A.E. Eiserlo

Fanrea Band 2


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Stimme wisperte: „Finde mich, ich warte auf dich.“

      „Können wir weiter?“, fragte Esther.

      „Äh, ja.“ Nachdenklich nickte Emma. Ganz deutlich hatte sie das Buch gesehen und gehört. Der Einband des Buches war aus Drachenschuppen gefertigt, deshalb fragte sie sich, ob das Buch überhaupt für sie bestimmt war. Oder für Melvin, den Drachenreiter? War sie jetzt doch schon eine Hüterin der Bücher? Unbedingt musste sie zu diesem Bücherflohmarkt, egal für wen das Buch nun war.

      Esther bog ab und folgte dem Weg, der sich nach einer Weile gabelte, aber weiterhin ausgeschildert war. Alte Trockenmauern, die auch schon bessere Tage gesehen hatten, säumten die Straße, einzelne Olivenbäume spendeten ein wenig Schatten in der flirrenden Mittagssonne. Links und rechts waren Felder mit Weinreben, an denen pralle Trauben hingen.

      Schließlich kamen sie an ein geschmiedetes Eisentor, das einladend seine Flügel geöffnet hatte und auf dessen Steinpfeilern zwei aus Sandstein gemeißelte Adler saßen. Hoch aufgerichtet und mit intensivem Blick bewachten die beiden lebensgroßen Figuren das Tor. Als der Wagen das Tor passierte, drehten die beiden Steinadler ihre Köpfe und schauten dem Auto hinterher.

      „Habt ihr das gesehen? Die Adler haben sich bewegt!“, rief Emma erstaunt. Aber Esther war mit Schalten beschäftigt, Ben mit der Straßenkarte, deshalb hatten beide es nicht wahrgenommen.

      Esther lachte auf: „Hast du etwa geglaubt, auf Magors Schloss gäbe es keine Magie, nur weil wir auf der Erde sind?“

      „Du hast recht“, kicherte Emma.

      Unvermittelt machte die Straße einen Knick und eine breite Allee tauchte vor ihren Augen auf. Riesige Platanen flankierten links und rechts die Straße und begleiteten sie circa zwei Kilometer bis zu einem Vorplatz, dessen Mittelpunkt ein Brunnen bildete. Der Wagen kam knirschend auf dem Kies zum Stehen. Die drei und ihre tierischen Begleiter stiegen aus und bestaunten das vor ihnen liegende Schloss.

      Den Neuankömmlingen verschlug es die Sprache, der Anblick war atemberaubend: Ein riesiges Gebäude aus beigem Sandstein mit vielen Fenstern, Balkonen und Türmen. Eine breit geschwungene Treppe führte zu einer Terrasse, die von rankendem Blauregen überwuchert wurde. Umgeben war das Schloss von einem prachtvollen Garten, der dominiert wurde von Rosen und Lavendel, deren intensiver Duft die Sinne betörte. Immer wieder lockten Sitzplätze unter schattenspendenden Bäumen zum Entspannen ein.

      Aus dem Brunnen sprudelten Fontänen, deren Sprühwasser kühlend zu ihnen hinüberwehte. In der glühenden Hitze zirpten unermüdlich die Grillen, ansonsten regte sich nichts.

      Auf einmal öffnete sich das große Eingangsportal und jemand schlenderte die Treppe herunter: Magor! Er trug verblichene Espadrilles*, eine zerknitterte Leinenhose, ein lässiges Hemd, und auf dem Kopf einen zerfransten Strohhut. Sein Bart war kürzer als in Fanrea und er strahlte entspannt über das gebräunte Gesicht: „Seid herzlich willkommen, fühlt euch wie Zuhause. Ihr werdet von euren Freunden schon ungeduldig erwartet!“

      Als Fips und die Rattenbrüder übereinander purzelten, verpasste Jidell seinem Bruder einen Kinnhaken. Magor schmunzelte. „Wen habt ihr denn da noch im Schlepptau, Esther? Zwei Ratten und unseren Lebensretter Fips.“

      Die Ankömmlinge begrüßten ihrerseits Magor, dann platzte es auch schon aus Emma heraus: „Wo sind die anderen?“

      „Am Pool, im hinteren Teil des Gartens. Lauft nur hin. Ihr müsst um das Gebäude herum und dann dem Gejohle folgen.“

      Emma und Ben rannten los. Die Ratten hoben die Nasen witternd in den Wind und stürmten Richtung Küche. Fips blieb mit Esther bei dem Zauberer, der sich bei ihr unterhakte: „Wie war die Fahrt, meine Liebe? Möchtest du dich mit einem kühlen Getränk zu mir in den Schatten setzen? Agatha kann sich zu uns gesellen, sie kann es kaum erwarten, dich zu sehen.“

      Gemeinsam flanierten sie zu einer Gruppe Walnussbäume, unter denen eine Sitzgruppe aus geschmiedetem Eisen stand. Einladend platzierte lila Kissen und Polster lagen auf den Stühlen und Bänken. Kaum hatten sie sich gesetzt, flogen zwei kleine Elfen heran, die ihnen jeweils ein Glas mit Fruchtsaft überreichten. Esther dankte ihnen und freute sich, so viel Magie auf dem Schloss vorzufinden.

