Jasmin Salfinger

Teufels Träume


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mehr und schließlich gingen sie seufzend hinaus.

      Emilia lag kraftlos da, während sie an die Decke starrte und sich selbstbemitleidete. Wie war sie nur in so eine Situation geraten? Es war so ungerecht, dass ihr nicht eine Menschenseele glauben wollte. Tja ja… keine gute Tat bleibt ungestraft.

      Irgendwann hatte sie wieder so viel Wut im Bauch, dass sie nicht mehr ruhig daliegen konnte. Sie sprang auf, schubste die Decke beiseite und tigerte mit geballten Fäusten durch ihr Zimmer. Bis ihr die Reisetasche auf dem Tisch beim Fenster auffiel.

      Energisch riss sie das Gepäcksstück auf und grummelte vor sich hin. Sie hoffte, dass ihre Mutter wenigstens einen MP3 Player oder so hineingepackt hatte. Achtlos schmiss sie den Inhalt durch die Gegend, während sie suchte. Als sie nicht fündig wurde, ließ sie sich säuerlich wieder aufs Bett fallen. Sie hatte sich auf die Jacke gelegt, die sie vorher aus dem Rucksack geschmissen hatte.

      Übellaunig zog sie sie weg, dabei viel ein Zettel aus der Jackentasche. Automatisch griff sie danach und zog das Stück Papier auseinander. Emilia hielt schlagartig inne und betrachtete den weißen Fetzen.

      Niemand wollte ihr glauben, niemand den sie kannte oder dem sie nahe stand... Vielleicht würde ihr jemand glauben, der ihr eben nicht nahestand. Jemand, bei dem selbst oft die Wahrheit angezweifelt wurde und dem man auch mit Misstrauen begegnet.

      Emilia umschloss den Zettel mit ihrer Faust. Sie hatte kein Handy in ihrem Rucksack. Ein Smartphone stand einer unter mordverdacht stehenden und eventuell Verrückten nicht zu. Daher ging sie gleich zur Tür. Sie hatte Glück, die Krankenschwester war nachlässig gewesen, denn die sie war nicht verschlossen.

      Sachte betätigte sie die Klinke und schob die Tür einen Spalt breit auf um sicher zu gehen, dass die Luft rein war. Sie sah und hörte niemanden, also schlüpfte sie schnell hinaus auf den grell beleuchteten Gang. Sie betete, dass jetzt niemand vorbeikommen würde, denn verstecken konnte sie sich in dem kalten Gang nirgends.

      Irgendwo musste sie doch eines finden!

      Als sie um die Ecke schlich wurde sie fündig. Die Glastür zu einem Büro war nur leicht angelehnt und drinnen befand sich gerade niemand. Sofort huschte Emilia hinein, schnappte sich das gesuchte Telefon vom Tisch und ließ sich unter den Schreibtisch sinken.

      Ihre Hände waren schwitzig als sie den Zettel wieder glattstrich. Sie las die Ziffern kurz ab und wählte dann die Nummer von Darren Newcorn.

      Es klingelte… und klingelte. Es fühlte sich an als würde es zehn Stunden klingeln bis sie endlich ein Klicken in der Leitung hörte. Jemand hob ab. Aber es war nicht Darren sondern nur die Mailbox. Emilia stöhnte innerlich auf.

      Der Pieps ertönte und signalisierte, dass sie eine Nachricht hinterlassen konnte. Sie wollte schon auflegen, überlegte es sich dann aber kurzer Hand anders.

      „Darren, hallo… Ich bin’s Emilia. Ähm, ich wollte nur…“ sie stockte, was wollte sie eigentlich? Einem Jungen, den sie kaum kannte ihre Seele ausschütten?!

      „Weißt du, die sperren mich hier ein und…“ versuchte sie es noch einmal.

      „Ich… vergiss es- mach’s gut.“ sagte sie und drückte den Hörer nieder.

      Keine Ahnung was sie eigentlich vorgehabt hatte, ihn anzurufen hätte schließlich auch nichts geändert. Sie hatte sich nur so sehr jemanden gewünscht der ihr glaubte… aber dabei an Darren Newcorn zu denken war bescheuert.

      Ihr lief es kalt und schaurig den Rücken hinab als seine grausamen, dunklen Augen in ihren Gedanken aufblitzten. Eine echt schlechte Idee.

