Tyra Reeves

Gottessöhne


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den Kopf. »Schade! Wir haben die besten Donuts weit und breit und ich persönlich kann nicht von ihnen genug bekommen.« Während sie mit den zwei Tassen Kaffee auf die beiden zu stolzierte, ließ sie ihre Hüften so aufreizend hin und her schwingen, dass es Kate übel wurde.

      »Und deine Familie?« Sam nahm einen vorsichtigen Schluck von dem heißen Gebräu und warf Kate einen fragenden Blick zu. »Vermisst du die denn nicht, so allein in dieser Wahnsinnsstadt?« Kate nippte ebenfalls an ihrer Tasse und verbrannte sich den Gaumen. »Doch, schon. Es kommt auch manchmal vor, dass ich Heimweh habe. Allerdings gibt es hier so viele Möglichkeiten, sich zu zerstreuen, dass ich mich regelmäßig aus meinem Tief herausziehe.« Vorsichtig betastete sie mit der Zunge ihren Gaumen und zuckte zusammen, als sie die kleine Brandblase berührte. Das ist doch mal wieder typisch, so etwas kann nur mir passieren.

      Sam lächelte sie an und der stechende Schmerz war wie weggeblasen. »Und dir, wie gefällt es dir als Engländer in dieser Stadt, die niemals schläft?« Er lachte und fuhr sich mit der Hand durch sein dichtes Haar. »Es haut mich um. So viele Menschen, die alle geschäftig hin und her laufen und man fragt sich unwillkürlich, ob sie wirklich alle ein Ziel haben. Dann diese Unmengen von Wolkenkratzern, bei denen man glaubt, sie wollten in den Himmel wachsen, gerade so, wie der legendäre Turm zu Babel. New York wirkt auf mich wie ein riesiger Ameisenhaufen.« Kate nickte. »Ja die Beschreibung passt. Manchmal versuch ich mir die Schicksale der einzelnen Menschen vorzustellen. Hinter jeder Tür verbirgt sich ein Geheimnis und man weiß nichts davon. Eines Tages werde ich auch die richtige Tür finden, hinter der mein Schicksal auf mich wartet. Ich glaub fest daran. Denn irgendwie kann das doch nicht alles sein: Arbeiten, Essen, Schlafen. Irgendwo muss doch das »Richtige Leben« auf mich warten.«

      Kate erzählte ihm von ihrem letzten Abenteuer in der Karaoke Bar und beide lachten. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »So, jetzt hast du dich aber genug über meine verbaute Gesangskarriere amüsiert«, sie zwinkerte ihrem charmanten Gegenüber zu und eine leichte Röte breitete sich über ihre Wangen aus. »Ich würde zu gerne mal deine Gesangskünste hören.« Sam schloss kurz die Augen, dann öffnete er sie abrupt und der intensive, meerblaue Blick traf Kate mitten ins Herz. »Eines meiner Lieblingslieder ist »Beangeled«. Ich glaube kaum, dass Du es kennst, aber ich denke, es wird dir gefallen.« Er räusperte sich kurz:

      »Angel, can you feel the morning…love is here to stay, just a kiss away. Angel… can you see the sunlight…Love is just a kiss away...«

      Kate fühlte sich von seiner sanften Stimme und der schwingenden Melodie des Liedes komplett eingehüllt. Sie war wie losgelöst von der Welt, zwei Herzschläge lang schienen nur sie und der wunderschöne Mann zu existieren.

      »Ähm«, die raue Stimme der Kellnerin holte sie brutal in die Realität zurück. »Wir machen gleich Feierabend. Könnten Sie bitte Ihre Rechnung begleichen?« Dabei ruhten ihre Augen sehnsüchtig auf Sam.

      Dann war es soweit. Sie standen draußen, die Tür des Cafés wurde von innen verschlossen und Kate wusste, dass sie sich gleich trennen würden.

       Sag doch endlich etwas, eine solche Chance bekommst du nie wieder im Leben.

      Verlegen trat sie von einem Bein auf das andere und spielte an dem Verschluss ihrer Handtasche. »Es war schön, sich mit dir zu unterhalten, Kate.« Mit offenem Blick lächelte Sam sie an. »Es würde mich freuen, wenn wir uns noch besser kennenlernen würden. Darf ich dich in den nächsten Tagen anrufen?« Erleichtert atmete Kate aus und lachte. »Na klar, es war wirklich nett heute. Hier ist meine Karte.« »Danke. Im Austausch bekommst du auch eine Visitenkarte von mir.« Seine kurze Berührung war wie ein elektrischer Schlag und ließ Kates Herz schneller schlagen.

      Sein Name war mit goldenen Lettern in teures Papier graviert, darunter stand: Freier Journalist. Seltsam, sie hatten gar nicht über seinen Beruf gesprochen. Fast die ganze Zeit hatte Kate nur von sich geredet und er hatte interessiert zugehört. »Okay, danke, Sam. Also dann, ruf mich an, wenn du magst.« »Bestimmt und komm gut nach Hause.«

      Zuhause angekommen, bekam die Visitenkarte sofort einen Ehrenplatz an ihrer Pinnwand. Kate legte die neue CD von Pink ein und tanzte wie wild durch ihre kleine Wohnung. Bangla und Desh verkrümelten sich hinter dem Sofa und ließen ihren offenbar verrückt gewordenen Menschen nicht mehr aus den Augen.

