Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Nordwind sich

       verband.

       Dieser stürmte um die Mauern, zu verwandeln sie in

       Staub,

       In den innern Hallen strebte Jener nach der Schätze

       Raub.

       Doch als er am Hinterthore unterm Chore trat hinein,

       Und er durch die hohen Säulen sah nicht eines

       Fensters Schein,

       Ist er wieder fortgegangen, hat den eitlen Bau

       verlacht,

       Dessen Inn'rem (wie er meinte) strahlet nie der Sonne

       Pracht.

       Wo des Satans Fuß gestanden, ist er eingeprägt in

       Stein,

       Und die Frauenthürme werden Zeuge später Nachwelt

       sein,

       Daß die Gott geweihte Kirche, daß des Glaubens

       frommes Licht

       Beugen kann des Teufels Sinnen, kann der Winde

       Wüthen nicht;

       Denn ob seit vierhundert Jahren mächtig auch der

       Nordwind schnaubt,

       Ragt, trotz Allem, sonder Wanken, hoch der Thürme

       festes Haupt.

       75. Was von der Frauenkirche gesagt wird.

       R.u. H. M a r g g r a f f München. S. 181.

       Noch heutiges Tags erzählt man sich nach Ueberlieferung

       aus alter Zeit, daß der Mörtel zum Baue der

       Frauenkirche mit bayrischem Weine angemacht worden.

       – Auch wissen noch Viele, daß es im linken

       Thurme, der nicht bestiegen werden kann, nicht geheuer

       ist. – Endlich wird gesagt, daß Kaiser Ludwig

       unter seinem Mausoleum in aufrechter Stellung sitzt.

       76. Von Barbara, Herzog Albert III. in Bayern

       Tochter.

       A. G r a m m e r dritte verb. Aufl. des deutschen Roms.

       München 1784. S. 45. R a d e r . Bav. sancta II., 338.

       Als der König von Frankreich Barbara, Herzogs Albert

       III. Tochter, zu einer Braut für seinen Kronprinzen

       begehrte, wollte sie lieber dem himmlischen

       Bräutigam für beständig eigen sein. Sie ist auch gar

       bald in dem achtzehnten Jahre ihres Alters von ihm

       zur himmlischen Freude abgeholt worden, im Jahre

       1474, vierzehn Tage vor ihrem Abscheiden ist der

       Majoranstock, der vor ihrem Fenster blühte, ganz verwelket.

       Den Tag darauf haben alle Gattungen der im

       Käfig befindlichen Vögelein zu singen und auch zu

       leben aufgehört. Den achten Tag vor ihrem Ende versprang

       die von ihrem Herrn Vater ihr verehrte goldene

       Kette auf ihrer Brust. Nach ihrem seligen Hintritte hat

       sich noch ein größeres Wunder ereignet, dergleichen

       in keiner Kirchengeschichte gelesen wird. An dem

       vierzehnten Tage nach ihrem Tode ist ihr eine andere

       Ordensschwester in die Ewigkeit nachgefolgt, nach

       dieser in gleicher Frist wieder eine andere, nach Verlauf

       solcher Zeit wieder eine andere, bis endlich

       zwanzig an der Zahl, jede nach vierzehn Tagen, als

       unschuldige Tauben zu ihr nach dem Himmel geflo-

       gen sind. Sie wurde in der St. Jakobskirche auf dem

       Anger zu München begraben. Als im Jahre 1642 ein

       großer Stein, unter welchem ihr Leichnam lag, in

       etwas hinweggerücket worden, hat ein annehmlich

       himmlischer Geruch alle Anwesenden mit Erstaunung

       erfüllet.

       77. Herzog Christophs Stein.

       In der Residenz zu M ü n c h e n unter dem Thorbogen

       zwischen Kapellen- und Brunnenhof. Ueber demselben

       liest man auf einer Marmortafel an der Mauer, an

       welcher auch drei Nägel übereinander die Sprunghöhen

       andeuten, folgende Reime:

       Als nach Christi Geburt gezählet war

       Vierzehnhundert neunzig Jahr.

       Hat Herzog Christoph Hochgeboren

       Ein Held aus Bayern auserkohren

       Den Stein gehebt von freier Erd

       Und weit geworfen ohn gefehrd.

       Wigt drey hundert vier und sechzig Pfund,

       Das gibt der Stein und Schrift Urkund.

       * * *

       Drey Nägel stecken hie vor Augen,

       Die mag ein jeder Springer schaugen,

       Der höchst zwölf Schuh von der Erd,

       Den Herzog Christoph ehrenwerth

       Mit seinem Fuß herab thät schlagen.

       Kunrath lief bis zum andern Nagel,

       Wohl von der Erd zehnthalb Schuech,

       Neunthalb Phillipp Springer luef,

       Zum dritten Nagel an der Wand.

       Wer höher springt wird auch bekannt.

       78. Herzog Christophs Stein.

       Von G u i d o G ö r r e s .

       Zu München in dem Bayerland

       Da ist's gar hübsch und fein;

       Zu München in dem Königsschloß

       Da liegt ein großer Stein.

       Er liegt gebunden gut und fest

       An einer Kette dort,

       Doch sagen kann ich nicht warum,

       Ihn trüg ja keiner fort.

       Der jungen Herren gehen viel

       Zu München aus und ein,

       Doch alle lassen ruhig stehn,

       Denselben großen Stein.

       Ein Herzog war im Bayerland

       Vor Allen keck und kühn,

       Der warf den Stein mit leichter Hand

       Ein gut Stück Wegs dahin.

       Und Christoph hieß der Herzog kühn

       Ein Held so wohlbekannt,

       Wie weit er warf, wie hoch er sprang,

       Das steht dort an der Wand.

       Und kömmst du einst nach München hin

       Und gehst in's Schloß hinein,

       Vergesse mir vor Allem nicht

       Des Herzogs großen Stein.

       Und wirfst du ihn wie er so weit

       Und springst du so gewandt:

       Dann schreibt man deinen Namen auch

       Zum Herzog an die Wand.

       Doch weil noch keiner kam und sprang

       Und warf so weit den Stein,

       Drum soll der Fürst der Bayern stets

       Von uns gepriesen sein.