Hubert Mergili

Das Tor nach Andoran


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weiß alles mein lieber Gallan. Während deiner Ohnmacht hab ich mir erlaubt, ein wenig in deinem Gedächtnis herumzustöbern. Zuerst entkommt dir das junge Einhorn, dann lässt du dir auch noch den Ring und die wertvollen Hörner abnehmen, nur wo sich das Junge befindet, konntest du vor mir verbergen.«

      Das Gefühl aufkommender Panik kroch in Gallan hoch, die er nur mit äußerster Willensanstrengung unterdrücken konnte. Er wusste, was diese vorgetäuschte Freundlichkeit bedeutete. Er selbst hatte es schon einige Male erlebt, wie Kisho mit Genuss seinen Sadismus auslebte.

      Nur heute saß er auf dem Stuhl der Qualen, wie Kisho den Sessel in seinem kleinen Saal nannte. Der Baron spielte sich mit ihm und weidete sich an seiner Angst, die seinen Körper zu lähmen drohte. Gallan bäumte sich auf und wollte sich von den Fesseln die ihn am Stuhl hielten losreißen. Sofort waren zwei Leibwächter von Kisho zur Stelle und drückten ihn unsanft an die Lehne zurück.

      »Du kannst dir viel Ärger ersparen Gallan. Gib mir den Ort preis, wo sich das Einhorn aufhält und ich werde dir einen schnellen Tod gewähren, andernfalls wirst du in den Genuss der Sonderbehandlung für Versager kommen.«

      Kishos scheinbare Freundlichkeit war mit einem Schlag wie weggeblasen und sein Gesicht verzog sich zu einer Fratze, als er zu brüllen begann. »Sag mir endlich, wo sich das Einhorn aufhält,« dabei kam die Spitze des kleinen Dolches, mit dem sich Kisho spielte seinen Augen bedrohlich nahe.

      Gallan presste die Lippen zusammen und heftete seinen Blick auf den Baron, blieb aber stumm. Gallan wusste, dass der bevorstehend Augenblick über sein Leben entscheiden würde. Solange der Baron nichts über das Einhorn herausfand, blieb ihm noch eine verschwindend geringe Chance und die wollte er nutzen.

      »Na schön, wenn du es nicht anders willst,« brummte Kisho ärgerlich. Mit unglaublich brutaler Gewalt drang Kisho in Gallans Gedanken ein, die ihn beinahe überrascht hätte. Mit all seiner Kraft, die ihm blieb, wehrte er sich gegen den Angriff des Barons.

      Augenblicklich kehrten die rasenden Kopfschmerzen zurück und Gallan hatte das Gefühl, sein Schädel explodierte. Gallan erkannte seine Chance.

      Die Schmerzen errichteten einen undurchdringlichen Wall, der sich um seine Gedanken herum aufbaute und es dem Baron unmöglich machte ihn zu durchdringen und er kämpfte nicht dagegen an.

      Gallan wusste nicht, wie lange er sich in dem Ozean aus Schmerzen und bunten Farben die vor seinen Augen tanzten, aufgehalten hatte, aber plötzlich ebbten sie ab. Durch den Schleier, der seine Wahrnehmung trübte, erkannte Gallan, Kishos wutverzerrtes Gesicht, das sein Blickfeld ausfüllte. Schleppend lichtete sich der Nebel.

      Das Gesicht wich etwas zurück und Gallan sah die schwarze Gestalt Kishos nachdenklich vor ihm auf und ab gehen. Die Stimme Kishos nahm wieder den einschmeichelnden Tonfall an mit dem Er vor seinem Wutanfall gesprochen hatte.

      »Gallan sei nicht so stur, ich bekomme doch heraus was ich erfahren will. Also sag mir, in welcher Welt sich das Einhorn befindet. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich es herausbekomme und du ersparst dir viel Schmerzen, wenn du jetzt redest. Gallan du kennst mich, ich bekomme immer was ich will, also gib schon auf und ich verspreche dir, dich nicht leiden zu lassen.«

      Kishos plaudernder Tonfall erweckte den Eindruck, als spräche er mit einem Freund über das Wetter, doch Gallan ließ sich nicht täuschen. Er kannte Kishos Heimtücke. Der Baron lauerte nur auf eine Schwäche von ihm, um dann umso erbarmungsloser zuzuschlagen. Gallan blieb auf der Hut und tatsächlich. Gerade als Gallan versuchte seine Erinnerung in den Tiefen seines Bewusstseins zu verstecken, schlug Kisho erneut zu, aber diesmal konnte er ihn nicht überraschen. Gallan ließ sich ohne Gegenwehr von dem einsetzenden Schmerz überfluten, was es Kisho unmöglich machte bis in seine Erinnerungen vorzudringen. »Ich will den Auftrag, den Ihr mir gabt, zu Ende führen,« presste Gallan zwischen den Zähnen hervor. Gebt mir einen Ring und ich enttäusche Euch nicht noch einmal. Ich bringe das Einhorn auf die Festung.«

      Inzwischen stabilisierte sich Gallans Wahrnehmungsfähigkeit so weit, dass er das fleischige von Pusteln übersäte Gesicht Kishos ganz deutlich und gestochen scharf beobachten konnte. Die kleinen stechenden Augen des Barons glitzerten heimtückisch, als er höhnisch bemerkte.