      Sie musste ein wenig runterkommen, sonst würde sie diese Nacht kein Auge zumachen. Außer Atem ließ sich Kate auf die Couch fallen, schnappte sich ihren Laptop, der griffbereit in der Sofaecke auf sie wartete und öffnete ihre Emails. Außer den üblichen Werbemails für Dinge, die sie eh nicht brauchte und wollte, war nichts Wichtiges dabei. Nachdem sie noch bei Facebook reingeschaut hatte, klickte sie die Video Online News an. Mal sehen, was sich heute alles so ereignet hat.

      »Gestern Nacht ist auf Long Island ein grausames Verbrechen verübt worden. Das Opfer, ein berüchtigter Boss aus dem Rotlicht-Milieu, namens Rob Crossing, dessen Tätigkeitsbereich vorwiegend in der Prostitution und Pornoindustrie lag, sowie seine Leibwächter und ein bis dahin noch nicht identifizierter Mann, wurden tot in der Crossing Villa aufgefunden. Nachbarn haben gestern die Polizei gerufen, als schreckenserregende Schreie aus dem Haus zu hören waren. Die Polizei vermutet einen Racheakt des organisierten Verbrechens, da die Tat eine unglaubliche Brutalität aufweist.« Kate stoppte das Video. Sie scrollte die Webseite runter bis zu dem öffentlichen Diskussionsforum für Nutzer des Video Online Dienstes. Flüchtig überflog sie die vorwiegend entsetzen Kommentare, als ihre Aufmerksamkeit bei dem Wort »Ritualmord« hängenblieb. Sie klickte den Beitrag an. Ein Internet-User, der unbedingt anonym bleiben wollte, behauptete, tiefer gehende Details über das Verbrechen zu kennen.

      Der Tod der ausschließlich männlichen Opfer wäre allesamt durch Genickbruch herbeigeführt worden. Der Kopf des Mafiabosses sei um 180° Grad verdreht gewesen, was wiederum ein Indiz für einen Ritualmord sein könnte. Bei der Obduktion der Leiche hatte man in ihrem Magen den Speicherchip eines Laptops gefunden, auf dem die Polizei unter anderem kinderpornografisches Material sichergestellt hatte. Die oder der Täter hätten keine nennenswerten Spuren am Tatort hinterlassen.

      Kate wurde es übel und sie schüttelte angewidert den Kopf. Entschlossen klappte sie den Laptop zu. So einen schönen Tag wollte sie sich nicht verderben lassen. Sam! Ob er sie wirklich anrufen würde? Hoffentlich! Aber was konnte so ein toller Typ schon an ihr finden? Alleine sein Name, Sam Saveal, klang wie eine Verheißung.

      Diese Nacht brachte Kate einen traumlosen Schlaf, aus dem sie am nächsten Morgen erfrischt aufwachte.

      KAPITEL 4

      Kate blickte aus dem fahrenden Zug hinaus in die Dunkelheit des U-Bahnschachtes. Sie träumte mit offenen Augen. Die Arbeit hatte ihr seit langer Zeit wieder Spaß gemacht. Die olle Mrs. Marsh war heute viel freundlicher als sonst gewesen und gestern Abend hatte sie endlich eines ihrer Bilder vollendet. Sie schmunzelte, als sie an die Mittagspause dachte. Diesmal war sie es gewesen, die Lucy mit ihrem Redeschwall mundtot gemacht hatte. Lucy hatte ihr zugezwinkert und gemeint, dass sie sich wohl in diesen Sam Soundso verguckt hätte. Kate musste ein Kichern unterdrücken. Da piepste ihr Handy: eine SMS von Martin, dem Mann ihrer schwangeren Kollegin. »Charlene ist soeben Mutter geworden und würde sich freuen, wenn du sie im Memorial Krankenhaus besuchen kommst.« Wenn sie die nächste Station aussteigen würde, um dann die Linie 5 zu nehmen, könnte sie direkt zum Memorial Krankenhaus fahren. Sie war einfach zu neugierig auf Charlenes Baby.

      Hospitäler lösten in Kate immer Beklemmungen aus. Als sie durch die Linoleum belegte Empfangshalle schritt, sank ihre gute Laune sofort. Sie stieg in den Fahrstuhl und drückte auf den 3. Knopf – die Geburtenstation. Verstohlen wischte sie ihren Finger an der Jeans ab. Gab es in Krankenhäusern nicht eine Unmenge von gefährlichen Keimen, die es nur auf einen abgesehen hatten?

      Im 3. Stock angekommen, fragte sie eine Krankenschwester nach Charlenes Zimmernummer und steuerte diese zielstrebig an.

      Kate klopfte. Niemand antwortete. Vorsichtig öffnete sie die Tür und spähte hinein. Charlene saß aufrecht im Bett, den Mund weit aufgerissen, Tränen liefen über ihre eingefallenen Wangen. Strähniges, braunes