Tyra Reeves

Gottessöhne


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noch gar nicht erzählt, was Du genau als Journalist machst. Bist Du als Auslandskorrespondent unterwegs, recherchierst Du übers Weltgeschehen oder machst Du eher Boulevard? Anscheinend bist du gut in deinem Job, sonst könntest du dir ein solch heißes Gefährt nicht leisten.«

      Sam lachte verlegen. »Ja, es läuft ganz gut. Ich schreibe über alles Mögliche. Zurzeit verfasse ich einen Artikel über Manhattan und seine Bewohner. Hier gibt es wirklich eine Menge Leute mit interessanten Lebensgeschichten.« Konzentriert schaute er auf die Straße und seine Hände verkrampften sich um das Lenkrad. Der New Yorker Verkehr schien seine Aufmerksamkeit so zu fordern, dass Kate nicht weiter fragen wollte und so verlief der Rest der Fahrt recht schweigsam. Ein paar Minuten später bogen sie am East River am Pier 6 ab.

      Kate konnte es kaum fassen, als sie sah, wo sie sich befanden. »Das ist doch nicht dein Ernst. Du willst doch nicht mit mir einen Helicopterflug über Manhattan machen?«

      »Doch, genau das. Ich hoffe, meine Überraschung ist gelungen. Gefällt’s dir?«

      »Das kann man wohl sagen, ich finde es phänomenal.«

      Neben dem Hubschrauber wartete ein schwarz gekleideter Pilot mit verspiegelter Sonnenbrille und winkte in ihre Richtung. Sam zwinkerte Kate aufmunternd zu, fasste ihre Hand und zog sie mit sich. Der Hubschrauber wirkte aus der Nähe nicht so groß, wie Kate gedacht hatte, doch das beruhigte sie keineswegs, eher das Gegenteil. Während der Pilot vorne Platz nahm, sprang Sam leichtfüßig ins Innere und hielt Kate die Hand hin. Als sie ihre Plätze eingenommen hatten, machte sich Beklemmung in Kate breit. Blinkende, kompliziert wirkende Technik umgab sie und als sie etwas zu Sam sagen wollte, setzte ohrenbetäubender Lärm ein. Die Rotorblätter begannen sich zu drehen und der Helicopter erhob sich schwankend in die Luft. Kate wurde es flau im Magen, doch dann hatten sie einen wundervollen Blick auf den East River, die offene See und die Freiheitsstatue.

      »Das ist phantastisch. Schau dir die Skyline von Manhattan an«, schrie sie durch das laute Rattern der Rotoren. Begeisterung strahlte in Sams Augen. Das Sonnenlicht fiel auf die nimmermüden, wogenden Wellen des Atlantiks. Das Meer glitzerte wie eine riesige Fläche, die übersät war mit funkelnden Diamanten.

      »Ist die Sonne nicht eines der überragendsten Werke Gottes?« Sam sah mit großen Augen hinaus ins Weite. Kates Blick folgte seinem, doch sie musste die Hand schützend vor ihre Augen halten, so sehr blendete sie das gleißende Licht. »Ohne sie wäre kein Leben auf der Erde möglich. Allein die Photosynthese der Pflanzen ist eine großartige Leistung der Natur. Wusstest du, dass 0,1% der Sonnenenergie für die Photosynthese gebraucht wird und diese Energie dann später von den höheren Lebewesen durch die Futteraufnahme aufgenommen wird? Wenn Lebewesen dann sterben, bleibt ein Teil der Sonnenenergie in ihren organischen Substanzen gespeichert, und nach tausenden von Jahren wird diese Energie durch den Verbrauch von fossilen Brennstoffen wieder freigesetzt.«

      »Wow, du kennst dich auf diesem Gebiet aber gut aus.«

      »Ja, ich hatte vor einem Jahr mit einem Wissenschaftler zusammen an einem Artikel über Sonnenaktivität gearbeitet. Ich finde die Erforschung der Sonne unheimlich spannend.« Sam tippte auf ihre Schulter und zeigte nach rechts. »Dort hinten kannst du Ground Zero sehen. Was für eine Schande, dass es die Twin Towers nicht mehr gibt.«

      Etwa 15 Minuten später rauschte es immer noch in Kates Ohren, während mit wackeligen Beinen über den Landeplatz marschierte. Sie war heilfroh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Sam wirkte so gelassen und standfest wie immer, als ob er sein ganzes Leben schon in schaukelnden Helicoptern verbracht hätte. Lachend öffnete er die Beifahrertür seines Maserati. »Kommen Sie, schöne Frau, der Tag ist noch nicht zu Ende.

      Kate ertappte sich immer wieder dabei, wie sie ihre Augen nicht von Sam lassen konnte. Das einfallende Licht ließ sein hellbraunes Haar golden aufleuchten. Vollkommen beeindruckt vom Helicopterflug, sprudelte seine Begeisterung über das eben Erlebte aus ihm heraus. Ab und zu sah er dabei zu Kate und seine Augen glühten vor Freude. Schwungvoll chauffierte er den Maserati in eine freie Parklücke. Ein Portier öffnete Kate die Tür. Sam warf ihm seinen Autoschlüssel zu.

