Tyra Reeves

Gottessöhne


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ihr tief in die Stirn. Der braune Teint ließ das Weiß ihrer mandelförmigen Augen, deren Blick fest auf die Bar gerichtet war, noch stärker strahlen.

      Sämtliche Gespräche verstummten im Club und ein bewunderndes Raunen ging durch den Raum, als die zweite Frau der dunklen Schönheit folgte. Weich und fließend umspielte ihr langes, lockiges, rotblondes Haar ihren üppigen Busen. Das fast kindlich wirkende Gesicht mit dem ausladenden Schmollmund und den großen, grünen Augen hatte eine unglaublich erotische Ausstrahlung. Der eng anliegende Lederanzug betonte ihren lasziven Gang. Eine silberne Kette hing um ihren Hals und ein schweres Medaillon lag zwischen ihren Brüsten. Ihr Blick schweifte ungehemmt durch den ganzen Raum und blieb kurz bei jedem Mann haften. Dabei öffnete sie die sinnlichen Lippen und ihre Augen schienen den Männern ein geheimes Versprechen zu geben. Vergessen waren die zwei Stipperinnen auf der Bühne, die ihren aufreizenden Tanz jäh beendet hatten und die weiblichen Neuankömmlinge ebenso erstaunt musterten.

      Die dritte Frau folgte mit etwas Abstand den beiden anderen. Nur bei genauerem Hinsehen konnte man bemerken, dass sie leicht hinkte. Strahlte die zweite Erscheinung reine Sinnlichkeit aus, so umgab diese eine Aura von Übersinnlichkeit. Langes, gewelltes, braunes Haar umrahmte ein engelhaft anmutendes Gesicht. Sie trug ein einfaches, bodenlanges, helles Kleid und ihr einziger Schmuck war eine Halskette mit einem Amulett.

      An der Bar lehnten vier Männer, die die Frauen gebannt anstarrten. Die zwei in der Mitte räkelten sich lässig auf den Barhockern, wobei der eine beständig ein volles Whiskyglas in seiner Hand drehte und der andere eine Zigarette zwischen seinen Fingern hielt, von der die Asche auf den Boden rieselte. Rechts und links von den beiden Männern standen breitbeinig zwei muskulöse Hünen, die mit ihren schwarzen Sonnenbrillen und kurzen Haaren voll und ganz dem Klischee eines Türstehers entsprachen.

      Die schwarzhaarige Frau ging unbeirrt auf den Mann mit dem Whiskyglas zu. Er war der Boss des Striplokals und nannte noch mehrere solcher Etablissements in der Stadt sein eigen. Obwohl ihn tagtäglich nacktes weibliches Fleisch umgab und er somit fest überzeugt war, dass keine Frau ihn mehr beeindrucken könnte, glotzte er die Fremde gierig an. Trotz seines jahrelang gepflegten Zynismus spiegelte sich in seinem Gesicht Bewunderung für ihre Schönheit. Die Schwarzhaarige blieb vor ihm stehen und ihre dunklen Augen bohrten sich in die seinen. Die Rotblonde, die nun ebenso die Theke erreicht hatte, griff nach seinem Arm und schenkte ihm ein verführerisches Lächeln. Sein Gesichtsausdruck verzerrte sich blitzartig in reine Begierde. Die Schwarzhaarige zischte scharf und die Rotblonde senkte den Blick, trat zurück um sich neben das engelsgleiche Wesen zu stellen, das in einigem Abstand vor der Bar wartete. Sofort galt die ganze Aufmerksamkeit des Mannes der geheimnisvollen Dunklen.

      »Hallo, schöner Mann«, schnurrte sie mit einem undefinierbaren Akzent, »es freut mich, dich hier zu treffen.«

      »Wer sind Sie? Und wie kommen Sie hier herein? Frauen haben keinen Zutritt zu diesem Lokal.« Er nahm einen tiefen Schluck von seinem Whisky und versuchte, sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen.

      »Uns wird niemals der Zutritt verwehrt! Nun, mein Name ist Lilith. Die sensationelle Rotblonde dort ist Naamah und die Dame mit dem Unschuldsgesicht ist Barbelo.«

      »Soso«, der Mann mit dem Glas in der Hand entspannte sich und meinte: » Das sind aber sehr ausgefallene Namen, so gar nicht amerikanisch. Klingt eher, als kämet ihr aus östlicheren Gefilden. Naja, osteuropäische Frauen sind sowieso die besten, stimmt’s Jungs?« Er begann laut zu lachen, es klang amüsiert und brutal zugleich, aber niemand fiel in sein Lachen mit ein. »Nein«, stellte Lilith klar, »wir sind nicht von hier. Nachdem ich meinen Namen und den meiner Begleitung genannt habe, dürfte ich euren erfahren?« Der Mann lehnte sich zurück und deutete mit der freien Hand auf seinen Nachbarn. »Darf ich vorstellen: mein Geschäftspartner Louis Gartoni und mein werter Name ist Rob Crossing. Mir gehört der bescheidene Laden hier. Darf ich die hübschen Damen zu einem Drink einladen?«

