Jasmin Salfinger

Teufels Träume


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rausgerutscht in dem aussichtlosen Versuch die Menschen vor ihr zu überzeugen.

      Es nutzte nichts, es machte alles nur viel, viel schlimmer. Auf einmal loderte Geflüster auf, ob Emilia möglicherweise auch etwas mit dem Brand zu tun hatte. Die Ursache des Brandes war immer noch nicht geklärt, steckte etwa auch Emilia dahinter?

      Emilia sah sich hilflos nach Corrinn und Alex um. Die beiden hatten es doch miterlebt! Wo waren sie? Sie entdeckte Alex in den hinteren Reihen, doch von Corrinn fehlte jegliche Spur. Emilia und Alex sahen sich an, sie wollte gerade laut nach ihm rufen: Er sollte gefälligst was zu der ganzen Sache sagen! Doch im letzten Moment sah sie wie Alex schnell mit dem Kopf ruckelte und beschämt den Blick abwand. Emilia traf unvorbereitet der Schlag als ihr klar wurde: Er würde ihr nicht helfen, er würde nichts sagen. Er hatte zu große Angst davor mit hinein gezogen zu werden. In den Mord, in die Drogen. Was aber noch viel schlimmer war... das hieß er glaubte ihr nicht.

      „Du abscheuliches Biest! Was erzählst du da?! Was hast du meiner Tochter angetan!“ schrie Dr. Salveter plötzlich auf. Er glaubte ihr auch nicht, nein, durch diese Geschichte hatte sie nur erreicht, dass er jetzt tatsächlich davon überzeugt war, dass sie sein Töchterchen getötet hatte. Die Richterin mahnte zur Ordnung, doch es wurde zunehmend schwieriger, sich diese zu verschaffen.

      Emilia wollte stark sein, doch sie merkte, wie sich ihr ein Kloß im Hals bildete und sie den Tränen nahe war. „Ich war es nicht, ich war es nicht!“ sagte sie immer und immer wieder. „Es war dieses Tier!“

      In schlimmen Zeiten kommt das Innerste und vielleicht Ungeahnteste der Menschen zum Vorschein, denn Emilia hätte sich niemals träumen lassen welche Worte sie jetzt von Melicas Vater hörte.

      „Ach ja? Warum hat es dir dann nichts getan und meine kleine Melica angegriffen?“ schrie er und sprang auf. „Dich hätte es töten sollen! DU hättest sterben sollen und nicht mein Kind!“ in seiner Raserei glaubte Emilia schon, dass er sich auf sie stürzen würde.

      „Was fällt dir ein du Bastard!“ brüllte nun Emilia Vater. „So sprichst du nicht mit meiner Tochter!“ donnerte er und ehe sich jemand versah, war er zu Dr. Salveter vorgestürzt und pfefferte seinem ehemaligen Freund die erhobene Faust ins Gesicht.

      Daraufhin brach ein Radau im Gerichtssaal aus. Polizisten eilten herbei, zogen die beiden Väter auseinander und die Verhandlung wurde unterbrochen.

      Emilia schrie sich die Seele aus dem Leib, beteuerte immer wieder ihre Unschuld, während zwei Beamte sie packten und hinausführen wollten. Doch sie wehrte sich, wollte dass Dr. Salveter ihr endlich glaubte und brüllte ihm nach, bis irgendwann ein Mann im weißen Kittel herbeigeeilt kam und eine Spritze in ihrem Arm versenkte. Emilia wurde schwummrig, ihre Lieder wurden schwer und schlossen sich wie von selbst.

      Eine vollbusige, schwarzhaarige Frau, saß in der letzten Reihe und kritzelte eifrig auf einem Notizblock herum. Voll Wonne, hatte sie das Szenario vor sich verfolgt. Sie besah sich den brünetten jungen Mann, den die kleine Emilia Schwarz kurz angesehen hatte. Er verhielt sich sehr merkwürdig, vielleicht konnte sie den noch nach der Verhandlung abfangen und ausquetschen.

      Sie hatte ihrem Chefredakteur ein wenig Honig ums Maul schmieren müssen, damit er sie auf diese Geschichte hier ansetzte. Aber sie hatte eine gute Story gewittert und dass war es wert. Nun kam sie nicht umhin sich selbst zu loben, diese Story war nicht nur gut, sie entwickelte sich regelrecht zu einer Sensation. Sulane Robertson konnte die nächste Schlagzeile schon vor sich sehen: „Verrücktes Traum-Mädchen ermordet beste Freundin“ Und dann noch ein paar schöne Ausschweifungen über den Verlauf der Gerichtsverhandlung. Sulane roch förmlich, wie sie die Karriereleiter hinaufkletterte. Sie grinste in sich hinein, richtete ihre grünen Augen hinter der Brille wieder auf den Block und schrieb fleißig weiter.

