Hymer Georgy

Geheimauftrag für SAX (4): SPECTATOR II


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europäische GPS.“

      „Darüber weiß ich nichts.“

      „Dann informieren Sie sich. Weiter kann ich ihnen nicht helfen, denn mehr habe ich auch nicht.“

      „Und diese Irina, wie passt die da hinein?“

      „Sie ist nach meinem Kenntnisstand genau das, was sie wohl auch bei Ihnen ausgesagt hat.“

      „Hollers Geliebte.“

      „Ja.“

      „Na schön, mit der werden wir uns heute auch noch einmal unterhalten.“

      „Und wie geht es jetzt weiter?“

      „Wie gesagt, ich wünsche keine Störungen meiner Ermittlungen. Und Leute ihres Schlages besitzen die Angewohnheit, die Dinge eher zu vertuschen, als sie ans Tageslicht zu bringen.“

      „Ich habe durchaus ein Interesse daran, herauszufinden, wer Marius Holler auf dem Gewissen hat.“

      „Ja, aber wenn das, was Sie herausfinden, ihnen oder ihren Auftraggebern nicht schmeckt, werden sie es für sich behalten. Das ist der Sinn von Organisationen wie der ihren.“

      Wie Recht er doch hatte! „Was erwarten Sie von mir?“

      „Das Sie mich unverzüglich informieren, wenn Sie etwas herausfinden.“

      „Das kann ich ihnen keinesfalls versprechen.“

      „Behinderung der Polizeiarbeit ist in diesem Lande kein Kavaliersdelikt!“, sagte Blansko mit plötzlicher Strenge. „Von jetzt an wird ihnen mein Assistent hier nicht mehr von der Seite weichen. Sollten sie sich daneben benehmen, sind Sie draußen. Und sollten sie ihn abzuhängen versuchen, sind Sie auch draußen. Haben wir uns verstanden?“

      Freysing nickte resignierend. Einen Aufpasser konnte er gewiss nicht gebrauchen, wenn er sich doch mit Steiner würde treffen können. Er hoffte, dass der Ex-Stasi noch einmal Kontakt zu ihm aufnahm, nun, da die heutige Verabredung platzte. Die vereinbarte Uhrzeit war inzwischen deutlich vorüber.

      „Gut. Dann unterhalten wir uns jetzt einmal ernsthaft über den Laptop Hollers.“

      Freysing besaß verständlich keine Lust, darüber besondere Auskunft zu erteilen.

      *

      Während Steiner im Café auf der Festung vergeblich nach Sax Ausschau hielt, musste der Agent sich weiter mit den Beamten der Kripo auseinandersetzen. Der ehemalige Stasi-Mann wartete derweil, dann speisend und zeitunglesend, länger als eine Stunde, doch als niemand erschien, und er auch mit einem Telefonat Freysing im Hotel nicht erreichte, verließ er kopfschüttelnd und enttäuscht die Gastronomie.

      Er ging zu Fuß hinunter in die Innenstadt, wo er den Ford am Straßenrand geparkt hatte. Es war ein sonniger Tag, und Steiners Gedanken kreisten um seine junge dritte Frau in Pirna, an seine Kinder aus erster Ehe, und das Glück, welches er letzten Endes doch in seinem Leben gehabt hatte. Mit einem Lächeln auf den Lippen fasste er in die Tasche seiner Anzugjacke und förderte den Autoschlüssel hervor.

      Die Kugel traf ihn im Hinterkopf, gerade als er beinahe neben seinem Fahrzeug angekommen war und die Tür mit der Fernbedienung am Schlüssel entriegelte. Der Schuss blieb im allgemeinen Lärm der Straße unhörbar, vielleicht auch, weil er aus einer schallgedämpften Waffe abgefeuert wurde. Es war nicht auszumachen, woher er erfolgt war, noch war der Schütze zu entdecken. Steiner stürzte, bereits tot, zwei Schritte unkontrolliert vorwärts gegen seinen Wagen, um dort sofort zusammenzu-brechen. Eine größere Blutlache begann sich sogleich neben seinem zerborstenen Schädel auf dem Asphalt zu bilden. Ein paar fette Tauben in der Nähe stoben auf.

      Einige Passanten, die das Zusammenbrechen des Mannes mitbekamen, reagierten erstaunt, aber zunächst gleichgültig unverständig. Erst ein älterer grauhaariger Mann, der vorüberkam, ging die erforderlichen Schritte auf den Darniederliegenden zu und beugte sich herab. Er selbst hatte vielleicht in der Armee gedient und erkannte sofort, dass es sich um eine Schusswunde handelte, daher brauchte er auch den Puls von Steiner nicht erst zu fühlen, um festzustellen, dass dieser tot war.