      »Sehr gerne«, sagte Barbelo, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte und bei dem Klang ihrer Stimme hörte die wummernde Discomusik für einen Herzschlag auf zu spielen. Alle Augen waren nun auf sie gerichtet. Die Zigarette fiel Louis Gartoni aus der Hand, sein Gesicht bekam den Ausdruck eines überraschten, kleinen Jungen und er murmelte leise: »So eine wundervolle Stimme habe ich noch nie gehört.« Rob Crossing dagegen drehte sich abrupt zu der Bedienung hinter der Theke um und bestellte drei Champagner für seine neuen Gäste. Lilith glitt näher zu ihm und berührte leicht seine Schulter. »Wir dachten, es wäre netter, wenn wir mit den Herren ungestört sein könnten. Dieses Lokal hier ist zwar sehr außergewöhnlich, aber wir hätten es gerne etwas intimer.« Rob verzog die Lippen zu einem Grinsen. »Das könnt ihr gerne haben. Ich und mein Geschäftspartner wollten sowieso aufbrechen. Ich würde mich freuen, dir und deinen Freundinnen mein Anwesen zu zeigen. Wir werden bestimmt eine Menge Spaß miteinander haben.« »Gewiss!«, säuselte Lilith.

      Rob sprang vom Barhocker, gab Louis ein Zeichen es ihm gleich zu tun und ging zielstrebig in Richtung Ausgang. Die beiden Bodyguards wichen nicht von seiner Seite. »Hör zu, Lilith. In meinem Ferrari ist nicht genügend Platz für uns alle. Schlage vor, du und einer meiner Jungs, ihr fahrt mit mir, und Louis nimmt im BMW die anderen mit.« Endlich hatte er wieder die Kontrolle über die Situation. Lilith lächelte. »Wie du wünschst.« Ein einfallender Lichtstrahl ließ ihre weißen, spitzen Zähne aufblitzen.

      Rob Crossings Zuhause lag nicht weit entfernt vom Club. Es war eine große Villa, errichtet auf einem Hügel, um die eine mannshohe Steinmauer verlief und dem Anwesen so den Eindruck einer Festung vermittelte. Das hohe schmiedeeiserne Tor öffnete sich langsam und die Autos fuhren hinein. Neben dem Tor standen zwei muskelbepackte Männer, die sich kaum von den Bodyguards im Auto unterschieden.

      Das riesige Wohnzimmer war spärlich möbliert. Eine dunkelrote imposante Ledercouch stand mitten im Raum, davor ein Tisch, dessen ovale Glasplatte von einer messingfarbenen nackten Frauengestalt in sitzender Haltung getragen wurde. Obenauf lag ein Laptop. Drei Sessel, überzogen mit Leopardenfell-Imitat, waren kreisförmig um den Couchtisch angeordnet. Gegenüber einem großen, schwarzen Bücherregal, dessen wohl sortierter Inhalt eher als Deko denn als Lesematerial diente, befand sich ein Panoramafenster, das den Blick auf die Skyline von New York freigab.

      Crossing betrat das Wohnzimmer mit einem Tablett Gläser voll goldbraunem Whisky auf Eis. Lilith hatte ihm den Rücken zugekehrt und war in die Aussicht auf die Metropole vertieft. Naamah zog Louis an der Hand hinter sich her und bugsierte in auf die rote Ledercouch. Sie beugte sich nach vorne in Richtung Notebook, während der Mann neben ihr versuchte, das rotblonde Haar zu berühren. »Was ist denn das?« Sie quietschte vor Vergnügen, als sie bemerkte, dass sich der PC aufklappen ließ.

      »Du willst mir doch nicht verklickern, du hast noch nie ein Laptop gesehen? Das gibt’s doch gar nicht.«, ertönte Rob Crossings raue Stimme. Er stellte das Tablett mit den Gläsern auf den Tisch und schaltete den Computer an. Louis Gartoni fuhr mit der einen Hand durch Naamahs Lockenpracht und mit der rechten über die Tastatur des Laptops. »Hier Süße, ich zeig dir mal, womit unser werter Gastgeber seine Brötchen noch so verdient.« Die grünen Augen in ihrem Gesicht weiteten sich und sie hauchte: »Oh, das ist grandios.«

      »Findest du?«, lachte Crossing und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Dir scheint das ja gut zu gefallen. Ich könnte mir denken, dass so eine wie du in diesem Geschäft ganz groß rauskommen würde. Ganz groß, Baby.« »Und wie funktioniert das Ganze? Ich sehe hier nur Bilder von leicht bekleideten Frauen.«

      »Der Kunde muss sich im Internet auf unserer Homepage registrieren, seine Kreditkarten-Nummer angeben, sich ein Mädchen aussuchen und dann macht sie alles, was er will.«

      »Und wie viele Männer nehmen diese Dienste in Anspruch?«

      »Jeder auf der Welt kann sich diesen Spaß kaufen.« »Lass mal sehen!« Niemand hatte bemerkt, dass sich Lilith zu ihnen gesellt hatte. Voller Faszination musterte sie den Bildschirm. Rob Crossing beugte sich nach unten, bewegte seinen Finger über das Mousepad. Nach ein paar Sekunden vergrößerte sich eines der Fotos auf Bildschirmformat und ein Mädchen begann sich genüsslich zu räkeln. »Hi«, ertönte eine weibliche Stimme aus dem Lautsprecher, »Mein Name ist Suzette und wie ist deiner? Erzähl mir doch, worauf du so stehst.«