A.E. Eiserlo

Fanrea Band 2


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dass er eine verbotene Zone betreten hatte und hakte nicht weiter nach, sondern entschuldigte sich: „Tut mir leid, wenn ich die falsche Frage gestellt habe. Ich weiß so wenig von dir und deinem Leben in der Menschenwelt, vielleicht haben wir hier die Zeit dazu, das zu ändern.“

      Emmas Wut verflüchtigte sich, John konnte nichts für die Geschichte mit ihrem Vater und dieser Verräter sollte ihr nicht den Abend verderben. Sie verdrängte die Gedanken an ihren Vater und versuchte, John wieder freundlich anzuschauen.

      Erleichtert nahm er es zur Kenntnis und begann Emma von seiner Zeit als Kind in der Menschenwelt zu erzählen. Ihr wurde erst jetzt richtig bewusst, wie viele Jahre er in den USA zur Schule gegangen war und die Erde somit nicht nur aus Erzählungen kannte. Im Grunde genommen wusste sie auch recht wenig von ihm und nahm sich ernsthaft vor, alles über ihn zu erfahren.

      Verschiedene Krüge, Flaschen mit diversen Weinen und Wasser standen auf dem Tisch und der Mann mit den zwei Köpfen stritt erneut mit sich selbst, welcher Wein der Beste sei. Schmunzelnd schaute Magor zu ihnen hinüber.

      Esther beugte sich zu Emma hinüber und sagte leise: „Die zwei sind wie ein altes, zänkisches Ehepaar. Sie waren einst zwei Brüder, die durch Magie und Wissenschaft miteinander verschmolzen wurden und jetzt Zeit ihres Lebens aneinander gekettet sind, denn Magor konnte keinen Umkehrzauber bei ihnen anwenden. Wie im Übrigen bei den anderen ebenfalls nicht. Wie gut, dass sie hier bei Magor ein neues Zuhause gefunden haben.“

      Esthers Augen strahlten an diesem Abend, vielleicht war der Wein ein bisschen daran schuld. In ihrem Sommerkleid und mit ihrer neuen Frisur sah Esther entzückend aus. Fips lag zusammengerollt auf ihrem Schoß und schnarchte zufrieden, während die Ratten am Pool herum lungerten und sich ihre vollgefressenen Bäuche hielten.

      Der Abend war wunderschön und die Atmosphäre verzauberte die Gäste, alle fühlten sich wohl und sie genossen jede Minute. Spät in der Nacht fiel die gesamte Schar müde, aber glücklich ins Bett und die Freude auf den nächsten Tag nahmen sie mit in den Schlaf.

      Dunkle Mächte

      Mit dem Rücken an einen Stein gelehnt, hockte in Hydraxia ein blonder Mann auf dem staubigen Boden. Sein Atem ging schnell und sein Herz hämmerte. Um Abstand zwischen sich und die Diamantenmine zu bringen, war er gerannt, er hatte nicht vor, sich von diesen Steinsoldaten schnappen zu lassen. Nun stand ihm ein weiter und gefährlicher Weg bis zu dem Weltentor bevor, durch das er auch nach Hydraxia gelangt war. Wahrscheinlich gab es nur dieses eine Tor hier, er wusste es nicht genau. Über Hydraxia gab es kaum Informationen, da Schatzjäger, Gefangene oder Händler diese Welt selten wieder verließen. Entweder wurden sie getötet oder als Sklaven in den Minen eingesetzt.

      Zu seinen Füßen lag ein großer Ledersack, in dem seine Hände nun wühlten. Er zog etwas heraus und hielt es hoch in das fahle Licht des Mondes. In seiner schwieligen Hand hielt er einen hühnereigroßen gelblichen Rohdiamanten, der matt das Licht reflektierte. Ein triumphierendes Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er griff nach einem weiteren Stein, dieser war schwarz, pflaumengroß und sah auf den ersten Blick sehr unscheinbar aus. Nur ein Kenner konnte einschätzen, welch großen Wert diese Steine besaßen.

      Das war doch endlich mal ein rundum gelungener Coup gewesen. Das Glück war sein Verbündeter, sämtliche Wachen waren damit beschäftigt gewesen, die Sklaven zu bändigen. Die Luft in den Diamantenminen hatte nach Aufstand und Hass geschmeckt, das Leid der anderen war sein Vorteil gewesen.

      Hätte er den zerlumpten Gestalten helfen sollen? Ach was, sie würden schon alleine klar kommen. Heldentum war nicht seine Sache und würde es auch nie werden. Musste er jetzt ein schlechtes Gewissen haben? Nein, eigentlich nicht. Seine Mission war der Diamantenraub gewesen und nicht die Befreiung von Sklaven.

      Egal, nun war es sowieso zu spät. Sein Atem hatte sich wieder beruhigt und er sollte schleunigst machen, dass er mit seiner Beute von hier wegkam.

