Heidi Dietzel

Mei Ruah möcht i'ham


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und auch heiter und lustig, heiterer und lustiger als andere Menschen: was bei Schmeller im Bayerischen Wörterbuch aus einem Briefe des Jahres 1785 über die Pfalz im oberen Wald, die »Stoanpfalz« oder »Erdäpfelpfalz«, mitgeteilt wird, könnte für den ganzen Böhmerwald geschrieben worden sein: »Freund, die obere Pfalz nimmt sich besonders aus in der Laune und Kurzweil. Die Erdäpfel sind ihr, was der Haber den Pferden ist. Sie gumpt (hüpft lustig), wiehert, spitzt die Ohren, da das träge Bayern seinen Pass geht.«

      Die Herkunft der Hirschauer

      Der bayrische Stamm weist etliche Örtlichkeiten auf, die im Rufe der Schildbürgerei stehen; am bekanntesten ist das schwänkeumwobene Hirschau. Es gibt im bayerischen Sprachgebiet etliche Orte dieses Namens, der größte ist die Stadt Hirschau im Bezirksamt Amberg in der bayerischen Oberpfalz; nicht der kleinste ist das böhmerwäldlerische Hirschau im Ringe der Schwarzkoppe bei der Stadt Taus auf oberpfälzisch-egerländischem Dialektboden. Als Hirschauer werden im Volksspott ausdrücklich noch die Einwohner vieler, vieler Ortschaften bezeichnet.

      »Du bist ein Hirschauer«, »dumm wie ein Hirschauer«, »Hirschauerstücklein« sind weit und breit alltägliche Redensarten. Schmeller lässt die Hirschauer nur in der Oberpfalz beheimatet sein, im Bayerischen Wörterbuch heißt es: »Weilheimer Stücklein, was in der Oberpfalz Hirschauer-Stücklein«; ebenso Ludwig Aurbacher in seinen »Abenteuern des Spiegelschwaben«; auch Bronner hält die Hirschauer für oberpfälzisch, im Bayerischen Schelmenbüchlein bemerkt er: »Hirschau, bei Amberg; allerlei Stückla, das Schilda oder Schöppenstädt der Oberpfalz.«

      Wenn auch die Hirschauer im oberpfälzisch-egerländischen Sprachgebiet und den südlich angrenzenden Landschaften am meisten verschrien sind, so kennt der Volksmund doch fast auf dem ganzen bayerischen Stammesgebiet die Hirschauer. Wir haben dafür auch Zeugnisse aus früheren Zeiten. Während die Dichter des 16. Jahrhunderts von den bayerischen Schildbürgernestern Weilheim und Finsing mancherlei zu erzählen wissen, kennt die Hirschauer bloß Hans Sachs, der ja nicht weit weg vom größten Hirschau daheim war; am 1. April 1559 schrieb er einen Schwank, betitelt »Der Aufruhr zu Hirschau«: Ins Wirtshaus des Städtleins Hirschau kamen einmal – Hans Sachs erzählt aus seinem Wanderleben – zwei Bürger mit der Mär, dass Reiter gegen das Städtlein heranzögen. Sofort wurden die Tore geschlossen und alle wehrhaften Bürger rückten aus gegen den Feind. Die vermeintlichen Feinde aber waren zwölf Bauern vom nahen Dorf Ehenfeld, die während der Arbeit im Holzschlag zwei Eichhörnchen jagten. Der Irrtum klärte sich bald auf, die Städter blieben im Wirtshaus, das gefangene Eichhörnchen (das andere war entkommen) wurde verspeist und die Bürger von Hirschau redeten nie viel von diesem Ereignis.

      Neben den Schildbürgern und Schöppenstädtern nennt die Hirschauer in älterer Zeit noch ein ehedem Schöppenstädter Schulmeister, der 1619 eine »Descriptio Scheppenstadii« schrieb, und M. Zeiler, welcher in seiner »Topographia Superioris Saxoniae« sagt: »Es seyn die von Schilda, gleich wie die von Hirschau in der Oberen Pfaltz, berühmt wegen ihrer einfältigen und lächerlichen Thaten«.

      Oft und oft werden in alten süddeutschen Kalendern die Schildbürgerstreiche unter dem Namen »Hirschauerstücklein« erzählt. Von den Hirschauern weiß z.B. der Österreicher Stranitzky; in seiner »Lustigen Reiß-Beschreibung« (1717) redet Hans Wurst einen Gelehrten an, als ihn die Kälte in Kroatien arg plagt: »Hochweiser Mann, gibt es kein Mittl auff denen Universiteten, sich von dem Frost und der Kälte zu retten?« Und erhält die Antwort: »Wäre mein Rath, wann du dich statt des Brustfleck deren neuer Harnisch gebrauchest, welche jüngst von Herrn Vinzenz Zipperlin, uralten Raths-Verwandten zu Hirschau seynd erfunden worden. Die Invention des gedachten Alten thut sich also verhalten: Ein Jeder, welcher bay kaltem Winter zu Reysen gedacht, solle sich in einem grossen Bund Heu verstecken und also fortmarschirn, allermassen ein Bund Heu so bald keine Kälte auf die Brust lasset, ist leichter dann ein Kürass zu tragen, koste auch nicht so viel zu schmieden, letztlich dienet er vor die Pferd.«

