A.E. Eiserlo

Fanrea Band 2


Скачать книгу

umständlich. „Ich hatte einen Schamanen, namens Telling Bear aufgetan, von dem ich lernen wollte, zu heilen. Ich wartete auf ihn in dessen Hütte. Irgendwann ging plötzlich die Tür auf und statt des Schamanen trat Jamie ein. So standen wir uns in der Einöde von South Dakota gegenüber und es war um uns geschehen.

      Zunächst erschrak ich, als dieser braungebrannte Kerl mich mit seinen stahlblauen Augen musterte, aber er strahlte nichts Gewalttätiges aus. Wir stellten uns einander vor und entdeckten, dass wir beide den Schamanen treffen wollten. Die Situation war schon äußerst merkwürdig: Zwei Menschen mit demselben Ziel aus unterschiedlichen Kulturkreisen begegnen sich an einem der einsamsten Plätze der USA und finden sich gegenseitig, statt den gewünschten Schamanen.“

      Versonnen griff Esther nach einer Wasserflasche, um ein paar durstige Schlucke zu nehmen. Währenddessen grübelte Emma über den Namen Telling Bear nach, der ihr irgendwie bekannt vorkam. Ziemlich sicher hatte sie ihn schon einmal gehört.

      „Das Schicksal mischt die Karten, wir spielen*“, sinnierte Ben.

      „Pst! Wie romantisch.“ Emma knuffte Ben in die Seite und forderte ungeduldig: „Esther, erzähl weiter!“

      Diese ließ sich nicht lange bitten: „Als der Schamane schließlich eintraf, tauchten wir aus unserer Zweisamkeit auf und waren ganz verwirrt. Telling Bear wunderte sich gar nicht, sondern stellte fest: „Da haben sich zwei Seelen gefunden, die sich immer schon gesucht hatten.“

      Eine Weile blieben Jamie und ich bei Telling Bear, wir erlebten eine lehrreiche Zeit, die uns einander noch näher brachte. Als wir schließlich den Schamanen verließen, beschlossen wir, zu heiraten, es gab für uns nicht den geringsten Zweifel daran, dass wir zusammen gehörten.

      Für die Hochzeit hatte sich Jamie eine romantische Zeremonie am Strand von Key West gewünscht. Barfuß standen wir im Sand, warmes Wasser umspülte unsere Füße und die Sonne ging langsam orangerot unter. Wie in einem kitschigen Hollywoodfilm.“

      Esther machte eine Pause, erneut wurde sie von ihren Gefühlen überwältigt. Sie seufzte und verdrängte die Tränen. Ben und Emma schwiegen und sogar die Rattenzwillinge hörten gerührt zu. Jidell seufzte zusammen mit Esther und kuschelte sich Trost suchend an Quidell.

      Gerührt legte Emma ihre Hand auf die Schulter ihrer Tante: „Wie schön. So eine Liebe wünsche ich mir auch für mein Leben.“

      Esther nickte: „Ja, wenn man die große Liebe gefunden hat, ist es unbeschreiblich schön, aber wenn man sie dann verliert, reißt es einem das Herz aus der Brust und man wird nie wieder richtig glücklich. Mein gesamtes Sein, Körper, Geist und Seele sehnen sich nach dem, was ich verloren habe.“

      Mitfühlend fragte Emma: „Möchtest du überhaupt noch weiter erzählen? Ich kann verstehen, wenn dir das zu schwer fällt.“

      Esther straffte die Schultern und antwortete resolut: „Ich werde fortfahren, wenigstens ihr sollt meine wahre Geschichte kennen.“

      Aus dem Kofferraum kam eine flehende Stimme: „Oh ja, erzähl weiter.“

      Da schmunzelte Esther und tat Quidell den Gefallen: „Unsere Flitterwochen verbrachten wir in Mexiko in einer kleinen Hütte am Strand, einer Cabana. Wir schnorchelten, grillten Fisch und sahen uns die Gegend an. Wir waren unglaublich verliebt ineinander. Nach zwei Monaten beschlossen wir, eine Weltreise zu machen, weil Jamie mir seine Lieblingsplätze zeigen wollte. Geld hatte er genug und so reisten wir umher: Hawaii, Asien, Südsee, Australien, Neuseeland und so weiter.