      In solchen Situationen hätte sie am liebsten mit Mel geredete, doch das würde sie nie mehr können… nicht daran denken, mahnte sie sich selbst, sonst würde sie wieder ihren toten blutigen Körper…

      Gerede echote in das Büro herein. Irgendwelche Leute, vermutlich Krankenschwestern oder Ärzte, waren im Anmarsch. Hastig kroch sie unter dem Tisch hervor und wollte schon hinauslaufen, als sie ein Foto von sich auf dem Schreibtisch bemerkte. Stutzig sah sie sich das genauer an. Ihr Foto prangte auf dem Titelbild einer zwei Tage alten Zeitung und darüber las sie die schockierende Titelüberschrift: „Traum-Mörder-Mädchen – kaltblütiges Massaker an der besten Freundin.“

      Emilia nahm die Zeitung in die Hand und las fassungslos einen abscheulichen Artikel über sich selbst. Wer auch immer diesen Artikel geschrieben hatte, er stellte sie wie eine Geisteskranke dar. Ein schizophrenes labiles Monster, das verrückte Geschichten über Vorahnungen erzählte. Wütend zerknüllte sie die Zeitung und umschloss sie fest mit der Faust. Die Schritte draußen auf dem Gang wurden lauter. Schnell wie der Blitz und leise wie eine Maus flitzte Emilia aus dem Büro, zurück in ihr Zimmer und wickelte sich ins Bett.

      Gerade noch rechtzeitig, denn ein Arzt gefolgt von einer Krankenschwester trat ein.

      „Miss Schwarz, richtig?“ sagte der Arzt und blickte sie über seine Nase hinweg an. Emilia nickte.

      Ein älterer Herr mit zur Glatze neigenden, angegrautem Haar. Seine Brille war leicht verschmiert und die kahlen Stellen auf seinem Kopf glänzten fettig.

      Dann schenkte er bereits dem Klemmbrett, dass an dem Fußende ihres Bettes befestigt war, mehr Aufmerksamkeit als der Patientin vor ihm.

      Mit müden Augen überflog er kurz das Blatt, kritzelte etwas hinzu und teilte ihr in monotoner Stimmlage mit, dass sie übermorgen um fünfzehn Uhr für ein paar Tests angesetzt war. Emilia nickte abermals und der Arzt rauschte mit der Schwester im Schlepptau wieder ab.

      Emilia hatte kaum mehr zu tun, als die Uhr anzuglotzen und den Sekundenzeiger zu beobachten wie er seine Kreise zog. mit unwohlem Magen grübelte sie über die bevorstehenden Tests nach. Was ist, wenn sich herausstellte, dass sie tatsächlich verrückt war? Konnte das sein? Verdammt Nein! Sie wurde eher dadurch verrückt, dass sie hier in Haft war. Wenn man sie doch nur gehen lassen würde… wenn man sie doch nur ihre Unschuld beweisen lassen würde. Emilia hatte eine Idee, sie war riskant und vermutlich kaum umsetzbar... aber vielleicht sollte sie es wagen.

      Die blaue Tür knarrte als eine schwarzhaarige, vollbusige Krankenschwester eintrat. Emilia wand ihr den Kopf zu.

      „Ich bringe bloß frische Handtücher.“ Sagte sie und legte eben jene in ein Regal neben der Tür. Die schwarzhaarige Frau drehte sich zu Emilia herum und musterte sie durch eine Brille hindurch mit grünen Augen.

      „Ja?“ fragte Emilia betont abweisend, als sie von ihr immer noch angestarrt wurde. Sie fand es nicht wirklich charmant von einer Krankenschwester begafft zu werden. Jaja sie war die neue Attraktion in dem Irrenhaus. Was für eine Sensation.

      „Möchtest du mit jemandem reden?“ fragte sie aus heiterem Himmel heraus.

      Ha? Emilia sah sie kurz an „Nein Danke…“

      „Es muss bestimmt schrecklich sein, wenn einem niemand glauben will.“

      „Das können sie vielleicht laut sagen.“ sagte Emilia halblaut zur Decke.

      Die Schwarzhaarige ging ums Bett herum und lehnte sich mit dem Rücken an den Tisch unter dem Fenster.

      „Hattest du wirklich eine Vorahnung, wolltest du sie wirklich nur retten?“

      Emilia drehte ihr träge das Gesicht zu.

      „Egal was ich sage, sie glauben mir ja doch nicht.“

      „Hm... lass es doch mal auf einen Versuch ankommen.“

      Emilia musterte sie wachsamer „Was soll das heißen?“

      „Weißt du, ich denke, dass vieles nicht so ist, wie es vielleicht scheinen mag.“

      „Vieles ist nicht so wie es scheinen mag? Moment, soll das heißen sie glauben mir?

      „Nun ja, sagen wir mal so, dass ich aufgeschlossener bin als andere Menschen.“

      Emilia sah sie kurz ungläubig an. „Wirklich?“

      „Das ist verrückt, sie kennen mich doch gar