Jasmin Salfinger

Teufels Träume


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sagte Emilia. Schwarzer Humor, ein Bewältigungs-Mechanismus.

      „Du bist ziemlich misstrauisch was?!“ stellte Sulane fest.

      „Würden sie sich in meiner Situation anders verhalten?“ fragte Emilia und zog eine Augenbraue hoch. „Meine Familie, meine Freunde, niemand will mir glauben, da hinterfrage ich es natürlich, wenn ich jemanden ohne irgendwelche Anstrengungen so einfach überzeugen konnte.“ Sulane schwieg, was sie als stilles Beipflichten deutete.

      „Vielleicht bin ich tatsächlich nur ein krankes, verrücktes Mädchen.“ sagte sie und ließ sich kraftlos wieder zurück in die Kissen sinken. „Ich hab nie an irgendwelche mystischen Phänomene geglaubt oder an Magie oder an Wunder oder was weiß ich alles. Verschwörungstheoretiker halte ich für amüsant, aber auch für Spinner. Ich bin nicht mal religiös, ich glaub an gar nichts! Zumindest in diesem Sinne. Ich verstehe ja alle, die mir nicht glauben, aber…. Es ist einfach die Wahrheit. Es ist verrückt, es ist unfassbar, es ist unglaublich und doch ist es wahr. Es wäre so viel rationaler, wenn ich mir das alles nur eingebildet hätte, aber das habe ich nicht.“

      Die Krankenschwester sah sie lange an.

      „Du wirkst nicht wie eine der üblichen Patienten.“

      Emilia würde nicht erfahren, wie sie das genau meinte, denn Schritte hallten durch den Gang.

      „Verdammt!“ zischte die schwarzhaarige Krankenschwester, stieß sich vom Tisch ab und lief hinaus.

      Verwirrt blickte Emilia ihr nach, bevor noch die Tür ins Schloss fallen konnte, wurde sie auch schon wieder aufgestoßen. Eine Pflegerin kam herein und brachte Emilia ebenfalls frische Handtücher.

      Sulane Robertson drückte sich in einen Seitenflur der Anstalt. Da war sie noch einmal um Haaresbreite davongekommen. Sich als Journalistin in ein Irrenhaus zu schleichen, könnte man wohl als illegal bezeichnen. Egal, sie hatte was sie wollte. Sie hatte sich selbst einen kurzen Eindruck von Emilia Schwarz verschaffen können. Nun stahl sich hinaus um sich zu überlegen, wie sie das gesammelte Wissen gewinnbringend verarbeiten konnte.

      Emilia war ziemlich kalt. Die leichte Krankenhauskluft die man hier allen Patienten aufzwang war nicht gerade warm.

      Der Untersuchungsraum in dem sie stand, war kühl und ungemütlich. Ein Stuhl, mit vielen Sonden und Kabeln stand in der Mitte. Eine große Röhre befand sich hinter dem Stuhl. Ihr graute es, dass sie jetzt darauf Platz nehmen musste.

      „Warte einfach hier, okey?! Der Doktor kommt gleich“ sagte die Pflegerin, die sie hineingeleitet hatte und ging.

      Eine Wolke aus ätzendem Aftershave wehte Emilia entgegen als der Doktor eintrat. Es war ein anderer Arzt als zuvor, dieser hier war etwas jünger, wahrscheinlich mitte vierzig.

      Emilia rümpfte die Nase und versuchte unbemerkt zu hüsteln. Wah! War der Geruchssinn des Onkel Doktors etwa Tod? Warum badete man freiwillig in so einer ätzenden Duftwolke.

      „Hier haben wir sie ja, Miss Schwarz! Bitte, bitte setzten sie sich Mademoiselle.“ Frohlockte er und entblößte eine Reihe schiefer, gelber Zähne. Zahnarzt war der definitiv nicht.

      Er legte seine Hand um ihre Hüfte und schob sie leicht zu dem Stuhl hin. Emilia widerstrebte diese Berührung, seine Hand lag für ihren Geschmack etwas zu tief.

      „Danke, ich schaff das schon.“ sagte sie und wand sich aus seinem Griff. Doch da hatte er seine Hand auch schon an ihrem Schlüsselbein und drückte sie hinab auf den Stuhl. Emilia war der Versuchung nahe ihm seine Finger weg zu schlagen. Es gefiel ihr nicht, wie dieser Arzt sie ansah, wie er sie kurz und nebensächlich berührte, wie er sich geifernd über die wulstigen Lippen leckte. Es gefiel ihr absolut nicht.

      Er befestigte Noppen mit Kabeln an Emilias Schläfen, ehe er von ihr abließ und kurz über ihren Arm strich.

      „Lassen sie das!“ knurrte Emilia leise und innerlich brodelnd.