      »Fahren Sie den Wagen bitte in die Tiefgarage.«

      »Na, die zweite Überraschung des Tages ist dir auch gelungen. Meinst Du, sie lassen mich in meinem Aufzug überhaupt in diesen Nobelschuppen hinein?«

      Irritiert sah er sie an. »Und wieso nicht? Ich traue mich das doch auch.« Dabei zeigte er auf sein weißes Hemd unter einem blauen Sakko sowie auf seine Jeans.

      »Sam, du hättest mir ruhig vorher sagen können, dass wir in ein solch teures Restaurant gehen.«

      »Ach, halb so wild. Ich hab gehört, hier gibt es mit Abstand das beste Essen. Außerdem haben sie eine bezaubernde Dachterrasse mit einem atemberaubenden Blick auf die Stadt. Für meine Lebensretterin ist mir das Beste gerade gut genug. Oder bist du mir jetzt böse?« Dabei sah er so zerknirscht aus, dass Kate sich das Lachen verbeißen musste. »Diesmal will ich dir noch einmal verzeihen. Das zeigt mir nur, dass dir dein Leben, das ich ehrenhaft gerettet habe, lieb und teuer ist.«

      »Ja und ob.«

      Als später ein Kellner mit hochgezogenen Augenbrauen und gezücktem Stift neben ihrem Tisch stand, wurde es Kate unbehaglich. Sam hatte ihr die Wahl des Essens und der Getränke überlassen. Tolle Idee, wo ich doch ein solch großer Gourmet und Weinkenner bin.

      »Ich bin Vegetarierin. Was könnten Sie mir da empfehlen?« Der Ober ratterte eine Anzahl verschiedener Gerichte herunter. »Gut ich nehme das mit dem gedünsteten Gemüse. Und welchen Wein können Sie mir dazu anbieten?« »Wie wäre es mit einem Baron de Rothschild

      »Den nehmen wir.«, bestimmte Kate.

      »Bitte bringen Sie mir das Gleiche.« Sie glaubte, einen Tick Unsicherheit in Sams Stimme zu hören.

      »Puh, mit der Nouvelle Cuisine kenne ich mich gar nicht aus.« Kate atmete erleichtert auf, nachdem der Kellner ihren Tisch mit steifen Schritten verlassen hatte.

      »Tja, ein Heimspiel war das für mich gerade auch nicht.« gab Sam zu.

      »Ach ja, wo gehst du denn normalerweise essen, wenn nicht in Fünf-Sterne-Restaurants?«

      »Mal hier, mal da. Kommt ganz darauf an, worauf ich gerade Hunger habe.«

      »Und was ist dein Lieblingsessen? Italienisch, mexikanisch oder chinesisch? Die englische Küche ist ja nicht gerade wegen ihrer Vielfältigkeit berühmt.«

      Sam räusperte sich. »Du bist Vegetarierin? Warum hast du dich dazu entschieden komplett auf Fleisch zu verzichten?«

      »Für mich gibt es zwei gute Gründe fleischlos zu leben. Erstens, heutzutage weiß man nicht mehr, ob man sich nicht mit jedem Bissen Fleisch irgendein Gift zufügt und zweitens finde ich es unerträglich, dass ein lebendes und fühlendes Wesen für mich leiden muss, nur damit ich meine Lust am Fleischessen befriedigen kann.« Er nickte zustimmend und sein Blick wurde nachdenklich.

      Mit professioneller Förmlichkeit wurden ihnen zwei große Teller, mit übersichtlich angeordnetem Gemüse, und Kristallgläser serviert. Der rote Wein verströmte ein köstliches, fruchtiges Aroma.

      »Sam, nun bin ich aber mal an der Reihe, etwas mehr aus deinem Leben zu erfahren. Ich weiß so gut wie gar nichts über dich. Lebt deine Familie in England? Hast du Geschwister, Haustiere, viele Freunde oder sogar ein dunkles Geheimnis?«

      Sam betupfte seinen Mund mit der Serviette. Sein linkes Augenlid zuckte kurz. »Ich habe, oder besser gesagt, ich hatte nie eine große Familie. Meine Eltern sind letztes Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Und mein einziger Bruder ist vor Jahren von Zuhause ausgezogen und seitdem verschollen. Es hatte einen bösen Streit zwischen ihm und meinen Eltern gegeben und er ist untergetaucht. Leider hat er nie versucht, mit mir Kontakt aufzunehmen. Das ist alles.«

      »Das klingt traurig. Jetzt habe ich dich mit meiner neugierigen Fragerei an deine Vergangenheit erinnert, an die du gar nicht mehr denken wolltest. Ich habe wirklich ein großes Talent, in alle möglichen Fettnäpfchen zu treten. Es tut mir leid.«

      »Nein,