      Kalte Mauern

      „Unzurechnungsfähig… sie glaubt es wirklich!... Mögliche Schizophrenie… sie hat sie vielleicht getötet ohne es zu wissen…“

      Diese Gespräche halten durch Emilias Kopf, als ob sie diese belauscht hätte. Ihre Lieder flatterten und langsam öffnete sie ihre schokobraunen Augen. Es dauerte eine Weile bis sie sich an das viele Weiß in dem Zimmer gewöhnten. Ihr war wohlig und warm zumute. Sie lag in einem kuscheligen, weichen Bett. In einem hübschen, weißen Zimmer. Ein paar Geräte neben ihrem Bett piepsten. Alles hier war so steril.

      Ein Krankenhauszimmer, dachte sie, stützte sich auf die Ellenbogen und richtete sich auf.

      Die Tür öffnete sich und ein Mädchen, kaum älter als dreiundzwanzig kam herein. Sie trug eine typische Krankenschwesternkluft.

      „Oh gut, du bist endlich aufgewacht.“ sagte sie freundlich. „Ich gebe schnell deinen Eltern Bescheid. Die werden sich freuen, das war eine ziemlich starke Dosis. Du hast fast zwei Tage geschlafen.“ Und ohne weitere Erklärung ging sie auch schon wieder.

      Wenig später traten auch schon ihre Mutter Leatrice, dicht gefolgt von ihrem Vater Henrik, ein. Emilia entging nicht der Bluterguss auf der Wange ihres Vaters… die Rangelei mit Mel’s Vater hatte Spuren hinterlassen.

      „Mum, was ist hier los, wo bin ich?“ Kein Hallo, Emilia schoss gleich mit den Fragen heraus. Ihre Eltern tauschten einen langen Blick aus, bevor Leatrice zu sprechen begann. Sehr bedacht, als würde sie sich im Zimmer einer Sterbenden befinden.

      „Emilia… Schatz. Du weißt wir wollen nur das Beste für dich.“

      Der Anfang dieses Gespräches schmeckte Emilia schon mal gar nicht.

      „Es ist so, wir machen uns große Sorgen um dich… „

      „Hier wollen dir alle nur helfen!“ warf ihr Vater dazwischen.

      „Spuckt es schon aus!“ sagte Emilia die langsam die Geduld verlor.

      „Emilia, wir sin hier in der Kutar Hona-“

      Kutar Hona! Das war ein Schock. Dieser Ort war nur für eines bekannt.

      „- Nervenheilanstalt“ beendete ihre Mutter den Satz und griff nach Emilias Händen.

      „Nervenheilanstalt“ wiederholte Emilia ruhig.

      „Fürs Erste!“ sagte Ihr Vater rasch, „sie wollen erstmals ein paar Tests machen.“

      Ihre Mutter wollte tröstend ihre Hände drücken, doch Emilia zog diese einfach weg.

      „Tests? Wofür?“

      Ihre Eltern sahen sich zögerlich an.

      „Emilia, wir glauben, dass du krank bist und die Menschen hier wollen nichts anderes als dir helfen.“

      „Ihr glaubt ich bin verrückt.“ Sagte Emilia. „Ihr glaubt, ich hätte Mel tatsächlich getötet, dass ich eine Psychopathin bin. Ihr glaubt mir nicht“ sagte sie hohl.

      „Und jetzt verschleppt ihr mich einfach in ein Irrenhaus ans andere Ende des Landes!“ brüllte sie ihre Eltern in Rage an.

      „Emilia-“ setzte ihr Vater an.

      „Ich will nach Hause! Bringt mich hier raus!“ schrie sie dazwischen. Sie war so dermaßen wütend und enttäuscht von ihren Eltern. Nicht einmal sie-

      „Wir können nicht“ sagte ihr Vater gefasst und unterbrach ihre Brüller. Bestimmt fuhr er fort: „Das Gericht hat diese Einweisung angefordert, und wir wollen auch nicht, nicht wenn du tatsächlich krank bist Schatz. Denk darüber nach, es könnte doch möglich sein… und wir wollen dich nicht verlieren.“

      Emilia blickte schwer atmend vom einen zum anderen. Sie glaubten ihr nicht und sie wusste nicht, wie sie sich überzeugen lassen konnten. War es möglich? War sie vielleicht doch verrückt? Sie schüttelte den Kopf, das konnte einfach nicht sein, sie wusste was sie gesehen hatte- oder nicht?

      „Leg dich hin Liebes, du musst dich ein wenig beruhigen.“ Widerstrebend ließ sie sich von ihrer Mutter zurück ins Bett drücken.