      Immer wieder besuchten wir Schamanen, Mönche und Heiler, diese Menschen faszinierten uns. Schließlich bat Jamie mich, mit ihm nach Fanrea zu gehen, da er diese fantastische Welt kennen lernen wollte. Er war der Einzige, dem ich davon erzählt habe und er hat mir sofort geglaubt. Die Neugierde auf diese unbekannte Welt wuchs immer mehr in ihm. Da ich gerade mit Leni schwanger war, verschoben wir die Reise nach Fanrea auf später. Leni kam zur Welt und wir ließen uns für eine Weile in Italien nieder und waren eine sehr glückliche Familie.“

      Esther holte tief Luft, putzte sich umständlich die Nase und flüsterte: „Dann, als wir tatsächlich zu dritt nach Fanrea gereist sind, wurden wir in einen Kampf mit Xaria verwickelt. Sie stieß Jamie und Leni steile Klippen am Meer hinunter. Jamies zerschmetterte Leiche fand man, Lenis Körper hat das Meer mit sich genommen.“

      Schweigen breitete sich im Auto aus, Details wollte keiner mehr wissen. Alles war gesagt.

      Nach einer Weile murmelte Esther: „Aber das sind doch alles alte Geschichten und ich habe eure Aktuelle noch gar nicht gehört. Ich möchte jetzt endlich von euch wissen, was ihr in Fanrea erlebt habt und zwar von Anfang an.“

      Zunächst kamen Emma und Ben nur zögerlich ihrer Aufforderung nach. Esthers Geschichte schlug ihnen aufs Gemüt, doch schließlich erzählten sie abwechselnd alles bis ins Detail. Die Stimmung im Auto hellte sich langsam wieder auf und die Zeit verflog im Nu.

      Brennende Steine in Fanrea

      Im Trainingslager von Fanrea lungerten Quarx, der Zwerg, und Kontax, der Minotaurus, am Ausgang herum. Sie warteten auf die beiden Heiler Djalal und Osane, die zum Schloss wollten, um dort nach dem kleinen Elfenprinzen, König Elotiel und Königin Faina zu sehen. Außerdem war die Schwester der Königin schwanger und Djalal als Geburtshelfer musste sie untersuchen.

      Quarx und Kontax hatten sich als Begleitschutz angeboten und vertrieben sich die Wartezeit bis zum Aufbruch damit, ein Spiel zu spielen, das sie Dreieckswurf* nannten. Dabei ritzten sie ein großes Dreieck auf den Boden, in das sie Querlinien einzeichneten. Jedes so entstandene Feld erhielt eine Zahl, die breite Basis die eins, die Spitze eine zehn. Die Zahlen standen für zu gewinnende Punkte. Mit Steinen warfen die beiden nun aus zwei Metern Entfernung und versuchten die höchste Punktzahl zu ergattern.

      „Verdammt. Nur ne´acht. Du bist dran“, schimpfte Quarx.

      „Hast es eben nicht drauf, alter Knabe“, zog Kontax ihn auf.

      Der Elf Glenn gesellte sich zu ihnen: „Kann ich mitspielen?“

      „In der nächsten Runde“, knurrte Quarx.

      „Mein Abschiedsspiel. Ich fliege gleich mit Ilian und Orell zum Brüten.“

      Zwei grinsende Gesichter sahen ihn an.

      Glenn warf ihnen wütende Blicke zu: „Sehr witzig, da habt ihr euren Spaß. Ich habe mich nicht darum gerissen, das Ei von Bernsteinauge auszubrüten. Aber wie hätte ich einer sterbenden Drachenlady den letzten Wunsch abschlagen sollen?“

      Das Grinsen verstärkte sich und schließlich brachen Kontax und Quarx in schallendes Gelächter aus.

      „Na ja, Dracheneier ausbrüten ist eben die richtige Arbeit für einen Jäger und Kämpfer“, kugelte sich Quarx und hielt sich seinen dicken Bauch.

      „Nimm es nicht so tragisch, es ist doch eine echte Alternative zu deiner süßen Quiana“, setzte Kontax noch einen drauf. „Außerdem mögen Frauen Männer, die gut mit Babys umgehen können.“

      „Ihr seid echt tolle Freunde“, beschwerte sich Glenn und trat wütend einen Stein weg.

      Kontax lenkte ein: „Spielst du nun mit, du Trauerkloß?“

      Die Antwort blieb Glenn schuldig, denn schon galoppierten Ilian, der Pegasus und Orell, der geflügelte Hirsch, auf die kleine Gruppe zu und kamen erst kurz vor ihnen zum Stand. Ilian bäumte sich auf und schnaubte lustlos: „Es geht los!“

      „Tja, dann muss ich wohl. Bis bald, ihr beiden“, verabschiedete sich Glenn.

      Kontax und Quarx hauten ihm grinsend auf die Schultern, ersparten ihm aber weitere blöde Kommentare. Missmutig sprang Glenn auf Ilians Rücken, der wissen wollte: „Hast du dich von Quiana verabschiedet?“

      „Klar, alles schon geschehen.“

      „Hast du das Drachenbuch?“, hakte Ilian nach.

      „In meiner