durst«.

      Das Bieranzapfen wird bei uns scherzhaft die bayerische Volkshymne genannt.

      Das schlecht eingeschenkte Bier hat eine »Kaiser« – oder »Generalborte«.

      Die bäuerliche Bierprobe: Man schüttet Bier auf die Bank und setzt sich darauf; geht beim Aufstehen die Bank mit in die Höhe, so ist das Bier gut.

      Das bäuerliche Zählverfahren: Bei jedem Glas Bier wird ein Knopf der Weste aufgeknöpft; ist die Weste bereits ganz offen, dann wird wieder bei jedem Glas ein Loch nach dem anderen zugeknöpft.

      Wird Bier ausgeschüttet, so schreit gewöhnlich alles: »Kindstauf'!« Der Griesgram sagt in einem solchen Falle: »Da soll lieber ein Kloster (– in Gesellschft eines geistlichen Herrn »eine Harstube!« –) abbrennen, bevor ein Bier verschüttet wird.«

      Der Lebensgrundsatz des Biertrinkers: »Von der Wiege bis zur Bahre sind die schönsten Lebensjahre.«

      Will ein Biertrinker die Gesellschaft verlassen, so heißt es: »Bleib', so jung kommen wir nicht mehr zusammen!« oder »Bleib', bis du gern gehst!« Vielleicht sagt dann der Schwankende zum Wirt: »Also noch eins, zum Abgewöhnen!« Hat er endgültig Schluss gemacht und stellt sein Glas verkehrt auf den Tisch, so bedeutet diese Geste so viel wie das bekannte geflügelte Wort aus dem »Götz von Berlichingen«.

      Der Vernünftige aber soll beizeiten sagen, gehört hat es aber noch niemand im Böhmerwald: »Wenn's einem am besten schmeckt, hört man auf!«

      »Erapfi, dir leb' ich…«

      Was täten unsere Wäldler – und nicht nur unsere Wäldler –, wenn es keine Erdäpfel gäbe! Wenn auch bei uns erst etwa hundertfünfzig Jahre allgemein Kartoffeln gebaut werden, so sind sie doch heute die Hauptnahrung bei arm und reich. »Allawal« werden sie scherzhaft von den Waldlern geheißen, weil sie »allawal«, wie man im Wald statt immer sagt, auf den Tisch kommen.

      Da wo ich daheim bin, in Fürstenhut, dreht sich fast das ganze Jahr, ja das ganze Leben um die Erdäpfel, weil in dieser hintersten Gegend des Böhmerwaldes bloß die Erdäpfel gedeihen, und gut gedeihen, während Korn und Kraut nicht immer reif werden. Der Kartoffel gilt die meiste Sorge und die größte Arbeit des Jahres, und so wird auch manches Ereignis im Leben mit der Arbeit auf dem Kartoffelacker verquickt, etwa: »Der ist im Erdäpfelgraben gestorben.« Wie ich als Student einmal aus der Großstadt heimkam, fragte mich ein steinaltes Weiblein aus: »Ös in der Pragerstadt seids g'wiss voraus, ös werd'ts d' Erapfi schon g'setzt hab'n?«

      Als Kinder haben wir vor der dampfenden Erdäpfelschüssel oft übermütig gebetet: »Erapfi, dir leb' ih, Erapfi, dir sterb' ih, Erapfi dein bin ih, tout und lewenti, Amen!« Unsere Nachbarn aus den reicheren Dörfern (die eben so viel Kartoffeln essen wie wir) haben uns spöttisch »Erdäpfelbüawein« (etwa Erdäpfelleute) gehänselt, worüber wir uns arg geärgert haben; damals ist es für einen fremden Burschen nicht ratsam gewesen, mit einer Kartoffelblüte im Hut durch unser Dorf zu gehen; wenn es ein Bauernheißsporn doch wagte, so wurde er von uns gehörig verprügelt; manche Rauferei hat mit dem Erdäpfelspott angefangen und im Bezirks- oder Kreisgericht geendet.

