Jasmin Salfinger

Teufels Träume


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blickte streng von oben auf sie herab. Ihr kurzes graues Haar war so glatt und geradlinig geschnitten, dass es aussah als hätte sie dabei ein Lineal benutzt.

      „Achten sie auf ihre Wortwahl Mr. Convary.“

      „Ich weiß nicht, was es war!“ rief Emilia nun quer durch den Raum. Ihr Gesicht brannte, sie verabscheute diesen schmierigen Kerl vor ihr. Sie würde nicht zulassen, dass er sie zu Unrecht vorführte. „Ich habe es zwar gesehen, aber es ging alles so wahnsinnig schnell!

      „Was meinem sie mit ES?“ hackte er nach.

      „Das Ding das Mel getötet hat! Es war groß, und schwarz, irgendeine Art Tier. Es hat sie angesprungen und einfach mit seinen Krallen zerfetzt! Ich habe versucht sie zu retten, nicht sie zu töten!

      Ein Raunen ging durch die Geschworenen und überall im Saal entbrannte ein leises Getuschel. Melicas Vater regte sich hinter seinem Tisch.

      „Ein klauenbewährtes Ding?“ wiederholte der Staatsanwalt langsam.

      Emilias Rechtsanwalt zog eine Augenbraue hoch. Seine Miene war unergründlich.

      „JA! Ich meine… sie müssen sie doch untersucht haben! Haben sie denn nicht die tiefen Wunden gesehen, die sie hatte?“ sagte sie und wedelte verzweifelt mit den Armen durch die Luft.

      „Nun Miss Schwarz, ich darf ihnen mit guten Gewissen versichern, dass der Leichnam des Opfers gründlichst untersucht wurde, und unsere Experten haben tatsächlich tiefe Wunden im Torso festgestellt… Wunden, die aber viel eher von einem Messer stammen!“ sagte er anfangs ruhig, doch gegen Ende erhob sich seine Stimme und wurde immer lauter. „Sie befinden sich nicht an ihrer Schule, Mädchen! Hier geht es nicht um Nachsitzen, sondern um ein schwerwiegendes Verbrechen, da können sie sich nicht einfach durch eine haarsträubende Geschichte herausreden! „

      „Aber was für einen Grund hätte ich den sie zu töten? Wir sind Freunde!“ brüllte ihm Emilia dazwischen. “Waren Freunde” korrigierte sie sich leise.

      Jemand im Publikum schluchzte auf. Leatrice, Emilias Mutter, schien langsam aber sicher die Fassung zu verlieren.

      „Ihr hattet Streit oder nicht?! Um diesen Jungen…“ Verwirrt blickte der Staatsanwalt herum, um sehen wer gesprochen hatte. Emilia hingegen hatte keinerlei Schwierigkeiten festzustellen, wer der Redner war. Sie kannte die Stimmte von Mel’s Vater, Dr. Salveter. Er sah sie nicht an, aber starrte traurig auf die Fotos seines toten Kindes. Er sprach mit schwacher Stimme und zerknüllte mit steifen Händen ein paar Dokumente vor sich. „Das wird mir gerade erst klar… Ich habe es gehört, am Tag der Schülerbeerdigung. Ihr hattet Streit… wegen Benjamin.“

      Emilia wusste nicht was sie sagen sollte, Dr. Salveter wusste sehr wohl, dass es bei diesem Streit nicht um einen Jungen, sondern um Drogen gegangen war. Doch das erwähnte er natürlich nicht, er wollte das Ansehen seiner toten Tochter nicht beflecken. Genauso wenig konnte Emilia mit der Sprache herausrücken, um was es bei dem Streit wirklich gegangen war. Würde sie von den Drogen erzählen, würde sie neben dem Mordverdacht auch noch eine Strafe kassieren weil sie von den Drogendealen gewusst, diese aber nicht zur Anzeige gebracht hatte. Tat Dr. Salveter das gerade wirklich? Manipulierte er den Richter und die Geschworenen und ließ Emilia in einem noch schlechteren Licht dastehen? Er wollte Vergeltung für Melica, und mit der vorherigen Aussage lieferte er ein Motiv für Emilia und deren Mord an Mel.

      Emilia konnte sich nicht schnell genug entscheiden was sie antworten sollte und der Asgeier von Staatsanwalt stürzte sich auf seine Beute.

      „Ein Streit?“ hatte der Staatsanwalt sofort geifernd aufgehascht. „Konkurrierten sie etwa um einen Jungen?“ er schritt auf Emilia zu: „Ach…. Junge Liebe ist aufregend und stürmisch… manchmal etwas zu stürmisch. man verliert die Kontrolle.“ giftete er süffisant. „So war es doch, oder Miss Schwarz? Sie haben die Kontrolle verloren, sie wollten es nicht, doch es ist einfach passiert, nicht wahr?“ fragte er schon beinahe verständnisvoll.