      Einige weitere Schaulustige gesellten sich dazu, und binnen der nächsten Minuten mochte die Stelle von etwa zwanzig Menschen verschiedenen Geschlechts und unterschiedlicher Altersstufen umringt sein. Ein Streifenpolizist zu Fuß drängelte sich vorbei und sah herunter auf den leblosen Körper. Der Passant, der neben diesem kniete, richtete sich gerade wieder auf und blickte den Uniformierten sorgenvoll an.

      „Der Mann ist tot. Er wurde erschossen!“, stellte er fest.

      „Und das wissen Sie so genau?“ antwortete der Beamte, sah dann aber die Lache des Blutes, die sich rasch vergrößert hatte. Es war ein sehr junger Polizist, geradewegs von der Akademie in den Außeneinsatz gelangt, der noch nie mit einem schwerwiegenderem Delikt als einem versuchten Autodiebstahl leibhaftig in Berührung gekommen war. Das hier überstieg ohne Zweifel seine Kompetenzen.

      „Ja. Das ist offensichtlich! Rufen Sie besser ihre Kollegen von der Kriminalpolizei!“, riet ihm der Ersthelfer, und der Beamte kam zum Schluss, dass dies wohl wirklich das Beste sei. Ihm blieb ebenso wie den Gaffern verborgen, dass der freundliche Fremde mit den grauen Haaren den Toten innerhalb kurzer Zeit durchsucht und etwas von sehr geringer Größe aus dessen Besitz bei sich selber eingesteckt hatte.

      *

      Oberinspektor Blansko nahm den Telefonhörer, kaum nachdem der veraltete Apparat zweimal geklingelt hatte. Freysing saß ihm gegenüber auf dem Besucherstuhl, während der Assistent die ganze Zeit über in der Nähe der Tür in seinem Rücken stand. Eine ungemütliche Situation!

      Der Beamte am Schreibtisch hörte aufmerksam zu, was ihm mitgeteilt wurde, sprach nur einsilbig, blickte dabei Freysing mehrfach kurz an, meinte schließlich das er sich darum kümmern werde und legte anschließend sehr behutsam wieder auf. Dann wandte er seine gesamte Aufmerksamkeit dem Deutschen zu. Dieser registrierte sofort, dass etwas sehr ernstes geschehen sein musste.

      „Wir haben noch einen Mord!“, stellt er fest, aber wartete vergeblich auf eine besondere Reaktion bei Sax. Dieser hob lediglich die Augenbrauen.

      „Noch einen Mord?“

      „Ja. In der Zámečnická, ganz in der Nähe des Freiheitsplatzes.“

      „Na, da habe ich ja Glück, dass ich hier bei Ihnen sitze“, reagierte Sax mit beinahe schwarzem Humor. Gleichwohl hatte er ein ungutes Gefühl.

      „Womöglich mehr, als sie denken.“, entgegnete Blansko ernst. „Es handelt sich nämlich erneut um einen ihrer Landsleute. Ein Mann namens Steiner. Wolfgang Steiner. Aus Pirna. Sie kennen Ihn nicht zufällig?“

      Sax musste unauffällig schlucken. „Sagt mir erstmal nichts“, behauptete er so ruhig wie möglich, während in seinem Kopf viele Gedanken zu kreisen begannen.

      „Wir haben seine Telefonnummer ebenfalls bei Marius Holler gefunden, aber ich hatte ihn telefonisch in Deutschland nicht erreichen können, nur dessen Frau. Sie wusste nicht, wo er sich aufhielt. - Jetzt wissen wir es!“, führte Blansko aus.

      „Der Name sagt mir wirklich nichts!“, bekräftigte Freysing, nun wieder innerlich gefasster. Die Lüge kam ihm aalglatt und glaubwürdig über die Lippen.

      Es gab sicher keine Möglichkeit, ihn mit Steiner in Verbindung zu bringen. Das Treffen auf „Burg Eichhörnchen“ konnte doch niemand beobachtet haben – oder? Da war immerhin die scheinbar zufällige Erwähnung Blanskos, und das Gelände der Burg wurde weitläufig videoüberwacht. Was auch immer so wichtig gewesen sein mochte, das ihm der Ex-Stasi heute hatte sagen wollen – es reichte aus, diesen zu töten. Am hellichten Tag auf offener Straße! Offenbar war irgendwer irgendwo sehr aufgescheucht worden durch Hollers Nachforschungen. Jemand musste sich dringend um diese Sicherheitsfirma in Prag kümmern!

      „Zwei gewaltsame Todesfälle, die miteinander in Verbindung stehen, und das innerhalb weniger