      Als wir vor etlichen Jahren das große Fest der Heimat als Abschluss der hundertjährigen Zinsgründlerkämpfe feierten, da gingen unsere Holzhauer, jung und alt, mit einer Kartoffelblüte im Hut herum, galt es doch den Tausenden Fremden die Heimat zu zeigen, wie sie wirklich leibt und lebt. Ja, im Festzuge wurde von einem alten Holzhauer an einer Stange ein eigens aus Holz verfertigter Riesenerdapfel getragen als Sinnbild unseres Dorfes; und wenn wir nicht schon drei Fichten in unserem Gemeindesiegel gehabt hätten, damals hätten wir am liebsten eine Kartoffelblüte hineingesetzt, so stolz waren wir jetzt auf unsere Eigenart.

      Mir ist die Kartoffel von meiner Jugendzeit in Not und Arbeit treu geblieben und ich ihr. Ich bin als armer Student Jahre lang auf und ab im Wald auf böhmischer und bayerischer Seite herumgewandert, bei armen Arbeitern und reichen Bauern um die Erdäpfelschüssel gesessen und habe mit den braven Leuten die saure Milch zu den Erdäpfeln gelöffelt; habe die Wäldler unterhalten fürs Essen und ausgehorcht und gern bei den Erdäpfeln von den Erdäpfeln selber angefangen.

      Das Sprichwort »Der dümmste Bauer hat die größten Erdäpfel«, durfte ich nur bei den kleinen Leuten sagen; ebenso gab ich nur hier das Rätsel auf: »Warum hat unser Herrgott die Erdäpfel erschaffen?« worauf die Antwort lautete: »Damit die armen Leute auch jemandem die Haut abziehen können.« Bei den protzigen Bauern erzählte ich wiederum: »Vor wem bücken sich die Bauern am meisten?« und gab gleich die Antwort: »Vor den Erdäpfeln.«

      Der Bäuerin erzählte ich, dass in Fürstenhut einmal eine Hochzeit aus lauter Erdäpfeln ausgerichtet worden sei. Die Mägde ließ ich auf die Kartoffel raten: »Hat viele Augen und kann doch nicht sehen?« und die Knechte fragte ich: »Was ist das Höchste im Glauben?«, ließ sie lange hin und her raten und sagte es ihnen dann: »Das Höchste beim Erdäpfelklauben ist der Weiberbuckel.« In bäuerischer Gesellschaft freilich habe ich etwas anderes als das Höchste bezeichnet.

      Im Städtlein Wallern erzählte ich von den Leuten von Kuschwarda: »Die sind notige und verhungerte (sonst aber kreuzbrave) Leute; wenn sie sich mit Erdäpfeln recht angefressen haben, gehen sie alle Mal vor die Haustüren auf die Straße heraus und stochern in ihren Zähnen herum, damit die fremden Leute meinen sollten, sie hätten zu Mittag Fleisch gegessen.« In Kuschwarda wiederum habe ich dieselbe Geschichte haargenau von den Wallerern erzählt.

      Unterm Erzählen hat mancher dreingeredet und auch was von den Erdäpfeln zum Besten gegeben, wenn uns nichts anderes eingefallen ist: In Hohenfurth im untersten Wald werden die Menschen nach dem Braten und den Erdäpfeln in bessere und gewöhnliche eingeteilt, da gibt es auf dem langen Marktplatz eine »Bratlseiten« und eine »Erdäpfelseiten«.

      Wenn die Kartoffeln in einem Jahr gut geraten, so werden darauf viele Kinder, geht im Wald die Rede. Einmal ist der böhmische Statthalter durch das Dorf Humwald gekommen, und wo er hinsah, überall waren Kinder und wiederum Kinder. Er sagte zum Vorsteher: »Da gibt es aber Kinder!« Darauf hat der Vorsteher von der Leber weg geantwortet: »Weil wir halt viel Erdäpfel haben!« Die Erdäpfel sollen auch sonst »fest treiben« und verschleiernd weiß die Volksweisheit von einer, die in gesegneten Umständen ist, zu sagen, sie habe zu viele Erdäpfel gegessen.

      So