      Es knirschte hinter ihm, aber bevor er reagieren konnte, zischte blitzschnell eine Bullenpeitsche um seine Ohren und fesselte seine Arme an den Körper. Als er den Kopf wandte, erblickte er eine wunderschöne, dunkelhaarige Frau.

      „Scheiße!“, stieß er hervor.

      „Na, wen haben wir denn da?“ Mit einer energischen Geste hob sie die Hände und murmelte: „Paraliza takata cuerpo karata!“

      Es fühlte sich an, als wäre er gelähmt, sein Gehirn gab einen Befehl, doch seine Nerven leiteten ihn nicht weiter. Verdammt zur Bewegungslosigkeit.

      Die Schöne näherte sich seinem Gesicht und musterte ihn spöttisch: „Du hast wohl geglaubt, du könntest mich bestehlen? Ich glaube, ich habe einen prächtigen Fang gemacht.“

      Er wollte ihr ins hübsche Gesicht spucken, aber selbst das gelang ihm nicht, seine Zunge gehorchte ihm nicht mehr und sogar das Fluchen blieb ihm verwehrt.

      ,Scheiße!´, dachte er noch einmal und starrte die Frau aus wütenden Augen an. Lässig grinsend schnippte sie mit den Fingern und die Welt um ihn herum versank in Schwärze.

      Richard war mit seinem Drachen Songragan auf Erkundungsflug über die Bergwelt im Hinterland von Angar. Wenn sie über die schneebedeckten Gipfel dahinglitten, die Luftströme nutzten und der Wind um sie rauschte, fühlten sie sich wie die Herrscher der Welt.

      Vor nicht allzu langer Zeit lebte in dieser Gegend ein Rudel halbwüchsiger Drachen, doch als sich einige Drachinnen ebenfalls hier niederließen, beanspruchte Songragan die Drachendamen für sich allein. Erbarmungslos verteidigte er sein Revier gegen die männlichen Rivalen und schaltete einen nach dem anderen aus. Die jungen Drachenmänner hatten keine Chance gehabt gegen den gewaltigen und kampferprobten Songragan.

      Nun war diese Bergwelt das alleinige Revier von Songragan und Richard, deshalb gehörten die täglichen Erkundungsflüge zu ihrer Routine. Richard genoss diese Flüge und fühlte das pure Glück in sich, weit fort von seinem Vater. Die Unterdrückung durch Geronimo schnürte ihm die Luft ab und es gelang ihm kaum noch, die Schläge seines Vaters ohne Gegenwehr einzustecken. In Stärke und Kampfkunst war Richard seinem Vater fast ebenbürtig. Wenn Geronimos Magie nicht wäre, hätte Richard es längst auf eine Schlägerei ankommen lassen.

      Während ihrer Flüge neigte Richard manchmal zu Übermut und sprang aus großer Höhe von Songragans Rücken ab, legte die Arme eng an den Körper und schoss pfeilschnell Richtung Boden. Der Rausch der Geschwindigkeit und die Gefahr, dass Songragan ihn nicht rechtzeitig auffing, versetzten ihm einen Adrenalinkick.

      Die mächtigen, schwarzen Schwingen des Drachen bewegten sich gleichmäßig auf und ab. Der annähernd dreieckige Kopf war mit zwei gedrehten Hörnern besetzt, am Hals funkelten dicke, nachtschwarze Schuppen im Sonnenlicht. Diese sich überlappenden Schuppen panzerten seinen gesamten Körper, sein muskulöser Schwanz war mit Dornen bewehrt.

      Abrupt veränderte Songragan seine Richtung. „Da vorne ist ein Drache. Endlich hat sich mal wieder einer in unser Revier verirrt. Schnall dich an!“

      Richard klickte sich in den Gurt ein und sein Herzschlag erhöhte sich. „Den machen wir fertig!“

      Mühelos steigerte Songragan seine Geschwindigkeit und näherte sich dem Eindringling. Als sie dicht hinter ihm waren, brüllte Songragan ihn an: „Was machst du in meinem Revier?“

      Überrascht wandte der fremde Drache sich um und musterte Songragan. Der Eindringling war noch nicht ausgewachsen, doch sein Blick blieb furchtlos. „Das geht dich wohl gar nichts an.“

      „Ich glaube schon, das ist mein Gebiet hier!“ Ohne weitere Erklärung stürzte sich Songragan auf den Drachen. Songragan packte ihn mit seinen messerscharfen Klauen, wirbelte ihn in der Luft herum und bohrte ihm seine Krallen in die weichere Bauchhaut. Blut spritzte aus dem fremden Drachen und verzweifelt versuchte dieser, sich mit Feuerstößen zu wehren. Schnell veränderte Songragan seine Position und riss ihm mit den spitzen Krallen die fledermausähnlichen Flügel in Fetzen, brach die langen Knochen, die die Flügel stützten. Hilflos versuchte der fremde Drache die Kontrolle über seinen Körper zu behalten, trudelte, konnte