      Auf der Suche nach dem Pool waren Ben und Emma um das Schloss herumgelaufen und eilten durch den riesigen Garten. Üppige Blumenflächen, in denen sich Elfen tummelten, säumten den Weg.

      „Schau mal, die ganzen Blumenelfen“, staunte Emma.

      Stimmen, Lachen und Wasserplatschen schallten zu ihnen hinüber, und sie näherten sich dem Pool. Vor ihnen befand sich als Sichtschutz eine steinerne Mauer, an der ebenfalls Blauregen hochrankte. Dahinter befand sich ein großes Wasserbecken, in dem sich eine wilde Horde tummelte.

      Gerade sprang ein dunkelhaariger, braungebrannter Junge mit einem gekonnten Salto vom Sprungbrett, durchbrach mit perfekt angespannten Muskeln die Wasseroberfläche und tauchte anschließend durch den riesigen Pool. Emmas Blick suchte John, aber sie sah ihn nirgendwo und fühlte leise Enttäuschung in sich aufsteigen. Nala, Silly Sidney, Agatha und Komor, kein John.

      In diesem Moment entdeckten die Badenden die Neuankömmlinge und begrüßten sie mit großem Hallo, umarmten sie und forderten sie auf, sich schnell umzuziehen. Der dunkelhaarige Junge hatte das Ende des Pools erreicht, kraulte zurück und kletterte aus dem Wasser. Nun stand er direkt vor Emma und sah sie aus seinen dunklen Augen an, das Wasser perlte von seinem durchtrainierten Körper und er grinste frech. Sie erstarrte und erkannte ihn erst jetzt: Das war ja John! Mit kurzen Haaren und einer Badehose. Erstaunt musterte sie ihn und fand, dass er umwerfend aussah.

      „Willst du mich nicht begrüßen, auch wenn du mich nicht erkannt hast?“, fragte er schmunzelnd.

      Emma wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte und eine leichte Röte überzog ihr Gesicht, als er sie einfach packte und an sich drückte. Seine nasse Haut fühlte sich kühl an und er roch nach Sommer. Ihr Herz geriet aus dem Takt, dann wich Vertrautheit der Unsicherheit und Emma lachte ihn glücklich an. Am liebsten wäre sie so stehen geblieben, es war schön, ihm nah zu sein.

      Verlegen löste sie sich aus seiner Umarmung. „Du siehst richtig gut aus mit deinen kurzen Haaren, ich hätte nicht gedacht, dass du dich das traust.“

      „Na ja, es hat mich schon Überwindung gekostet, aber ich wollte dir eine Freude machen. Erinnerst du dich an deine Worte beim Abschied in Fanrea? Du hast dir gewünscht, dass ich mir die Haare abschneide.“

      Emma fühlte sich geschmeichelt, dass John ihre Worte tatsächlich ernst genommen hatte. „Wie gefällt es dir denn?“

      „Hm, erstaunlich gut.“ Immer wieder schaffte John es, Emma zu überraschen, sie hätte nicht gedacht, dass er die kurzen Haare mögen würde.

      „Wie soll ich dich denn in unserem Urlaub nennen? Maira oder Emma?“

      „Ich glaube, hier bin ich Emma, wir befinden uns auf der Erde und im Urlaub. Da möchte ich einfach nur Emma sein. Als Kämpferin in Fanrea bin ich dann wieder Maira. Okay?“

      „Na klar!“

      Es gefiel Emma, dass John sich die Sache mit dem Namen gemerkt hatte, da sie es in Fanrea nur einmal eher beiläufig erwähnt hatte. Die anderen fünf redeten wild durcheinander und freuten sich unbeschreiblich, dass sie wieder vereint waren.

      Agatha drückte Ben und Emma an sich. Ihre Haut hatte durch die Sonne einen schönen Braunton angenommen und ein paar Sommersprossen zierten ihre Nase. Mit einer lässigen Geste strich sie ihre langen, braunen Haare nach hinten. „Ich freue mich, dass ihr hier seid. Wir sehen uns noch, ich begrüße jetzt erst mal Esther.“

      Schnell holten Ben und Emma ihr Gepäck aus dem Auto, kramten ihre Schwimmsachen heraus, und zogen sich um. Unauffällig musterte John Emma und fand, dass sie in ihrem Bikini fantastisch aussah. Sie entwickelte langsam weibliche Formen, dazu ihre langen, durchtrainierten Beine und das hübsche Gesicht, umrahmt von den wilden Locken. Alleine Emmas Anblick sorgte dafür, dass John Herzklopfen bekam.

      Neugierig fragte Emma ihn, was er bisher in Frankreich unternommen