      »Du verkennst deine Lage Gallan, ich bin es der hier die Bedingungen stellt, aber ich gebe dir eine letzte Chance. Sag mir, wo sich das Junge aufhält.«

      Gallan schwieg und hielt dem hypnotischen Blick des Barons stand. Mit einem enttäuschten Laut, wandte sich Kisho von dem Stuhl ab an dem Gallan festgebunden war und lief mit nachdenklich gesenktem Kopf im Raum auf und ab.

      Innerlich bereitete sich Gallan auf die Folter vor, die nun unausweichlich folgen musste. Einmal war er bei einer dieser Sitzungen, wie Kisho sie nannte anwesend und er wusste was nun folgen würde. Gallan gab sich keiner Illusion hin. Auf ihn warteten unerträgliche Schmerzen bis zum Tod und das trieb ihm den Angstschweiß auf die Stirn.

      Ruckartig blieb Kisho stehen und drehte sich zu ihm um. Satanisches Grinsen huschte über Kishos Gesichtszüge, als er Gallan anherrschte. »Du willst es also nicht anders. Nun dann betrachte die Kerker als dein neues Zuhause. Ich werde mich später um dich kümmern und glaub mir du wirst, noch darum flehen mir alles zu sagen, was du weißt.«

      Ohne jeden Übergang veränderte sich Kishos Gesichtsausdruck und verfinsterte sich. »Wir werden uns bald wiedersehen Gallan, bis dahin genieße deinen Aufenthalt.«

      Kisho hob etwas den Kopf und befahl den Wachen, die hinter dem Stuhl standen. »Bringt ihn in den Kerker, und geht nicht zu grob mit ihm um, ich brauche ihn noch.« Gallan wurde von klobigen Händen gepackt, von den Fesseln befreit und aus dem Saal gezerrt. Mit einem lauten Knall fiel die Türe ins Schloss und Kisho war alleine mit seinen Gedanken.

      Wütend warf er sich in einen stabilen aus Eichenholz gefertigten Sessel mit hohem Rückenteil, der mit lautem Knarren gegen diese Behandlung protestierte. In Kishos Innerem tobte ein Sturm der Gefühle. Er befand sich so nahe dem Ziel seiner Begierde, aber Gallan hatte alles versaut. Kisho war außer sich vor Zorn, weil es ihm nicht gelungen war, durch die Barriere der Schmerzen an Gallans Gedanken zu gelangen, um so an die Informationen zu kommen, die er haben wollte.

      *Wie schaffte es der Sucher, seine Gedanken vor ihm zu verbergen? Ihm war es trotz intensiver Kraftanstrengung nicht gelungen, sie zu durchbrechen. Nun blieb ihm nichts anderes übrig als auf die ausgeschickten Sucher zu warten. Vielleicht gelang es ja ihnen, eine Spur des Einhorns zu finden. Dann war Gallan überflüssig, wenn nicht, würde er unter der Folter schon noch reden. Er würde ihn anbetteln alles zu sagen, was er wusste.*

      Kisho erhob seinen massigen Körper aus dem Sessel und wanderte in Gedanken versunken durch den Raum. Längs der Wand der großen Halle, die auf der Bergseite entlang führte, schritt er an den Artefakten vorbei. In den aus den Fels gearbeiteten Regalen befanden sich seine Kostbarkeiten.

      Hier ein aus Bergkristall gefertigter Totenschädel, der ihn aus zwei smaragdenen Augen anstarrte, deren dunkelgrünes Feuer jeden Betrachter in seinen Bann zog. Man sagte diesem Schädel nach, jedem Geschöpf den Willen seines Besitzers aufzwingen zu können. Aber ……, Kisho seufzte verhalten, bis jetzt war er noch nicht dahinter gekommen, wie man den Schädel und seine Kräfte belebte.

      Daneben lag ein kurzer knöcherner Stab, in dem seltsame Zeichen eingeschnitzt waren, die er noch nicht entziffern konnte. Schädelknochen von menschenähnlichen Wesen, die mit eigenartigen Kreisen, die ineinander liefen bemalt worden waren und vieles mehr. Alle Dinge in diesem steinernen Regal besaßen magische Kräfte, die es zu nutzen galt.

      Zusammen mit den Hörnern würde seine Kraft ausreichen, um sein Schreckensreich zu gründen und Andoran in das dunkle Zeitalter zu stürzen, von dem er schon lange träumte.

      Der Rubin der Mydaren hatte es ihm ermöglicht, Wesen aus einer Zwischenwelt nach Andoran zu holen. Diese kleinen stinkenden Jäger, die Wurrler. Kisho wusste von unzähligen Wesen, die sich in der Zwischenwelt aufhielten und nur darauf warteten, ihm zu Diensten zu sein. Jedoch seine jetzige magische Kraft reichte nicht dazu aus, Heerscharen dieser Wesen herbeizurufen.

      Nachdenklich schritt der Baron auf die Stirnfront des