Jasmin Salfinger

Teufels Träume


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in der Tasche die auf dem Boden lag.

      „Mal ehrlich, für wie schlecht hältst du die Leute aus Terrino? Glaubst du etwa ich lass dich mein Leben retten und zum Dank würde ich dir was tun? Mach dich mal nicht lächerlich.“ redete er im Plauderton und macht eine wegwerfende Handbewegung.

      Emilia stockte: „Du bist der Motorradfahrer?“ Ja klar natürlich. Sie erinnerte sich an die kalten Augen hinter dem Visier. Das war bei weitem kein Grund dem Kerl vor ihr zu vertrauen. Er war ein Dieb, er war ein Drogendealer, er war aus Terrino. Etwas Unheilvolles schien ihn zu umgeben. Bei ihrer ersten Begegnung hatte sie ihn für einen einfachen Klein-Kriminellen gehalten. Das jetzt hier war anders. Die Dunkelheit an ihm schien jetzt förmlich greifbar zu sein. Gefahr! Schoss es ihr durch den Kopf. Ihre Instinkte ließen die Alarmglocken läuten und befahlen ihr wegzulaufen, doch etwas anderes hielt sie auf der Stelle.

      „Du bist ein Dieb! Du hast meine Kette gestohlen! Was willst du?“ fragte sie ihn finster. Schrei doch, schrei doch um Hilfe, flüsterte eine innere Stimme. Das Haus würde sofort hell erleuchtet sein und alle würden ihr zu Hilfe eilen, doch sie schrie nicht...

      Der Blondschopf ging auf ihre Anschuldigungen gar nicht ein.

      „Ich bin hier um dich an meine Schuld zu erinnern.“ Sagte er schlicht und lehnte sich mit verschränkten Armen lässig an das Fenster.

      „Du hast mich gerettet, dafür stehe ich in deiner Schuld. Ich hasse es jemandem etwas schuldig zu sein und lasse auch niemals eine Schuld unbeglichen. Deshalb, solltest du je in Schwierigkeiten geraten oder Gefahr laufen zu sterben…. Lass es mich wissen, dann sind wir Quitt.“

      Äääähm. Was? Emilia sagte erstmal nichts. Hatte sie sich verhört? War dieser furchteinflößende junge Mann tatsächlich nur hier um ihr zu sagen, dass sie was gut bei ihm hatte?

      „Woher weißt du wer ich bin?“ fragte sie misstrauisch.

      „Tz, ich hab‘ meine Mittel und Wege… und der Feuerschopf hat deinen Namen auf der Party laut genug herum gebrüllt.“ fügte er hinzu. Er sah so aus als würde es ihm gerade sehr schwer fallen nicht die Augen zu verdrehen.

      Genau diese Augen machten Emilia wahnsinnig, sie waren so durchdringend, so tief und so... so fremdartig. So hatte sie diese Augen nicht in Erinnerung.

      Er zog einen kleinen Zettel aus seiner Tasche, warf ihn auf ihr Bett und sagte: „Damit kannst du mich erreichen. Also Prinzessin, bis zu unserer nächsten Begegnung.“ Er grinste schief und hämisch, stieg wieder durch ihr Fenster und verschwand Katzengleich in die Nacht hinaus.

      Der eisige Hauch war weg. Ihr Zimmer schien wieder normal temperiert zu sein. Emilia blieb noch kurz stehen, bevor sie zum Fenster stürzte, es zuschmiss und verriegelte.

      Sie nahm den Zettel in die Hand und faltete ihn auseinander. Darauf standen eine Telefonnummer und ein Name. Darren. Darren Newcorn. So hieß er also. Der junge Mann aus dem übelsten Teil der Stadt, mit einer Ausstrahlung wie der Tod, dem Gesicht eines Schutzengels und genau den wollte er für sie spielen. Schnell vergrub sie den Zettel wahllos in der Tasche einer Jacke.

      Emilia hatte nach dem nächtlichen Ereignis nur noch unruhigen Schlaf gefunden. Sie wurde erneut von dieser Hitze heimgesucht, nur schien das wenige Stunden zuvor nur ein Vorgeschmack gewesen zu sein. Diese Grippe verwandelte sich in eine krankhafte Monstrosität. Die flammende Höllenglut die durch ihre Adern preschte reichte fast über die Grenze des erträglichen und bescherte ihr Feuer Träume. Erst der nächste Tag befreite sie aus diesem Schlaf. Sie blinzelte mit brennenden Augen gegen die Sonne, die bereits im Zenit stehend durch ihr Fenster fiel. Im Zenit? Huch, sie hatte fast den ganzen Tag verschlafen.

      Etwas stimmte nicht. Emilia konnte es fühlen und hören. Unzählige Stimmen drangen durch den Fußboden. Es war Dienstag spätnachmittags, warum hatten ihre Eltern so viele Menschen zu Besuch? Das hörte sich an als wären zig Leute im Salon versammelt. Erstaunlicherweise war ihre Grippe nach dem Aufwachen viel besser geworden. Schnell band sie sich die Haare und bemühte sich um ein vorzeigbares Erscheinungsbild ehe sie hinunterging. Sie trat auf den hellen Flur hinaus, und sah am Treppengeländer ein kleines blondes Mädchen stehen. Die Zehenspitzen reckend spähte es hinunter und lauschte.