      „Hm?“ tat er ganz unschuldig, als ob er sie nicht verstanden hätte. „Keine Sorge meine Dame, hier sind sie in guten Händen. Wir werden nur einen kurzen Blick in ihren Kopf werfen.“ sagte er und setzte ein dämliches, breites Grinsen auf. Er drehte an einem Ventil einer großen metallenen Flasche und näherte sich Emilias Gesicht mit einer kleinen, durchsichtigen Beatmungsmaske in der Hand.

      Ein Betäubungsmittel. Emilia sträubte sich wie eine Katze gegen den Griff des Stuhles. Es kam gar nicht in Frage, dass man sie betäubte, wenn sich ein derart schmieriger Mensch im Zimmer befand.

      „Beruhigen sie sich doch! Sie werden einen süßen Schlummer haben!“

      Emilia wollte ihn von sich stoßen, die Fesseln die sie hielten sprengen und davonlaufen.

      „Nein, ich will das ni-“ doch da drückte er ihr bereits die Maske fest aufs Gesicht und Emilia sackte weg.

      Der Arzt summte fröhlich herum, als er den Nebenraum, der durch eine Glaswand getrennt war, betrat und die Geräte einschaltete. Dann ging er zurück und lehnte im Türrahmen.

      Sie war wirklich ein hübsches Kind, dachte er bei sich und ließ seine Augen über ihren schlafenden Körper wandern. Er trat näher an sie heran. Er bemerkte dabei nicht, dass die Geräte im neben Zimmer außergewöhnlich schnell zu piepsen begannen. Er streckte die Hand nach ihrem Gesicht aus. Das Piepsen wurde schneller. Und kurz bevor er ihre Wange berührte, wurde das Piepsen zu einem nicht endenden, langgezogenen, schrillen Ton und das Labor flog in die Luft.

      Flammende Flucht

      Emilia hustete unter dem erstickenden Rauch. Sie hatte keine Ahnung, was soeben geschehen war. Sie war aufgewacht als sie unsanft aus dem Untersuchungsstuhl geschmettert worden war und die Gasmaske von ihrem Gesicht weggerissen wurde.

      Lautes Sirenengeheul schallte von überall her auf sie nieder. Doch sie hörte es nur dumpf, da die Explosion einfach zu laut für ihre Ohren gewesen war.

      Blindlinks stützte sie sich an der Wand ab und schob sich vorwärts auf der Suche nach einem Ausgang aus dieser qualmenden Hölle. Ihr Gleichgewichtssinn schien in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein. Panische Schreie drangen an ihre dumpfen Ohren. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Fuß, als sie auf eine Glasscherbe trat. Vor ihr löste sich der Rauch und Licht drang herein. Emilia schob sich auf das Licht zu, bis sie letztendlich aus eine riesigen Loch in der Mauer hinaus Sonnenlicht trat. Sie war im Freien… Die Explosion hatte ein Loch in die Wand gerissen.

      Sie war im Freien! Völlig egal ob ihr gerade die halbe Welt um die Ohren geflogen war, sie war frei und konnte davonlaufen! Sie könnte jetzt ihre Unschuld beweisen. Die ganze Zeit hatte sie sich vorgestellt zu fliehen und jetzt hatte sie es geschafft ohne nur im Geringsten etwas dafür getan zu haben - als wäre ihr Wunsch in Erfüllung gegangen. Vielleicht hätte sie auch einen Gedanken daran verschwenden sollen, wie sie nach einem Ausbruch von dem Gelände wegkommen könnte.

      Kuthar Hona war in der Tat ein grauenhafter Ort. Selbst die Umwelt wirkte trist, grau und verwelkt. Die Irrenanstalt konnte noch so renommiert sein, hässlich war sie trotzdem. Schnell lief sie über den harten, steinigen Boden. Hier und da stolperte sie, rappelte sich wieder auf und humpelte weiter.

      Hinter sich hörte sie Rufe. Dicker Rauch quoll aus dem Gebäude. Doch der Krawall der Explosion hatte so viel Verwirrung und Panik ausgelöst, dass ihr Verschwinden hoffentlich unbemerkt bleiben würde.

      Sie musste hier weg! Fieberhaft stürzte sie auf die Straße zu. Irgendwie musste sie es schaffen den Zaun des Geländes zu überqueren. Plötzlich kam hinter ihr ein Auto angedonnert. Entsetzt dachte sie man hätte sie erwischt und schrie auf. Panisch lief sie, halb humpelnd weg von der Anstalt, als ein veralteter Camaro mit quietschenden Reifen neben ihr zum Stehen kam. Die Tür riss auf und ein junger Mann sprang heraus. „DU?“ krächzte Emilia. Er antwortete nicht, packte sie nur an den Schultern, schubste sie nur in den Wagen, setzte sich selbst wieder hinter das Steuer und stieg aufs Gas.

      „Darren? Was zum Teufel MACHST DU HIER?“ brüllte sie ihn