Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Schriften.

       Magnus, der Apostel des Allgäus, kam auf seiner

       Wanderschaft mit Thosso nach Kempten. Dort hatten

       sich seit geraumer Zeit die Bewohner vor schrecklichen

       Drachen und Schlangen geflüchtet, welche ihrer

       statt die Häuser bewohnten. Magnus erkannte darin

       einen Wink des Himmels, die Heiden durch wunderbare

       Hilfe für den wahren Gott zu gewinnen. So geschah

       es eines Tages, als Magnus und sein Gefährte

       betend für das Volk auf den Knieen lagen, daß ein ungeheurer

       Drache aus dem Gemäuer hervorbrach. Der

       heilige Magnus befiehlt ihm im Namen Jesu Christi,

       des lebendigen Gottes, sich vor ihm zu beugen, und

       schlug ihm mit dem Stabe des heiligen Gallus auf den

       Kopf. Augenblicklich stürzte das Unthier todt vor ihm

       nieder, und auch alles übrige Gewürm und Ungeziefer

       verschwand.

       So hauste auch in der Gegend, wo jetzt das Pfarrdorf

       Roßhaupten liegt, in tiefer Schlucht ein scheußlicher

       Lindwurm, der Menschen und Vieh erwürgte.

       Die Sage erzählt, derselbe habe besonders Pferden

       nachgestellt und in seiner Höhle einen ganzen Berg

       von R o ß h ä u p t e r n angelegt, woher denn nach-

       mals dem Dorfe der Name R o ß h a u p t e n . Der

       heilige Magnus kam dahin, ging, mit einem Kreuze

       auf der Brust, seinen Stab in der einen und einen

       Pechkranz in der andern Hand, auf den Lindwurm los,

       und schleuderte ihm unter Anrufung Gottes den Pechkranz

       in den Rachen. Das Unthier zerbarst vor seinen

       Füßen, der Heilige aber dankte Gott auf den Knien für

       die wundervolle That.

       34. Sankt Mang und die Bären.

       E r m e n r . u. T h e o d o r . Vit. S. Magni bei

       F a l k e n s t e i n Antiqq. Nordg. I., 227, (e).

       Der heilige Magnus war einmal auf Befehl seines

       Meisters Columban in den Wald gegangen, um Aepfel

       zu holen, als sich ein Bär vor ihm dort eingefunden

       hatte und in gleicher Verrichtung dort beschäftiget

       war. Sankt Mang befahl ihm, er solle mit Aepfelauflesen

       inne halten, bis er zuvor für sich gesammelt habe,

       welchem Befehl der Bär auch zur Stelle nachgekommen.

       Demselben Gottesmann sind die Bären wie Lämmer,

       zahm und sanftmüthig nachgefolgt, auch zu

       Dienst und Befehl gewesen, wie Theodorus im Leben

       des heiligen Magnus umständlicher berichtet.

       35. Der Mangensprung bei Füssen.

       Von? – Bei F ü s s e n bildet der Lech einen Durchbruch

       durch steile Felsen; das ist der M a n g e n s p r u n g .

       A . C . C a m m e r e r Naturwunder S. 123.

       Wer immer heut' nach Füssen kommt,

       Der sieht den Mangenstab;

       Er betet, was dem Herzen frommt,

       Und fragt nach Magnus Grab.

       Drauf weiß wohl Keiner ihm Bescheid,

       Weil keines nah und fern,

       Doch gibt man Jedem das Geleit

       Zum Mangen-Sprunge gern.

       Da ist ein harter Felsenstein,

       Ganz nah' am wilden Fluß,

       Ein Tritt gar tief gegraben ein,

       Er ist von Magnus Fuß.

       Von da herüber sprang Sankt Mang

       Zum nächsten Schroffen hin,

       Wo er mit wilden Mächten rang,

       Die zitterten vor ihm.

       Und staunend sieht der Wandersmann

       Den Tritt und weiten Sprung,

       Und glaubt, daß Heilige gethan,

       Was Keinem sonst gelung.

       Und glaubt, daß Glaube stärker ist,

       Als jeder Marmelstein,

       Daß frommer Eifer schneller ist,

       Als jedes Vögelein.

       Und kommt auch mancher Jungherr hin,

       Und mißt den großen Tritt,

       Und ist zu weit nach seinem Sinn

       Von Fels zu Fels der Schritt:

       So spricht der Führer artiglich

       Zu ihm an seiner Seit':

       »Wohlweiser Mann, du irrest dich,

       Dein Messen fehlet weit,

       Der Mann, der solches hat gethan

       War eine Kraftnatur;

       Bemiß doch nicht den großen Mann

       Nach deiner Zwergstatur!«

       36. Das Kirchlein des Auerbergs.

       Mündlich.

       An der Nordgrenze des Landgerichts Füssen im

       schwäbischen Allgäu, liegt der Auerberg mit einem

       dem heiligen Georg geweihten, von dem umwohnenden

       Volke häufig besuchten Kirchlein, von dessen Erbauung

       sich im Munde des Volkes eine Sage erhalten

       hat. In grauer Vorzeit kam ein gewaltiger Rittersmann

       in diese Gegend. Er saß milden Anblicks auf einem

       blendend weißen Rosse, mit Purpur angethan, einen

       silberstrahlenden Helm auf dem Haupte. Man sah ihn

       niemals, nach Anderer Art, von wildem Trosse gefolgt,

       den Edelhirsch und den Eber jagen, auch hörte

       man nichts von Schmausen und Gelagen auf seinem

       Schlosse. Nur mit den Drachen und grausen Unthieren,

       welche das Land bedrängten, lag er in Fehde, und

       wo es eine Unschuld zu retten oder zu schirmen gab,

       da war er männiglich bereitet. Es ward überhaupt

       nichts Edles und Gutes gethan, was er nicht aus allen

       Kräften beförderte. Damals gedachten die Bewohner

       jener Gegend auf der Höhe des Auerberges eine Kirche

       zu bauen. Sie begannen das Werk, allein es ging

       wider Erwarten langsam von Statten, weil das Herbeischaffen

       der Steine auf den Berg gar beschwerlich

       war. Da flehten sie inbrünstig zu Gott um Förderung

       und Segen ihres Beginnens, und siehe da, von selbem

       Augenblicke an gedieh der Bau auf wunderbare

       Weise. Denn Gott hatte ihnen einen wackern Helfer

       geschickt, das war kein Anderer, als jener treffliche

       Rittersmann, welcher mit den Ungeheuern und Drachen

       Krieg führte. Dieser arbeitete Nachts, während