      "Sophia" Sagte Emilia und trat neben ihr Schwesterchen. Sophia wand ihr kurz die großen blauen Augen zu ehe sie sofort wieder hinunter schaute "Was ist denn los" fragte Emilia.

      "Ich weiß es nicht, Mama hat mich hochgeschickt!"

      "Weswegen denn?" Emilia war verwirrt.

      "Vor einer Stunde sind ganz viele Leute aufgetaucht, manche haben geweint, aber bevor ich irgendwas mitbekommen habe hat Mama mich schon verscheucht. Das ist mal wieder nichts für Kinder." Für eine Zehnjährige konnte ihre kleine Schwester ganz schön verbittert klingen. "Außerdem hat sie Charly zum Bellen beauftragt." Charly war Sophias Nanny, und wenn Sophia wütend auf Charly war, nannte sie sie die bellende Charly, die bellend auf sie aufpassen sollte. Jetzt war sie zwar nicht wütend auf Charly, aber einfach generell genervt.

      "Oje..." Sagte Emilia, wenn jemand weinend gekommen war, war vielleicht einer der befreundeten Nachbarn gestorben. Tja es gab auch in St. Monterose sehr betagte alte Menschen. Bei extrem freudigen, wie aber auch bei extrem traurigen Ereignissen, sammelte sich traditionellerweise die Nachbarschaft im Hause der Familie Schwarz. Emilia hatte keine Ahnung wie und wann diese Tradition entstanden war, in ihrer Erinnerung war es einfach immer schon so gewesen. Es lag vermutlich daran, dass ihr Vater das Ansehen eines Bürgermeisters in St. Monterose innehatte (auch wenn Monterose keinen Bürgermeister hatte, es war schließlich einer von vielen Stadteilen einer Millionenmetropole)

      "Sorry Zwerg, ich glaub das ist wirklich nichts für Kinder." Sagte sie zu ihrer kleinen Schwester, zog sie an den Haaren und ging die Stufen hinunter. Sophia streckte ihr bockig die Zunge raus. Sie hatte ihre Schwester zwar spielerisch geneckt, aber ein Tief sitzendes ungutes Gefühl hatte sich in ihrer Brust breitgemacht.

      Emilia ging den breiten Gang zum Salon und stieß die Tür auf. Sie hatte nicht mit dem Schwall an Emotionen gerechnet der ihr entgegen kam. Da waren ca. fünfzig Leute in dem Raum. Ihr Salon war zwar ziemlich groß, aber für so viele Menschen wurde es dann doch langsam eng. Und sie weinten! Nicht nur einer, so viele von Ihnen weinten, waren wütend und manche beteten sogar.

      Sprachlos stand Emilia in der Tür. Sie sah ihren Vater Henrik in der Mitte des Raumes. Er hing am Telefon während er zeitgleich lautstark mit einigen der Anwesenden redete. Leatrice tauchte vor Emilia auf und versperrte ihr die Sicht.

      "Emilia, Geh in die Küche bitte!“ Kein guten Morgen oder so, sie wollte Emilia sofort loswerden.

      „Was ist hier los?“ fragte Emilia, nicht gewillt sich abwimmeln zu lassen.

      "Etwas um das sich die Erwachsenen kümmern! "

      Emilia verhörte sich wohl gerade. Ernsthaft? Leatrice sah das Emilia protestieren wollte und unterband sofort jegliche Einwände.

      "Ich sagte Küche Emilia! Sofort!" Verdattert stolperte Emilia zurück, so einen Befehlston war sie von ihrer Mutter nicht gewohnt. Unter deren strengen Blick verzog sie sich Richtung Küche.

      "Emilia!" Schrie ihr jemand entgegen und fiel ihr um den Hals. Corrinn drückte sich mit ihrer blonden Haarpracht an sie und schluchzte. Überrumpelt rang Emilia nach Luft: "Corrinn!" Krächzte sie.

      Corrinn ließ sie los und trat rasch einen Schritt zurück, hinter ihr standen Alex und Ben, die beide Gesichter der Düsternis trugen.

      "Leute? Was macht ihr hier? Was ist passiert?" Fragte Emilia während ihr Puls nach oben schoss. Etwas Schreckliches musste geschehen sein, dass war mittlerweile offensichtlich.

      Corrinn sah sie an und Tränen sammelten sich in ihren Augen. "He, Corrinn du machst mir Angst" sagte Emilia deren Stimme langsam bröckelte.

      "Lia, die Schule ist abgebrannt." Sprach Alex rau.

      "WAS? WANN?!" Prustete Emilia geschockt.

      "Heute Mittag. Während des Unterrichts." Antwortete ihr Ben abgehackt.

      "Es ging so schnell,