      Auch dem Wiener sind die Hirschauer gute Bekannte: der Skriptor an der k. k. Hofbibliothek Gottlieb Leon schreibt am 16. August 1786 an seinen Jugendfreund Reinhold Professor der Philosophie in Jena, bekanntlich einen Schwiegersohn Wielands: er rechtfertigt sich, dass er ein Gedicht durch einige Änderungen an den Kaiser »gedreht« habe und schließt: »Gott wahre mich nur in Zukunft vor ähnlichen Hirschauerstreichen«. Und Hügel schreibt in seinem Büchlein, Der Wiener Dialekt, Lexikon der Wiener Volkssprache (1873): »Hirschauerstückl nennt man eine besonders dumme Handlung, einen dummen Streich.«

      Dass die Hirschauer also weit und breit im bayerischen, vielleicht im süddeutschen Sprachgebiet überhaupt bekannt sind, hat wohl seinen Grund im Folgenden: »Hirsch« ist hier allgemein ein Schimpfwort für einen dummen Menschen, besonders für eine solchen, der eine dumme Handlung begeht. Gewöhnlich titulieren die Weiber die Männer im Streite mit Vorliebe »Hirschen«. Auch ist, und das kommt nicht zuletzt in Betracht, das Geweih des Hirschen »ein freilich derbes, aber treffliches Sinnbild von der Rohheit und Dummheit des Mannes, der von seinem Weibe betrogen wird«. Der Volksspott hat nun die »Hirschen« zu »Hirschauern« gemacht, als ob sie aus einem Orte stammten, wo die Dummheit daheim ist; die verwendete Ableitungssilbe ist in manchen Gegenden recht beliebt und wird zur Bezeichnung der Herkunft verwendet. Schließlich, und das ist wohl zuletzt eingetreten, hat das Volk den Orten, die zufällig Hirschau hießen (nach den Worten Hirsch oder Hirse, mundartlich Hirsch, oder dem älteren Personennamen Hirz), die Schildbürgerei angedichtet, ohne dass diese dazu irgendetwas beigetragen hätten.

      Diese Hirschauer werden nun oft mit ihren Stücklein aufgezogen und rächen sich schlimm an den Spöttern. Davon berichtet schon ein 1765 erschienenes Konversations-Lexikon also: »Hirschau, Städtlein und Amt in der Oberpfalz, unter der Regierung Amberg, zwey Meilen von Sulzbach. Die Einwohner machen manchem, der sie mit ihren Hirschauer-Stücklein vexieret, eine solche Kurzweil dafür, dass ihm das Lachen insgemein vergeht.« Die bekannteste dieser Rachegeschichten steht bei Quirinus Pegaus, »Ars Apophthegmatica« (1662): »Ein Rittmeister reiste durch das Städtlein Hirschau und sagte zum Kellner, der ihm die Stieffel ausgezogen, er möchte wol einen Hirschauer Possen erfahren. Der Keller sagte, er sollte sich gedulden, und gange hinaus, schnitte die Vorfüsse von seinen Stieffeln und bracht sie ihm für Pantoffeln. Als er morgens die entfüsselten Stieffel anziehen will, fragt er, was das seye? Der Keller antwortete: Ein Hirschauer Poß!« Auch das Böhmerwäldler Spottbüchlein erzählt von solchen Rachestücklein der böhmischen Hirschauer.

      Meist aber weiß das Volk gar nicht, dass es wirkliche Orte des Namens Hirschau gibt, sondern Hirschauer sind eben dumme Leute, wie sie überall herumlaufen nach dem Spruche: »Unser Herrgott hat mehr Eseln bei Brot als beim Heu.«

      Ludwig Thoma

      Ludwig Thoma gilt als der bayerische Schriftsteller par excellence. Fotografien zeigen ihn meist in der Lederhose und im Trachtenjanker, eine schwere Figur mit Schnauzbart, im Mund eine Pfeife oder Zigarre. Der Autor ist zugleich Freigeist, liberaler Denker und reaktionärer Patriot. Sein Leben lang kritisiert er die Autorität von Kirche und Staat.

      Am 21. Januar 1867 im Passionsspielort Oberammergau geboren.

      Am 26. August 1921 stirbt er in Tegernsee. In dem von der Landeshauptstadt München als teilmuseale Stiftung verwalteten „ Ludwig- Thoma-Haus“, Auf der Tuften 12, sind die Bauernstube, die „Kuchl“ sowie das Arbeitszimmer mit Bibliothek noch originalgetreu erhalten und auf Anfrage zu besichtigen.

      Ludwig Thoma - Assessor Karlchen

      Ich kenne Karlchen schon lange. Wir waren zusammen auf dem Gymnasium. Ich schmiss ihn einmal so an den Ofen, dass er einen Backenzahn verlor und ich wegen entsetzlicher Roheit zwei Stunden Karzer erhielt. Karlchen hatte nämlich schon damals eine Neigung zum Anzeigeerstatten und lief zum Rektor, welcher mir erklärte, dass auch bei den alten Griechen die Verbrecher ihre Laufbahn mit solchen Handlungen begonnen hätten.

      Man sieht, es sind keine angenehmen Erinnerungen, die Karlchens Name in mir wachruft, aber niemand soll glauben, dass ich deshalb diese Geschichte von ihm erzähle. Ich hatte ihm wirklich