Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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auf seinen gewaltigen Schultern Steine herbei und

       fügte sie mit kunstreicher Hand aufeinander. In wenigen

       Tagen stand die Kirche vollendet da, also daß

       man ob des wunderbaren Anblickes kaum seinen

       Augen trauen mochte. Mit der Vollendung des Werkes

       war aber auch der wackere Bauhelfer verschwunden,

       und Nichts als die Erinnerung ist dem Volke geblieben,

       daß es der heilige Rittersmann – Georg gewesen.

       37. Der Schatz am Kienberg.

       Augsb. Unterhaltungsblatt, 1843. N. 43, S. 169.

       Bei Pfronten, am Fuße des Kienbergs, wo man in das

       Achthal hineingeht, liegen großmächtige Felsstücke,

       darunter ein Schatz verborgen ist. Es haben nämlich

       zur Schwedenzeit die geistlichen Herren umher sich

       dahin gerettet und ihr Zeug geflüchtet, als: eine Kiste

       voll Geld, eine Kiste voll Leinwand und eine Kiste

       voll »digenem« (geräuchertem) Fleisch. Darauf ist

       aber die Pest gekommen, daran sie alle gestorben

       sind; und so liegen denn die Schätze alle noch unter

       den Felsblöcken. Aber der muß noch gefunden werden,

       der sie heben könnte.

       38. Die wilden Männer.

       Die vor. Schrift a.a.O.

       In den Engen des Achthals bei Pfronten haben ehedem

       viele »wilde Männer« gehauset, wie alle Leute

       noch erzählen. So ist einer auf dem B ä r e n m o o s

       gewesen, ein gar arglistiger Geist. Man sagt, er habe

       zu seinen Lebzeiten mit einem seiner Freunde einen

       Handel gehabt wegen einer Wiese, und habe deßhalb

       einen falschen Eid geschworen. Nach seinem Tode

       nun, da er noch keine Ruhe gegeben und besonders

       seine Freunde aus Haß und Neid verfolgt habe, sei er

       durch geistliche Mittel in's Bärenmoos hinaus verbannt

       worden. Seit der Zeit blieb zu Nachts kein

       Mensch mehr dort in der Nähe, und man trieb sogar

       das Vieh hinweg, damit demselben der Geist nicht

       schaden könne. – So hat auch der

       S c h a i d b a c h m a n n viel Uebels gestiftet, wo ihm

       ein Mensch ist in die Nähe gekommen, der kein gutes

       Gewissen gehabt hat. Höret nur eine Geschichte:

       Eines Tages gehen mehrere »Buben« in's Holz auf

       den Schaidbach. Spät Abends, als sie nun zusammen

       kommen in einer Heuhütte, um da zu übernachten,

       hören sie auf einmal »Juche!« schreien. Die »Buben«,

       wie sie eben sind, antworteten sogleich mit einem

       »Juchezer«. Da aber rappelt's plötzlich über ihren

       Köpfen, als wenn ein Haufen Steine über das Dach

       ausgeschüttet würde. Jetzt sind die drinnen in der

       Hütte freilich nicht wenig erschrocken und haben kein

       Wörtlein gesagt, sondern sind mäusleinstill geblieben.

       Da ruft der wilde Mann von außen: »Gebt mir

       nur ein Härlein heraus von eurem Haar, so habe ich

       euch sammt und sonders.« Ihr könnt denken, daß sie

       das wohl haben bleiben lassen. So ist er denn wieder

       ruhig geworden. Seit vielen, vielen Jahren aber hört

       man nichts mehr von diesen und andern wilden Männern,

       denn, wie man sagt, so hat sie der Papst Pius

       VI. »verbetet«, als er in den achtziger Jahren in diese

       Gegend gekommen; andere aber sagen, es habe sie

       Kaiser Joseph II. auf immer gebannt.

       39. Das Aelplein bei Wertach.

       Von K a r l F e r n a u .

       Zu Wertach nah bei Hindelang

       Lebt einstmal unter Sing und Sang

       Und manchem Weltentand ergeben

       Herr Bach ein lustig Pfarrerleben.

       Es war ein Männlein, schlau, verdreht,

       Und wie es leider manchmal geht,

       Obwohl zum Streiter auserkoren,

       Zum Heil der Kirche nicht geboren,

       Leicht glitt er über alles hin

       Und nahm es kurz nach seinem Sinn.

       Nun hört: ein Aelplein war gelegen

       Auf hohem Berg, ein Weide-Segen,

       Voll Gras und Saft und Blumenduft,

       Recht in der freien Gottesluft,

       Doch mühten sich in altem Streite

       Drum Hindelang und Wertach beide,

       Mit Zeugen und mit Dokumenten

       War dieser Zank gar nicht zu enden.

       Da fiel zuletzt es Einem ein:

       Weil Ende muß bei Allem sein,

       So soll's zum Schiedsspruch kommen! – Bach

       Stand eben unter seinem Dach,

       Als eine Schaar von Freund' und Feinden

       Der eifersüchtigen Gemeinden

       Zum Pfarrdechanten eilend kam

       Und ihn zum Friedensrichter nahm.

       Da waren sie am rechten Orte;

       Denn alsogleich sprach er die Worte:

       »Ich will nach Glaub' und Wissen schalten,

       Zu keiner der Parteien halten –«

       Indessen lächelt er gar fein,

       Denn schnell fiel eine List ihm ein.

       Schon freut' er sich, ein weltklug Männlein,

       Im Geist der abgefallnen Spänlein,

       Womit er seine Pfründ' und Pfarr'

       Gesonnen zu bereichern war.

       An Ort und Stell' der fetten Weiden

       Wollt er den langen Zwist entscheiden;

       Und als der Tag kam, den er wählte,

       Auf den er die Partei'n bestellte,

       Da hielt ein Jeder Arbeitsrast,

       Und eilte hoffend und in Hast

       Herbei, hinan den Bergeshang,

       Ganz Wertach und ganz Hindelang.

       Die Sonn' erheiterte die Herzen,

       Vergessen wurden manche Schmerzen;

       Denn auf der freien Gotteshöh'

       Vergißt der Mensch so gern sein Weh.

       Und nun Herr Bach? Den Spruch zu sprechen

       Macht ihm wohl großes Kopfzerbrechen? –

       Nicht doch! o, der geübte Mann

       Der griff sein Ding viel leichter an.

       Zerhau'n den Knoten! Alexandern

       Gleich auf das Aelplein hinzuwandern,