      „NEIN!“ schnappte Emilia zurück: „Ja ich gebe zu, wir hatten Streit, aber da gings um was ganz anderes! Ich sage ihnen, dass ein Tier sie angegriffen hat! Es kam einfach wie aus dem Nichts!“ Emilia hatte vor lauter Wut die Faust auf das Pult geknallt.

      „Sie bleiben also dabei?“ sagte er. Er starrte sie so durchdringend an, als versuche er die Wahrheit aus ihren Pupillen zu saugen. Er drehte sich herum und schritt, mit hinter dem Rücken verschränkten Armen, vor ihrem Pult hin und her.

      „Nun gut, lassen sie uns einmal annehmen, dass sich in jener Nacht ein, wie sie es ausdrücken, klauenbewährtes Tier in der Gasse befand und Melica Salveter von diesem getötet wurde. Dann stellt sich die Frage: Wieso waren sie und Melica überhaupt dort? Oder woher wussten sie, dass Melica dort sein würde. Was hatte sie zu so später Stunde an diesen Ort getrieben, der sich so weit weg von ihrem Wohnsitz befindet?“

      Emilias Herz sackte in die Hose, genau diese Frage hatte sie befürchtet. Die Frage deren Antwort sie einfach nicht in einem Gerichtssaal aussprechen konnte. Sollte sie den Leuten eine Lüge auftischen? Einfach sagen, dass sie sich mit Mel dort getroffen hatte? Selbst Emilia wusste wie schwach das klang. Auf einem Industriegelände spazierte ja grundsätzlich niemand herum, der nicht dort arbeitete. Hätte sie sich mit Mel treffen wollen, hätte sie mit absoluter Sicherheit einen anderen Ort aufgesucht… und eine andere Uhrzeit. Mist! Was sollte sie nur tun?

      Emilias stockte unter den strengen Blicken der Geschworenen und des Staatsanwaltes.

      „Wieder stumm Miss Schwarz?“ fragte er.

      „Ich-“ Ihre Stimme versagte. Hilflos blickte sie sich nach ihren Eltern um. Sie fragte sich, ob ihr irgendjemand glauben würde, wenn sie aussprach wie es tatsächlich gewesen war.

      „Warum waren sie dort? sprechen sie Miss Schwarz! Es muss einen Grund für ihre Anwesenheit gegeben haben!“ dröhnte der Staatsanwalt.

      „Warum waren sie dort? WARUM?“ seine Stimmte donnerte immer lauter auf sie nieder.

      Das Publikum und die Geschworenen begannen wieder zu flüstern. Ein Brummen erhob sich vor Emilia. Wie ein Geschwader wütender Bienen, das gleich über sie herfallen würde.

      „Warum Miss Schwarz?! Warum?! Sie hatten ihr gesagt, sie solle in jener Nacht dort erscheinen, war es nicht so?!“ rief er. „Sie haben sie dorthin gelockt und dann-“

      „DAS HABE ICH NICHT!“ schrie Emilia.

      „Dann sprechen sie endlich Miss Schwarz! Und sagen sie uns warum sie dort waren!“ brüllte er zurück.

      Rufe und empörte Laute drangen aus dem Publikum. Der Gerichtssaal schien über zu kochen. Die Richterin mahnte zur Ruhe, und hatte sichtlich Mühe dabei sich Gehör zu verschaffen.

      „Gib es schon zu“ rief ein Mann mittleren Alters aus den hinteren Reihen, einige folgten seinem Beispiel und riefen Emilia ebenfalls zu, zu gestehen.

      Der Staatsanwalt drang immer mehr auf sie ein, bis Emilia der Kragen platzte und sie einfach mit der Wahrheit hervorbrach, als würde sie sich erbrechen.

      „Ich habe gesehen wie es passieren würde! Ich sah es in einem Traum!“

      Das war ein Fehler, kaum hatten die Worte ihren Mund verlassen, da merkte sie auch schon wie Geistes gestört und absurd sie sich anhörten.

      Der Staatsanwalt starrte sie mit offenem Mund an. Das Publikum war ebenfalls kurz verstummt.

      Dann ging es los, der Staatsanwalt überhäufte sie mit Anschuldigungen. Emilia verfolge die Absicht, als unzurechnungsfähig eingestuft zu werden.

      „Nein wirklich! Bitte, ich weiß, dass es sich verrückt anhört, aber sie müssen mir glauben! Ich habe es einfach gesehen, und wusste, dass ich dorthin muss um sie zu retten.“ rief sie verzweifelt.

      „Ich kann es beweisen! Es war nicht das erste Mal, dass ich eine derartige Vorahnung hatte. „Meine Schule ist abgebrannt, und bevor man mir erzählen konnte, wer verbrannt ist, wusste ich es bereits! Ich hatte in der Nacht davor einen Traum, in dem mir unendlich heiß war. Plötzlich